Berlin-Krimi 03 - Notlandung
interessant, und da es zurzeit ohnehin keine Alternative gab, hatte Susanne sich mit dem Gedanken angefreundet, noch eine Weile Zeitarbeit zu machen und regelmäßig das Unternehmen zu wechseln.
Irgendwann war Michele in ihr Leben getreten, er hatte sie in der U-Bahn, auf dem Weg nach Hause, angesprochen und zum Lachen gebracht. Aus einer Laune heraus hatte sie ihm ihre Telefonnummer gegeben. Michele war jung, durchtrainiert und sah sehr gut aus. Ein toller Mann und Susanne wusste gar nicht, was der gerade von ihr wollte. Trotzdem dauerte es fast drei Monate und 14 Verabredungen, bis sie im Bett landeten. Es war ihr erster Sex nach der Geburt, und es war phänomenal. Nach ein paar Wochen rückte Michele dann mit der Sprache heraus.
Er bot ihr Geld an, wenn sie ihm Informationen über die Unternehmen lieferte, bei denen sie eingesetzt war. Susanne hatte zu viel erlebt, um wirklich entsetzt oder sauer zu sein. Michele war nicht die Art von Mann, die sich für sie interessierte, erst recht nicht, seit sie eine kleine Tochter hatte. Eigentlich hatte sie die ganze Zeit darauf gewartet, dass die Bombe platzt.
»Deshalb hast du dich also mit mir eingelassen?«
»Ich werde dich nicht mehr anlügen, Susanne. Ja, deshalb habe ich dich angesprochen. Aber ich habe die Zeit mir dir, jeden einzelnen Moment, genossen. Auch wenn das jetzt verlogen klingt.«
»Das tut es, Michele, das tut es. Du musst nicht glauben, dass ich dir deshalb verzeihen werde, aber so schlimm ist es nicht. Du bist nicht der erste Scheißkerl, den ich kennenlerne, und bei meinem Glück wahrscheinlich auch nicht der letzte. Aber der Sex mit dir war trotzdem gut. Schade eigentlich.«
»Susanne, ich schäme mich, aber es ist wirklich nicht so, wie es aussieht. Ich mag dich.«
»Michele, ich muss gleich kotzen! Ich werde dich hier rausschmeißen und deine Zahnbürste in den Müll. Aber vorher muss ich pragmatisch sein, die Kleine und ich können jeden Cent brauchen. Was du von mir verlangst, ist das legal? Und erzähl mir jetzt keinen Scheiß, Michele, ich habe eine kleine Tochter. Ein Typ wie du, der so liebevoll im Bett sein kann und gleichzeitig so verlogen und berechnend, der muss irgendwo in seinem beschissenen Charakter ein Stück Anstand haben. Also sag mir jetzt die Wahrheit. Kann ich dafür in den Knast gehen, Michele?«
Michele schluckte, die Worte hatten ihn tief verletzt, aber er hatte sie verdient. Er kam sich mies vor, sehr mies. Aber auch er musste pragmatisch sein.
»Es ist nicht wirklich legal, aber auch nicht illegal. Du bist Buchhalterin, wenn du mir etwas aus diesem Bereich erzählen würdest, wäre das schon heikel und könnte dich, wenn es rauskommt, in ernste Schwierigkeiten bringen. Aber das verlange ich auch gar nicht von dir, erzähle mir einfach etwas über den Klatsch auf dem Flur und in der Kaffeeküche. All das, was man seinem Partner nach einem Tag im Büro auch erzählen würde. Alles, was man tagsüber so aufschnappt. Ich will keine Betriebsgeheimnisse von dir wissen, einfach nur den Büroklatsch.«
»Und dafür zahlst du?«
»Genau, und ich gebe dir das Geld immer persönlich, keine Überweisungen, keine Spuren, gar nichts.«
Susanne fand es zwar sehr merkwürdig, aber die Kleine war gerade gewachsen, sie brauchte Schuhe und Kleidung. Und sie wollte ihre Tochter mal etwas anderes tragen sehen als nur secondhand.
»Ich werde es mir überlegen, aber ich hätte gerne einen Vorschuss: 150 Euro, jetzt sofort, bevor ich dich rauswerfe!«
Damit waren schon mal die Schuhe für die Kleine und für sie drin, und sie konnte später immer noch überlegen, ob sie da mitmachen wollte oder nicht. 150 Euro Schmerzensgeld für seinen Verrat waren auch nicht zu viel, fand sie.
Michele legte einen Umschlag auf den Tisch, und dann warf Susanne ihn raus. Nachdem er gegangen war, goss sie sich einen Whisky ein. »Schade«, dachte sie, »es waren so schöne Tage und so wundervolle Nächte gewesen. Wieder mal ein Scheißkerl, aber Selbstmitleid bringt mich auch nicht weiter.« Sie öffnete den Umschlag, und plötzlich hielt sie 4.000 Euro in den Händen. Sie holte sich einen zweiten Whisky.
Von da an rief Susanne Michele an, wenn sie in einem neuen Unternehmen eingesetzt wurde, und Michele sagte ihr, ob er gerne Informationen hätte oder nicht.
Alle paar Monate brachte er Geld vorbei. Sie hatten es noch zweimal mit Sex probiert, aber Susanne fand, dass der es nicht mehr brachte. Und so bekam Michele nur noch einen Kaffee
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