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Berlin Wolfsburg (German Edition)

Berlin Wolfsburg (German Edition)

Titel: Berlin Wolfsburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
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extremen
islamistischen Richtung – so was fand sie gar nicht witzig. Aber das findet
niemand witzig, oder?«
    »Natürlich nicht. Terrorismus, egal, aus welcher Ecke, ist
grundsätzlich humorfrei.« Johanna stützte das Kinn auf die Hand und sah Beuten
nachdenklich an. Der gab den Blick zurück.
    »Welchem Verdacht gehen Sie nach, Frau Kommissarin?«
    »Ich darf Ihnen nichts sagen, Herr Beuten – nur so viel: Es ist eine
hässliche Geschichte voller Gewalt, und ich reiße mich nicht um die
Ermittlungen.«
    Beuten drehte den Kopf zur Wand und langsam wieder zurück. Einen
Augenblick lang sah es so aus, als wollte er etwas sagen, aber er schwieg.
    »Wie sah es finanziell bei Ihnen aus? Hat Ulrike gut verdient?«, hob
Johanna schließlich wieder an.
    »Ja, sie hat ganz gut verdient.«
    »Besonders gut in den letzten Monaten?«
    Daniel Beuten beugte den Oberkörper nach vorn. »Worauf wollen Sie
hinaus? Und erzählen Sie mir jetzt bitte nicht, Sie dürften mir keine
Einzelheiten nennen – ich muss keine einzige Ihrer Fragen beantworten, wenn ich
nicht will.«
    Johanna seufzte innerlich. Der Mann hatte natürlich recht. »Na schön
– wir gehen einem handfesten Korruptionsverdacht nach, und zwar bei allen
betroffenen toten Polizisten.«
    Schweigen. Beuten lockerte seine Krawatte. Er war blass geworden.
    »Ich kann mir das bei Ulrike nicht vorstellen«, meinte er dann.
»Aber das ist wohl kein gutes Argument.«
    »Ist es nicht, nein.«
    »Sie hat eine Sonderzulage bekommen, meinte sie vor einiger Zeit
mal, als es um das Boot ging, das sie kaufen wollte«, fuhr Beuten in
zögerlichem Ton fort. »Aber ihre letzte Gehaltsabrechnung war wie immer – ich
hab einen Blick darauf geworfen, als Karina den Kram ordnete.«
    »Gibt es Extra-Konten?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    Bald werden wir auch das besser wissen, dachte Johanna. Kurz darauf
entließ sie Daniel Beuten. Sie rief ein weiteres Mal Karina Huhlmann an und bat
sie, nach ihrer Schicht in der PI vorbeizukommen.
Dann ging sie in die Cafeteria.
    Sie nahm sich Zeit für einen späten Mittagsimbiss. Was hab ich
manchmal für einen Scheißjob, dachte sie. Der Gedanke war alles andere als neu,
aber in diesem Moment mit ungewöhnlich intensiver Melancholie durchsetzt.
    Mit einem weiteren Kaffee und einem üppigen Stück Obstkuchen
ausgestattet, machte sie sich auf den Weg ins Konferenzzimmer, wo die
Sondergruppe in Kürze zu einem Infoaustausch zusammentreffen würde, und setzte
sich ans Fenster, um blicklos hinauszustarren.

9
    Er fuhr mit dem Wagen in sein Wochenendhaus am südlichen
Stadtrand von Berlin, kurz nachdem Holger ihn über die zweite Vernehmung in
Kenntnis gesetzt hatte – von einem öffentlichen Telefon aus, wie immer. Alle
Mitglieder der Riege hielten sich an das Gebot, wichtige Gespräche stets so
verdeckt wie möglich zu führen und Mitteilungen unauffällig auf den Weg zu
bringen. So benutzte niemand das Internet von zu Hause aus, wenn es um Belange
der Riege ging, und jeder besaß mindestens ein Handy mit einer falsch registrierten SIM -Karte. »Hinterlasst nur die Spuren, die ihr
hinterlassen wollt oder sinnvoll erklären könnt!«, predigte Volker immer
wieder, und Stefan konnte ihm nur zustimmen.
    Richtig kennengelernt hatten die beiden sich eigentlich erst vor
zehn Jahren, genauer gesagt in der Folge des 11. September 2001, als
Stefan erfuhr, dass seine Mutter unter den Opfern des Terroranschlags gewesen
war und sein Vater, der in Duisburg lebte und sich seit der Trennung seiner
Eltern kaum um ihn gekümmert hatte, ihn anrief. Stefan war damals Mitte
zwanzig, er war nicht scharf darauf, plötzlich wieder einen »Papi« zu haben –
so tief ihn auch der Schock über den Verlust seiner Mutter traf und der Hass
auf die Terroristen zermürbte, vielmehr aus der Bahn warf, aber Volker Dorn
ließ sich nicht abwimmeln. Als er sich auch Wochen später unbeirrt alle paar
Tage meldete, nahm Stefan seine Einladung nach Duisburg schließlich an. »Okay,
ich komme, aber bilde dir nicht ein, dass ich dich mit Paps oder so ansprechen
werde.«
    Seine Eltern waren nie verheiratet gewesen. Volker Dorn hatte in den
siebziger Jahren eine Zeit lang in einer WG in
Berlin gelebt, um nicht zum Bund eingezogen zu werden, nahm an Demos teil und
engagierte sich politisch. In einer Kreuzberger Kneipe hatte er seine Mutter
kennengelernt, und so war Stefan schließlich unterwegs gewesen. Eine Heirat kam
natürlich nicht in Frage. Irgendwann war die Beziehung beendet, das

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