Bericht vom Leben nach dem Tode
Gefilde) – und mit dem es gewisse Schwierigkeiten im Grenzverkehr gibt.
Ich kann aus der Geschichte der Fortlebenslehre hier nur einige Beispiele dafür herausgreifen, daß man vor fünftausend Jahren – und über Tausende von Kilometern und kaum überbrückbare Kulturbarrieren hinweg – beinahe ebenso genaue Kenntnisse vom Jenseits und vom Stufenplan des Voranschreitens in jenem Bereich hatte wie sie uns in unserer Zeit durch Medien wie Frederic Myers, Raymond Lodge, Ruth Finley und nicht zuletzt Fletcher vermittelt worden sind. Die Übereinstimmungen in diesen Berichten über Jahrtausende hin sind deswegen so verblüffend, weil wir Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts uns in allen anderen Lebensfragen unendlich weit von den Anschauungen des Altertums entfernt zu haben glauben. Mit Ausnahme des universal gebildeten Altphilologen Myers gibt es meines Wissens keinen einzigen unter den zeitgenössischen Berichterstattern aus dem Jenseits, der zu seinen Lebzeiten die Totenbücher der Ägypter, Tibeter und anderer orientalischer bzw. asiatischer Völker studiert hätte. Und doch schildern uns alle Medien des 20. Jahrhunderts eine archaisch gegliederte Welt der Seelen, gewissermaßen also einen Bereich von ewig unverändertem Bestand. Unsere konventionell – materialistischem Denken verpflichteten Psychologen hat das verdächtig erscheinen müssen; C. G. Jung aber hat gerade darin, in diesen frappierend übereinstimmenden Äußerungen der Unsichtbaren über ihre neue Existenzform, einen Hinweis darauf gesehen, daß die Seele, »nach allem, was wir darüber wissen, eine Seinsform relativ unabhängig von den Schranken von Raum und Zeit darstellt«. 13
Die Ägypter glaubten an eine progressive Entwicklung des Geistes über den Tod hinaus, die schließlich zu einer persönlichen Begegnung mit dem Schöpfer selbst führen könnte. Eine über alle Maßen verheißungsvolle Aussicht! Kein Wunder, daß das erste voll ausgearbeitete Konzept vom Leben nach dem Tode bei den Ägyptern, im zweiten Jahrtausend v. Chr., zu finden ist. Das sogenannte Buch der Toten enthält Anleitungen zur Vorbereitung auf ein glückliches Leben im Jenseits. Mit dem Königreich des Osiris verband sich die Vorstellung vom Schauplatz einer sinnvollen Existenz nach dem irdischen Dasein. Die Seele begab sich »mit dem Wanderstab in der Hand« auf den weiten Weg zu den »Osirischen Gefilden«, die irgendwo in Richtung Milchstraße, dem Großen Weißen Nil des Himmels, zu denken waren. Gemäß dem Totenbuch verdiente nicht jeder sofort die ewige Seligkeit: Im vorletzten Stadium der Reise wird die Seele in die Halle der Wahrheit geführt, wo Osiris Gericht über sie hält. Die Seele kann zu ihrer Verteidigung eine Liste der Sünden und Verbrechen Vorbringen, die sie nicht begangen hat. Aber das Urteil ist unantastbar gerecht, und wenn es günstig ausfällt, kann die Seele zu den Gefilden der ewig währenden Wonne fortschreiten.
Aus Pyramidentexten, die sogar bis 4000 v. Chr. zurückreichen und den toten Pharaonen als eine Art Reiseführer auf ihrer Wanderschaft in die nächste Welt dienen sollten, wissen wir, daß nach Auffassung der Ägypter zwei Wesenheiten, das Ka und das Ba, den physischen Leib überleben. Das Ka scheint von einer Art zarter körperlicher Substanz zu sein, während das Ba reiner Geist oder Seele ist. In der Kunst wurde das Ba als ein Vogel mit Menschenkopf dargestellt – ein Symbol für die zu freiem und ungehindertem Flug befähigte Seele. In Illustrationen zum Totenbuch ist das Ba häufig über dem Eingang zum Grab kauernd oder auch im Fluge den Schacht hinunter zu sehen, auf dem Wege zu dem einbalsamierten Leichnam. In ihrer Konzeption des menschlichen Wesens als eines psychohysischen Organismus ist die Auffassung der alten Ägypter von der menschlichen Natur und Bestimmung überraschend modern. Man kann wohl sagen, daß sie unserer christlichen Anschauung näher steht als die buddhistische.
Buddha, suchte einen Weg, um die endlose Kette des wiederholten Todes und der Wiedergeburten – das »Rad des Karma« – zu durchbrechen, in der sich unaufhörlich eine Reinkarnation an die andere reiht. Er fand ihn in der Verwirklichung einer universalen Liebe. Nur sie kann das Rad des Karma durchbrechen und den Menschen zur Vereinigung mit dem Ewigen und Göttlichen führen. Von einem Gläubigen wurde erwartet, daß er durch beharrliches Voranschreiten auf dem »achtfachen Pfad« die »drei Leidenschaften« – Begierde nach Lust,
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