Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)

Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)

Titel: Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabina Altermatt
Vom Netzwerk:
morgen ab. Am Dienstag komme ich um 14:00 in Budapest an. Bitte komm mich abholen. Ich weiß sonst nicht wohin. Ich habe versucht, Anya anzurufen. Aber sie hat einfach aufgelegt.
    Deine Janka

Es kam ihr vor, als habe er sie die ganze Zeit im Arm gehalten. Oder hatte sie das nur geträumt? Als Julia erwachte, war er weg. Sie schaute auf die Uhr. Es war kurz vor acht.
    Mist, er hatte sie gar nicht geweckt, wie konnte er nur! Ihre Schicht hatte vor drei Stunden begonnen. Schnell zog sie sich an.
    Vom Hof her hörte sie Stimmen. Sie öffnete die Gardine ein kleines Stück und spähte hinaus. Unten standen Stettler mit dem Bauleiter und zwei Polizisten. Es waren dieselben wie im Tunnel. Die Frau mit den roten Haaren und ihr jüngerer Kollege. Stettler fuchtelte mit den Händen in der Luft herum, als wolle er einen Mückenangriff abwehren.
    Es sah nicht so aus, als ob die Gruppe in den nächsten paar Minuten verschwinden würde. Wie kam sie hier weg, ohne dass sie sie sehen würden? Oder vielmehr, ohne dass sie sehen würden, dass sie aus einem anderen Trakt kam? Um zu ihrer Baracke zu kommen, musste sie den Hof überqueren. Sie spürte den gestohlenen Kristall, der in ihrer Hosentasche steckte.
    Dann hatte sie eine Idee. Sie öffnete die Zimmertür, vergewisserte sich, dass niemand auf dem Flur war. Sie stieg die Treppe hinunter in den unteren Stock, huschte am Eingang vorbei und lief den Flur hinunter in den Trakt B. Die ersten beiden Türen waren abgeschlossen, hinter der dritten hörte sie Musik. Die hinterste Tür stand einen Spaltbreit offen, sie betrat das Zimmer, öffnete das Fenster, kletterte auf den Fenstersims und sprang. Dann schlenderte sie den Kiesweg entlang Richtung Cantina Tschiervi , wie wenn sie von einem Morgenspaziergang zurückkommen würde, ging dort auf die Toilette, brachte ihre Frisur in Ordnung, marschierte am Baubüro und an der Gruppe vorbei über den Hof und grüßte.
    »Ist das wirklich nötig?«, hörte sie Stettler beim Vorbeigehen sagen. Seine Stimme war nun nicht mehr so laut. Er schien kapituliert zu haben.
          
    Langsam ging Franco dieser Mann auf die Nerven. Sollte er sie doch einfach ihren Job machen lassen. Schließlich war es kein Vergnügen, sich die Zimmer von zweihundert Arbeitern vorzunehmen. Außerdem hatten sie einen Durchsuchungsbefehl, und da gab es nichts mehr zu diskutieren. Wenn er gekonnt hätte, hätte er einfach durchgegriffen. Aber Tresa musste wieder mal diskutieren. Man muss die Leute einbeziehen, sagte sie immer. Nicht einfach über ihre Köpfe hinweg entscheiden, sondern sie zu Beteiligten machen. Dann ginge es einfacher.
    Wie einfach das ging, das sah man. Sie waren doch hier nicht im Bundesrat, sie waren die Polizei. Hier ging es nicht um Konkordanz – das heißt eine mittelmäßige Lösung zu finden, mit der alle einverstanden waren. Nein, hier hing es darum, sich durchzusetzen.
    »Mit Gewalt kommst du nicht immer weiter«, sagte Tresa jeweils. »Das wird auch bei deinem Kind so sein. Mit Überzeugen kommst du weiter als mit Zwang.«
    Franco dachte an Madlaina, die jetzt zu Hause lag, in Zeitschriften blätterte und nicht aufstehen durfte. Die einzige Ausnahme war, wenn sie auf die Toilette musste.
    Er beobachtete eine Frau, die Richtung Cantina Tschiervi ging. Das war diese Maschineningenieurin. Kurze Zeit später kam sie zurück. Sie ging an ihnen vorbei, grüßte.
    »Gut, dann fangen wir mit den Unterkünften hier an«, hörte er Tresa sagen. Sie stiegen die Treppe beim Haupteingang hinauf. Der Baustellenchef kam ihnen nach.
    »Danke, wir finden uns schon zurecht«, sagte Tresa, blieb stehen und wartete, bis der Mann die Treppe wieder hinuntergestiegen war. Dann streckte sie Franco ein Paar Gummihandschuhe hin. »Du nimmst die links des Flurs, ich die rechts. Okay?«
    Franco betrat das erste Zimmer. Er war erstaunt, dass es hier Einzelzimmer gab. Offensichtlich war es nicht bewohnt. Trotzdem schaute er in den Schrank, unter die Matratze, vergewisserte sich, ob unten an der Tischplatte etwas angeklebt war.
    Ein blöde Idee, diese Kette zu suchen. Vielleicht hatte sie gar niemand mitgenommen, und sie lag noch irgendwo im Tunnel. Doch hier zu suchen war angenehmer, als den Matsch zu durchpflügen. War jemand wirklich so dumm, eine Frau umzubringen und dann die Kette bei sich aufzubewahren? Er dachte wieder an die Filme mit den Serienmördern, die Trophäen sammelten: die einen Blutstropfen wie in Dexter , die anderen Haare oder gar ganze

Weitere Kostenlose Bücher