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Berlin Gothic 3: Xavers Ende

Berlin Gothic 3: Xavers Ende

Titel: Berlin Gothic 3: Xavers Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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ist.
    Zwei schwarz gekleidete Beamte der Sondereinheit, die Claire schon auf der Straße gesehen hat, drängen herein, die Waffen auf sie gerichtet - die Augen hinter den Schlitzen der Schutzmasken glasklar und entschlossen.


     
    Rückblende: Vor zwölf Jahren
     
    „Ich weiß nicht, wann es soweit sein wird“, sagte Max zu Till, „aber ich werde nicht zulassen, dass er und seine Leute sich weiter ausbreiten.“
    Die letzten zwei Wochen der Sommerferien hatten begonnen. Till hatte sich die Schule bereits angesehen, auf die er gehen würde, er war auch dem Direktor vorgestellt worden. Er wusste, dass er in die siebte Klasse kommen würde, er hatte sich die Schulbücher besorgt, die er brauchen würde und er hatte sich ausgiebig mit Lisa und auch mit Max über einzelne Lehrer und Schüler unterhalten. Alles war vorbereitet. Aber es kam ihm geradezu unwirklich vor. Denn Till wusste nur zu gut, dass Max den Entschluss, den er ihm gegenüber geäußert hatte, nicht vergessen konnte.
    Dabei war die unterschwellige Sorge, dass Bentheim etwas zustoßen könnte, nicht der einzige Grund, weshalb es für Till etwas Beängstigendes hatte, wenn er sich vorstellte, wie Max seit Tagen darüber brütete, auf welche Weise er sich an seinem Vater rächen konnte. Tills Sorge galt natürlich auch Max, der mit Sicherheit sein Leben zerstören würde, wenn er nicht davor zurückschreckte, sein Vorhaben auszuführen. Konnte Till sehenden Auges zulassen, dass sich Max ins Verderben stürzte, indem er gegen seinen Vater die Hand erhob? War er aber nicht zugleich auch verpflichtet, zu seinem Freund zu halten?
    Es war ein Konflikt, der Till mit jedem Tag heftiger zusetzte. Er wusste, dass er der Einzige war, den Max eingeweiht hatte. Er wusste, dass Max wusste, dass Till Tag und Nacht - nachdem er sich einmal von Max‘ Entschlossenheit überzeugt hatte - an Max‘ Vorhaben denken musste. Er wusste, dass der Augenblick, in dem Max zur Tat schreiten würde, täglich näher rückte.
    Nachts wachte Till auf und hielt den Atem an. Waren das Schritte? Hatte Max sein Bett verlassen, um sich in das Schlafzimmer der Eltern zu schleichen? Eines Nachmittags, als die Eltern unterwegs waren, um Besorgungen zu machen, überraschte Till ihn dabei, wie er sich die Messer in der Schublade des Küchentischs ansah. Till bekam mit, wie Rebecca Julia erzählte, dass eines der Messer verschwunden sei, und er war dabei, als Julia ihren Sohn fragte, ob er davon etwas wüsste - woraufhin Max, mit einer Miene, deren Abgebrühtheit Till wie ein Stich ins Herz traf, erklärte, dass er doch nun wirklich keine Ahnung davon haben könnte, wo jedes einzelne Küchenmesser läge! Morgens, wenn Tills Blick auf das Auto der Bentheims fiel, fragte er sich, ob Max womöglich die Schrauben der Räder gelockert haben könnte. Mittags, wenn Rebecca den Kamin säuberte, überlegte er, ob Max vielleicht plante, das Haus anzustecken. Und abends, wenn der alte Boiler im Bad ansprang und das Gas das Wasser erhitzte, wunderte er sich, ob Max daran denken könnte, die Gasleitung zu manipulieren, um seinen Entschluss in die Tat umzusetzen.
    Dabei versäumte es Till nicht, ihn zur Rede zu stellen. Er bestürmte Max regelrecht, dass er das doch nicht ernst gemeint haben konnte. Dass es andere Wege geben müsse. Dass er sein Leben doch nicht wegwerfen könne. Er versuchte mit ihm darüber zu reden, dass man Max‘ Vater doch eher helfen müsste, wenn wirklich etwas mit ihm nicht in Ordnung war. Dass Max seiner Mutter das nicht antun könne. Dass Lisa und die Kleinen den Vater doch bräuchten. Aber Max ließ Tills Argumente an sich abprallen. Er war zwar nicht länger geschwächt, seine Labilität, Fahrigkeit und Unsicherheit waren fast gänzlich von ihm abgefallen - doch statt ihrer schien eine Art Wahnhaftigkeit von ihm Besitz ergriffen zu haben, die noch viel bitterer war. Als würde der Entschluss, sich gegen seinen Vater zu wenden, seiner Persönlichkeit ein Aufblühen bescheren, von dem sich Till bangen Mutes fragte, was danach kommen mochte.
    Max ließ keinen Zweifel daran, dass er felsenfest davon überzeugt war, das Recht zu dem Schritt zu haben, den er sich vorgenommen hatte. Ja, manches Mal hatte Till sogar das Gefühl, als würde es Max geradezu genießen, ihn in seinen Entschluss eingeweiht zu haben. Als wäre sich Max absolut sicher, dass Till ihn nicht verraten würde - und ahnen, welche Qualen es Till bereitete, dieses gefährliche Wissen in sich verschließen zu

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