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Berlin Gothic 3: Xavers Ende

Berlin Gothic 3: Xavers Ende

Titel: Berlin Gothic 3: Xavers Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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Die Alte war allein in ihrer Wohnungstür aufgetaucht und Claire gleich aufgefallen, weil sie ihre kurzen Arme in die Seiten gestemmt und gewirkt hatte, als wollte sie sich von niemanden einschüchtern lassen.
    „Keine Ahnung, warum das bis zu denen ganz nach oben gegangen ist“, hört Claire sie sagen, während sie ihr in die Wohnung hinein folgt, „ich hab den Lastenaufzug rumpeln gehört und wusste nur eins: Den machst du jetzt nicht auf.“ Die Frau tritt einen Schritt zur Seite. „Bitte.“
    Claire blickt an ihr vorbei in eine kleine, blau-weiß gekachelte Küche. Die Einbauschränke und Küchenmöbel sehen aus, als würden sie seit vierzig Jahren dort stehen: Abgenutzt und abgegriffen und doch sorgfältig geschrubbt. Neben dem Kühlschrank ist eine Klappe in die Wand eingelassen, deren Türen horizontal geteilt sind.
    „Kann ich den Aufzug mal aufmachen?“ Claire sieht zu der Alten.
    „Dann müssen Sie ihn erstmal holen.“
    Claire tritt an die Klappe und berührt einen weißlichen Plastikknopf mit einem Pfeil nach oben, der daneben angebracht ist. Der Knopf leuchtet auf.
    „Und dann - was ist dann passiert?“ Claire dreht sich wieder zu der Mieterin um.
    Die Alte verzieht das Gesicht. „Oben ist es ja öfter mal laut - aber das heute früh war wirklich der Gipfel. Keine Ahnung, was die da gemacht haben … ich dachte, gleich kommt die ganze Decke herunter.“
    Es klickt.
    „Jetzt ist er da.“ Die Frau nickt zu dem Aufzug.
    Claire schiebt die obere Klappe nach oben - wodurch sich zugleich die untere nach unten öffnet. Dahinter kommt ein einfacher, leerer Kasten von etwa einem halben Kubikmeter Größe zum Vorschein.
    „Hm.“ Unschlüssig schaut Claire in die Öffnung. „Schon mal drin gesessen?“
    „Haha!“ Die Alte keckert. „Der Schacht geht gut siebzig Meter senkrecht nach unten. Wenn das Drahtseil nicht hält … “
    „Hätten Sie was dagegen, wenn ich das mal ausprobiere?“ Claire wendet sich zu der Frau um und beißt sich auf die Unterlippe.
    Die Alte zuckt mit der Schulter. „Nur zu - und dann?“
    Claire überlegt. „Dann fahr ich mal in die Wohnung rauf.“
    „Und wie wollen Sie das machen?“ Die Alte mustert sie neugierig. „Das ist doch kein Fahrstuhl, wo man drinnen den Knopf für ein Stockwerk drückt!“
    Claire nickt. Stimmt. Die Kabine verfügt natürlich über kein Bedienfeld, sie ist ja auch nicht für Personen gebaut … Ihr Blick fällt auf die Knöpfe neben der Aufzugklappe. Außer dem mit dem Pfeil nach oben gibt es noch einen mit einem ‚E‘ und einen mit einem ‚K‘.
    „Ich kann Sie nur entweder ins Erdgeschoss oder in den Keller schicken“, hört sie die Alte neben sich sagen, „wenn Sie drin hocken.“
    Claire muss nicht lange überlegen. „In den Keller.“ Sie setzt sich auf die Schwelle des Lastenaufzugs, zieht die Beine an, schwingt sie herum - und schiebt sich in den Kasten. Deutlich ist zu spüren, wie die Kabine durch ihr Gewicht nach unten sackt.
     
    Als der Aufzug mit einem Ruck im Keller zum Stehen kommt, schiebt Claire die waagerechten Türen des Stockwerks von innen auf. Sie hat sich nicht getäuscht. In dem Raum, der sich vor ihr öffnet, ist niemand zu sehen. Dabei hat sie deutlich das Stimmengewirr gehört, als sie am Erdgeschoss vorbeigefahren ist.
    Claire krümmt sich zusammen und kriecht aus der Kabine heraus. Links neben dem Aufzugsloch befindet sich eine Knopfleiste, über die jedes einzelne Stockwerk angesteuert werden kann. Sie prägt sich ein, wo sich der Knopf für die „18“ befindet, und schiebt sich zurück in die Kabine.
    Doch es geht nicht: Solange die Türen nicht geschlossen sind, reagieren die Knöpfe nicht, wenn Claire um die Mauer herumgreift und sie betätigt. Wahrscheinlich eine Sicherheitsschaltung. Kurz entschlossen zieht sie die Türen von innen zusammen, presst den Rücken gegen die Kastenwand und tritt mit beiden Füßen mit voller Kraft gegen die obere Klappe. Mit hellem Knall bricht das Holz aus der Verankerung.
    Claire streckt den Kopf vor und sieht zum Bedienfeld. Alle Zahlen leuchten. Ist die Anlage jetzt endgültig hinüber? Vorsichtig betätigt sie die „18“ - das Stockwerk, das von der Polizei abgeschirmt wird.
    Mit einem Ruck setzt sich der Aufzug in Bewegung. Hastig wirft Claire sich zurück, um nicht von dem heraufziehenden Kasten an der Schachtwand zerschmettert zu werden.


     
    Hochpolierte Stahlschränke, Ceran- und Glasplatten, Chromoberflächen. Das ist keine Küche - eher ein

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