Berlin Gothic 4: Der Versteckte Wille
Projekt legen sollte. Dass es nur dann ein Erfolg werden würde, wenn ich ihn dafür gewann.“
Felix‘ Hand streckt sich vor und legt sich mit der Handfläche nach oben vor Lisa auf das weiße Tischtuch. Sie sieht, wie ihr linker Arm sich senkt und ihre Hand sich auf die von Felix legt.
„Ich sprach also mit deinem Vater“, hört sie ihn sagen, „aber … es war gar nicht so einfach, ihn davon zu überzeugen, dass er für mich arbeiten soll.“ Seine Finger streichen sanft über ihren Handrücken.
„Hast du mal den Namen Maja gehört?“
Lisa blickt auf. „Ninas Mutter?“
„Ich habe dafür gesorgt, dass dein Vater Maja kennengelernt hat, Lisa.“ Felix‘ Stimme ist jetzt nur noch ein Flüstern. „Er hat deine Mutter Julia immer geliebt, aber … du hast Maja damals nicht gekannt … Sie hatte etwas … verzeih mir, wenn ich das jetzt so sage … aber … es gibt bei manchen Frauen etwas, dem kann ein Mann nicht widerstehen. Es ist, als ob er gefesselt und entkleidet würde und zwanzig Jungfrauen gleichzeitig vorsichtig mit ihren Lippen über seine Haut wandern, sie um sein … ja, darum legen würden. Es wühlt ihn so auf, dass er immer mehr davon haben MUSS, verstehst du? Bis sie ihn erlösen.“
Lisa sitzt auf ihrem Stuhl und hat ihre Hand wieder an sich gezogen. Es überläuft sie heiß und kalt gleichzeitig. Er stößt sie ab und doch kann sie nicht aufhören, Felix‘ Worten zu folgen.
„Ich glaube, Max hat Maja einmal im Gartenhaus gesehen, vor vielen Jahren.“
Warum erzählt Felix ihr das?
Immer wieder muss Lisa daran denken, was er ihr vor dem Frühstück gesagt hat: Dass er Till heute zu ihr bringen lassen wird.
Warum? Warum unterstützt er, dass sie sich begegnen?
„Ist es wegen deines Projektes“, sie sieht Felix an, „ist es deshalb, dass du Till hierher bringen lässt?“
„Ich will, dass nichts mehr zwischen uns steht, Lisa. Kein Geheimnis um deinen Vater, dem ich Maja zugeführt habe, kein Till, zu dem dich vielleicht noch immer etwas hinzieht. Begegne ihm, rede mit ihm, überlege, ob du es dir vielleicht niemals verzeihen könntest, wenn du nicht mit ihm zusammenkommst. Erst wenn du Till wirklich überwunden hast, werden wir glücklich miteinander werden können, Lisa.“
4
Zwei Jahre vorher
WAMM!
Es war, als würde ein unsichtbarer, gepolsterter Hammer von außen mit voller Wucht gegen die Scheibe schlagen und das Glas sich mindestens vier Zentimeter weit nach innen wölben. Unwillkürlich riss Max den rechten Arm vor die Augen, um sie vor den Scherben zu schützen, von denen er sicher war, dass sie bis zu ihm fliegen würden. Mit gedämpftem, in seiner Heftigkeit aber atemberaubendem Zischen jagte der Zug an der Scheibe entlang. Ein hartes, mechanisches Geräusch, das alle veranlasste, zu den Fenstern zu blicken, und das zugleich in regelmäßigen Abständen unterbrochen wurde, wenn eine Lücke zwischen zwei Wagons die Scheibe erreichte.
Max nahm den Arm wieder herunter, um besser sehen zu können. Wie vorbeigeschossen konnte er einzelne Fahrgäste erkennen, die hinter den Scheiben in der U-Bahn saßen, standen, Zeitung lasen.
Dann war der Zug vorüber. Die Musik, die die ganze Zeit über weitergespielt hatte, begann aus dem abebbenden Lärm wieder aufzutauchen.
„Wow.“
Max wandte sich zu Felix, der mit ihm und Till auf einem etwas erhöhten Podest saß. Von dort konnte man den niedrigen, verschachtelten Hauptraum des Clubs und die Gäste, die sich darin tummelten, gut überblicken.
Felix grinste. „Weißt du, dass ich derjenige war, der die Idee hatte, die Wand zum U-Bahntunnel hin zu durchbrechen?“
Max nickte anerkennend.
„Kurzum“, nahm Felix den Faden ihres Gespräches dort wieder auf, wo sie unterbrochen worden waren, als der Zug die Tunnelluft gegen die Scheibe geschleudert hatte, „Irina wollte mir nicht sagen, wer es war - und ich hätte sie auch nicht ausdrücklich dazu aufgefordert, wenn sie mir nicht geschildert hätte, was genau ihre Freundin ihr erzählt hat.“
Vor einer knappen Stunde erst waren sie - von Irinas Party kommend - in den Club gegangen.
„Was hat sie ihr denn erzählt?“
„Sie sagt, sie hat sich überall umgehört, aber niemand konnte ihr wirklich etwas über dich berichten.“
„Wer? Irina?“
„Nein, ihre Freundin.“ Felix hob die Arme hinter den Kopf, verschränkte die Finger ineinander und legte seinen Hinterkopf in die Handflächen, so dass seine beiden Ellbogen rechts und links wie zwei
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