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Berlin Gothic 4: Der Versteckte Wille

Berlin Gothic 4: Der Versteckte Wille

Titel: Berlin Gothic 4: Der Versteckte Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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so genau weißt?“ Das war Max, der sich jetzt wieder zu Wort gemeldet hatte. „Der Sinn des Seins?“
    „Na? Hat euch mein lieber Quentin wieder dahin geführt, wo er am liebsten jeden hinführen würde?“
    Till fuhr herum. Aus dem Eingangsbereich, der die Fahrstühle mit dem Wohnzimmer verband, in dem sie standen, kam ein Mann auf sie zu. Er hatte sich bei Irina untergehakt, die einen halben Kopf größer war als er, und unterhalb des kurz geschnittenen Haars und der fein modellierten Stirn blitzten beinahe übergroß zwei stahlgraue Augen sie an. Till erkannte ihn sofort, obwohl er ihn jahrelang nicht gesehen hatte: Es war Felix, Felix von Quitzow.
    „Der Sinn des Seins - wie willst du darüber eine vernünftige Aussage treffen?“ Max schien sich absichtlich von Felix‘ Ankunft nicht von seinem Gedankengang abbringen lassen zu wollen. „Du bist selbst ein Teil davon, oder? Dein Denken, deine Sprache, es sind Teile des Seins. Es ist, als würde eine Schachfigur versuchen, den Sinn des Spiels zu ergründen!“
    „Das glaube ich nicht“, ereiferte sich Quentin. „Im Gegenteil. Die Idee, dass unser Leben einen Sinn haben soll, ist ja etwas, das jedem Menschen unmittelbar einsichtig ist. Die Frage ist nur: Wenn wir die Vorstellung, frei zu sein, aufgeben müssen - was tritt dann an die Stelle … sozusagen der sinnstiftenden Einheit … also an die Stelle des einzelnen, menschlichen Lebens?“
    „Das Sein?“
    „Das Sein, genau. Und in dem Moment, in dem wir mit der Freiheit auch die Schuld fahren lassen, eröffnet sich für unser Leben ein ganz neuer Sinn.“
    „Ach ja. Und welcher?“
    „Was ist das, wovor wir stets zurückgeschreckt sind, aus Furcht vor der Schuld, aus Furcht … ja, im Grunde genommen aus Furcht vor dem Gewissen, also aus Furcht vor etwas, das es nur gibt, solange wir an die Freiheit glauben!“
    „Vor … “ Max‘ Stimme klang plötzlich belegt. „Vor dem Bösen!“
    Quentins Blick schnellte zu Felix. „Vor dem Bösen, Felix, ich hab es dir immer gesagt.“
    „Der Sinn unseres Lebens ist das Böse?“ Till konnte nicht fassen, was er hörte.
    „Der Sinn unseres Lebens ist das Böse?“, wiederholte jetzt auch Felix, der inzwischen bei ihnen stehen geblieben war. Er hatte die Stimme hochgezogen, als müsste er gleich anfangen zu lachen. „Mein Gott, Quentin, wie kommst du darauf? Was ist los mit dir?“
    Quentin heulte förmlich auf. „Aber es liegt doch auf der Hand! Das ist es, was verborgen bleibt durch die Illusion der Freiheit. Es ist das Geheimnis, das beschützt wird durch den Schleier der Freiheitstäuschung. Es ist das, was entborgen zu werden hat!“ Seine Stimme peitschte durch den Raum.
    Im gleichen Moment knallte es.
    Es geschah zu schnell, als dass Till es wirklich mitbekommen hätte, aber er sah, dass Quentins Gesicht eine geradezu gespenstische Blässe angenommen hatte, die nur ganz oben an der Stirn, am Haaransatz von roten Punkten durchsprenkelt war. Felix trat zurück.
    Er hatte Quentin vor allen anderen mit dem Rücken seiner Hand, an deren Fingern zwei Ringe steckten, mitten ins Gesicht geschlagen.
    Für einen Moment herrschte eisige Stille - in die hinein plötzlich Max‘ Stimme zu hören war. Er hatte sie verstellt, und auch wenn es in Wirklichkeit vollkommen anders klang, war sofort Quentins Tonfall wiederzuerkennen. „Wir müssen hineinleuchten, das Böse ausleuchten“, er unterbrach sich, für einen Augenblick mit seiner eigenen Stimme sprechend, „nein: Wie hast du gesagt? Ach richtig: Entbergen müssen wir es - das Böse“ - und weiter in Quentins Tonfall: „Es ist der Sinn des Seins - das Böse ist der Sinn des Seins, und wenn wir uns zutrauen, ihm nachzuforschen, werden wir … wenn auch nicht ans Ende der Zeiten so doch in jenes Rätsel hinein-und vorstoßen, das sich vielleicht am besten in der Frage manifestiert: Warum gibt es überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts!?“
    Mit der Miene eines geprügelten Tieres fast, in der sich Verschrecktheit, aber auch Hass, der Hass eines gedemütigten Kampfhundes spiegelten, starrte Quentin ihn an. Unwillkürlich hatte Till seine Arme gelöst und sich ein wenig vor seinen Freund geschoben, wie um ihn schützen zu können, falls es Quentin in den Sinn kommen sollte, sich auf Max zu stürzen.
    Da hörte er zu seiner Überraschung, wie Felix in Max‘ Spott einstimmte. „Es ist wirklich lächerlich, Quentin, in was du dich reinsteigerst. Was soll ich sagen: Schäm dich? Herrje, du kannst ja nichts

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