Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)
den Computer herunter.
Tresa blickte auf die Uhr. »Wie recht du hast.«
Franco stand auf, rückte den Stuhl an den Tisch. Das Telefon klingelte.
»Du kannst gehen, ich mach das«, sagte Tresa, doch Franco hatte bereits zum Hörer gegriffen. »Polizeiposten Mazzaselva, Giovanoli.«
»Guten Abend, hier Janka.«
»Frau Szábo, wie geht es Ihnen?«
»Mir gekommen in den Sinn.«
»Ja? Was ist Ihnen in den Sinn gekommen?« Er nahm den Stuhl wieder hervor und setzte sich.
»Kett gefehlt.«
»Welche Kette?«
»Elena immer haben Kette mit Kreuz.«
»Das ist interessant. Wie sieht die denn aus?«
»Nicht Gold. Anderes.«
»Sie meinen Silber?«
»Genau.«
»Und das Kreuz? Hatte es da Steine drauf?«
»Nein. Ohne. Einfach.«
»Danke, dass Sie uns angerufen haben. Sie haben uns sehr geholfen. Einen schönen Abend.« Er hängte auf.
Tresa sah ihn fragend an.
»Offenbar hatte die Tote zu Lebzeiten immer eine Kette mit einem Kreuz getragen.«
»Du meinst, der Mörder hat sie mitgenommen?«, wollte Tresa wissen.
»In den Filmen nehmen sie doch auch immer eine Trophäe vom Opfer mit.«
»Genau. Und auch in den Filmen ist mal Feierabend. Dem gehen wir morgen nach.«
Julia lag hinter einem Erdhügel und beobachtete den Schuppen. Ein kalter Wind kam auf. Ihr war kalt.
Etwas seltsam fühlte sie sich schon. So mitten in der Nacht am Boden liegend. Die Arme waren ihr eingeschlafen, sie musste sie immer wieder ausschütteln.
Sie hatte gar nicht überlegt, was sie machen würde, wenn die zwei wirklich auftauchen sollten. Am besten, sie würde still liegen bleiben und beobachten. Aber wenn sie die beiden von hier aus nicht erkennen konnte?
Vielleicht hatte Maria sich alles auch nur eingebildet. Das wäre nicht verwunderlich.
Julia schaute auf die Uhr. Dreizehn Minuten nach zwei. Sie hätten schon längst kommen müssen. Ihr Rücken schmerzte vom Liegen. Lange würde sie nicht mehr durchhalten.
Da näherte sich plötzlich eine Gestalt, hielt inne, schaute sich um, blickte in Julias Richtung. Schnell duckte sie sich. Sie konnte nicht erkennen, wer es war. Der Unbekannte hob den einen Arm, er schaute wohl auf die Uhr, ging einmal um den Schuppen herum, kam wieder hervor. Was sollte sie jetzt machen? Sie musste näher herangehen. Sie verließ ihr Versteck, kroch hinter einem Gebüsch durch zum Schuppen und spähte um die Ecke. Doch die Gestalt war verschwunden. Hinter ihr knackte ein Ast. Sie fuhr herum. Es war niemand zu sehen.
Plötzlich tauchte der Schatten wieder auf. Er ging Richtung Kantine. Julia schlich hinterher. Da drehte sich die Person um, kam auf sie zu. Was sollte sie jetzt machen? Wegrennen? Oder schreien? Irgendjemand würde sie hören. Die nächste Schicht begann um fünf, da war sicher schon jemand auf. Julia blieb stehen, die Gestalt kam immer näher. Jetzt erkannte sie das Gesicht. Es war Stettler.
»Frau Jansen? Was machen Sie hier mitten in der Nacht? Ihre Schicht beginnt doch erst um fünf. Warten Sie auf jemanden?«
»Ich, äh. Ich konnte nicht schlafen und hab mir ein wenig die Beine vertreten. Und Sie?«
Er stand jetzt direkt vor ihr. Ihr war bis jetzt noch gar nicht aufgefallen, dass er so groß war. Sie musste ihren Kopf ganz in den Nacken legen. Er war so nah, dass sie seinen Atem spüren konnte.
»Ich habe einen Kontrollgang gemacht. Nach dem, was hier alles passiert ist.«
»Und?«
»Alles in Ordnung. Sie brauchen sich nicht zu fürchten.«
»Ich fürchte mich nicht.«
»Dann ist ja gut.« Er schaute auf die Uhr. »So, Zeit, um ins Bett zu gehen. Gute Nacht.« Er verschwand hinter dem Bürocontainer.
Maria kam auf sie zugestürmt, als Julia die Kantine betrat.
»Willst du einen Kaffee-Grappa?«
»Ja, aber ohne Kaffee.«
Maria stellte ein gefülltes Gläschen vor sie hin. »Und? Sind sie gekommen?«
Julia nickte.
»Und wer?«
»Es kam nur einer. Stettler.«
»Was? Das kann nicht sein. Hast du mit ihm gesprochen?«
»Er habe einen Kontrollgang gemacht.«
»Das kann jeder sagen.« Maria überlegte einen kurzen Moment. »Glaubst du, dass Stettler etwas damit …? Vielleicht war es ein Zufall?«
Zwei Arbeiter kamen herein. Sie nickten Maria und Julia zu und gingen ins Raucherabteil.
»Ich weiß gar nicht mehr, was ich glauben soll«, sagte Julia.
»Aber er ist doch der Baustellenleiter«, meinte Maria.
»Auch ein Baustellenleiter kann Leute umbringen.«
»Aber doch nicht der Stettler.« Maria ging zum Büfett und kam mit einem zweiten Schnapsglas und der
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