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Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)

Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)

Titel: Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabina Altermatt
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a?«
    »Danke, ich rauche nicht.«
    »I sollt a net.«
    Sie schaute auf seine linke Hand. »Sie sind verheiratet.«
    »Ja, i bin nimmer zum habn.« Er lachte. »A Frau und zwa Töchter.«
    »Ist das nicht schwierig?«
    »A geh. Man gwöhnt si dran. Vermissn is a was Schöns. Und wenn i daham bin, bin i daham. Des is dann Urlaub pur. Und die Frau is a froh, wenn sie ihre Sachn machn kann. Gut, es kann auch mal schiefgehen. Wie beim Kollegen. Da hat sich die Frau an andern gnommen, als der weg war. Des is hart.«
    Julia schaute auf die Uhr. Inzwischen war es bereits nach elf. »Sie wissen sicher, wo Doktor Conrad wohnt.«
    »Der Conrad. Des is ganz simpel. Sie gehn einfach durchs Dorf durch, und dann is es das letzte Haus auf der linken Seite der Straße.«
    Julia erhob sich.
    »Glück auf!«, sagte der Mann und hielt sein Gesicht wieder der Sonne entgegen.
    Die meisten Häuser waren aus Holz. Strickbauten, die Balken von der Sonne schwarz gebrannt. Auf einer Veranda stand eine ältere Frau und beugte sich über Geranien, die in vollem Rot leuchteten.
    »Die sind aber schön«, sagte Julia. »So eine Farbe sieht man selten.«
    »Das ist der Hühnermist«, sagte die Frau und schaute Julia erschrocken an. »Was ist denn mit Ihnen passiert?«
    »Ein Unfall.«
    »Ja, ja, diese Kletterer, ich habe schon öfter ged…«
    »Nicht auf dem Berg. Im Berg drin. Im Tunnel.«
    »Sie arbeiten da?«
    Eine schwarze Katze, die in einer der Geranienkisten gelegen hatte, streckte sich und balancierte der Brüstung entlang auf die Frau zu.
    »Ja, ich arbeite für die Firma, die die Tunnelbohrmaschine gebaut hat.«
    »Ach so.« Die Frau schien das Interesse am Gespräch verloren zu haben und wendete sich ihrer Katze zu, strich ihr mit der Hand über den Rücken.
    Julia wollte gerade einen schönen Tag wünschen und weitergehen, als sie die Frau leise sagen hörte: »Das ist nicht gut.«
    »Was ist nicht gut?«, fragte Julia.
    »Sie.«
    »Ich? Sie meinen Frauen im Tunnel. Das ist doch eine alte Geschichte.« Julia lachte.
    »Nein, was Sie da machen.«
    »Was mache ich denn?«
    »Haben Sie sich schon mal überlegt, was es heißt, Löcher in einen Berg zu bohren? Haben Sie sich gefragt, ob der Berg das mag?«
    »Aber der Berg ist doch kein Wesen.«
    »Berge gab es schon vor den Menschen. Es waren riesige Kräfte, die sie aufgetürmt haben. Meinen Sie, davon ist heute nichts mehr zu spüren?«
    Die Katze kraxelte mit den Vorderpfoten immer wieder an der Frau hoch. Schließlich nahm sie sie auf den Arm.
    »Klar spürt man das immer noch. Der afrikanische Kontinent driftet immer noch auf uns zu. Aber das ist doch nur totes Material«, erwiderte Julia.
    »Und die Unfälle?«
    »Menschliches Versagen.«
    »Der Berg wehrt sich.«
    Eine junge Frau mit einem Kind auf dem Arm trat aus dem Haus auf die Veranda. »Aber, Mutter, was erzählst du denn? Wir sind doch froh um die Baustelle, das gibt Arbeitsplätze. – Entschuldigung«, sagte sie an Julia gewandt. »Die vergeben alle Aufträge hier in der Region – bis zum Toilettenpapier.«
    »Und die vielen Fremden?«, fragte ihre Mutter.
    »Mama, das sind doch Spezialisten, von denen haben wir nicht genug.«
    »Den Gianni wollten sie auch nicht nehmen.«
    »Und du weißt auch, wieso.«
    Die ältere Frau zuckte mit den Schultern. Das kleine Kind schaute Julia an und begann zu strampeln. Dann schrie es. Seine Mutter wollte es beruhigen, indem sie es hin und her und rauf und runter schaukelte. Doch es nützte nichts. Mittlerweile schrie das Kind wie am Spieß. Die Mutter verabschiedete sich und ging wieder ins Haus.
    »Es ist nicht gut«, sagte die Frau noch einmal.
    »Aber freuen Sie sich denn nicht, dass Sie mit dem Tunnel schneller ins Unterland kommen?«
    »Wieso muss alles immer schneller gehen? Ich nehme gerne das Postauto über den Pass. Und so oft will ich gar nicht dahin. Wieso auch?«
    Julia wusste nicht mehr, was sie noch sagen sollte. »Ich denke, der Tunnel wird sich bewähren.«
    »Da denken Sie aber falsch.«
    Aus dem Haus war immer noch Kindergeschrei zu hören.
    »Mutter, kannst du mir mal helfen?«
    »Ich werde gebraucht.« Die Frau setzte die Katze wieder zurück in die Blumenkiste und ging, ohne sich zu verabschieden, ins Haus zurück.
    Doktor Conrads Praxis war in einem Neubau aus blaugrauen Eternit-Ziegeln – umgeben von einem mit Koniferen bestückten Rasen. Balkon, Wintergarten und Fensterzargen waren aus weinrotem Metall.
    Die Sprechstundenhilfe hatte Julia bereits erwartet und

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