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Berlin Wolfsburg (German Edition)

Berlin Wolfsburg (German Edition)

Titel: Berlin Wolfsburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
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halbherzig
betriebene Studium auch, Volker ging wieder zurück nach Duisburg, machte diese
und jene Geschäfte, wobei er durchaus erfolgreich war, engagierte sich in
dieser oder jener politischen Randgruppierung, immer mit vollem Einsatz, wie
seine Mutter mal erzählt hatte. Alle paar Monate oder auch Jahre meldete er
sich bei Mutter und Sohn – in der Regel per Telefon –, spendierte ein neues
Fahrrad zum Geburtstag oder zu Weihnachten oder fragte nach Stefans Werdegang,
ohne dass der den Eindruck gewann, es könnte mehr als ein Pflichtgefühl,
geschweige denn echtes Interesse dahinterstecken.
    Als sie Ende 2001 nach vielen Jahren erstmals wieder zusammentrafen,
war Stefan überrascht – angenehm überrascht, was er zu kaschieren suchte. Der
damals achtundvierzigjährige Geschäftsmann wirkte bei allem Ernst, den die
Situation mit sich brachte, jugendlich-locker, selbstbewusst und seriös
zugleich, und er ließ sich überhaupt nicht abschrecken vom mürrischen
Gesichtsausdruck seines Sohnes und dessen anfänglich abwehrender Haltung.
    »Es ist genug. Wir werden das nicht so hinnehmen«, hatte Volker
unvermittelt und in leisem Ton erklärt, als sie im Innenhafen im Restaurant
Hafenforum bei einem Drei-Gänge-Menü zusammensaßen. »Dieser Anschlag war nur
die Spitze des Eisberges. Es wird höchste Zeit, dass wir uns endlich wehren,
und zwar mit allen Mitteln.«
    Stefan spürte, wie sich sein Herz zusammenzog – vor Wut und Schmerz
zugleich. Außerdem hasste er dummdreistes Sprücheklopfen. »Erzähl keinen
Scheiß!«, entgegnete er aufgebracht und legte seine Gabel beiseite. »Wem willst
du mit diesen Sprüchen eigentlich imponieren? Mir etwa? Vergiss es!«
    Volker sah ihn eine ganze Weile schweigend an. »Ich meine das
verdammt ernst«, gab er schließlich ruhig zurück. »Du ahnst gar nicht, wie
ernst.«
    »Ach ja? Und was willst ausgerechnet du gegen diese Brut ausrichten,
die sich überall breitmacht? Die beim Freitagsgebet auf den Knien herumrutscht
und am nächsten Tag einen Selbstmordattentäter unterstützt? Als einsamer
Kämpfer losziehen und Rache üben – zwischen einem Geschäft und dem nächsten?
Wie das denn, bitte schön? Und seit wann kümmerst du dich um mich und meine –«
    »Erstens, und so tragisch es auch sein mag: Es geht nicht nur um
deine Mutter und dich«, unterbrach Volker ihn bestimmt. »Zweitens: Als einsamer
Kämpfer erreichst du gar nichts, das lass dir gesagt sein. Und drittens: Du
weißt nicht sehr viel von mir – kannst du ja auch gar nicht. Ich bin schon
lange in einer Bürgerinitiative aktiv, die sich vehement gegen den Bau von
Moscheen zur Wehr setzt und gegen die Verbreitung des absurden Gedankens, dass
der Islam eine friedliche Religion sei, der man tolerant und aufgeschlossen
begegnen solle. Dieses Gelaber habe ich so was von satt, und zwar schon seit
Jahren und nicht erst seit dem 11. September. Außerdem gehöre ich einer Gruppe
von Leuten an, die fest davon überzeugt sind, dass uns noch ganz andere
Terroranschläge bevorstehen, wenn wir nicht endlich aktiv werden – und damit
meine ich nicht die kuschelige Auseinandersetzung in irgendwelchen
Diskussionsrunden bei Kaffee und Kuchen.«
    Stefan winkte ab. »Klingt ja ganz gut, aber du kannst viel reden,
wenn der Tag lang ist.«
    Volker lächelte und wurde dann wieder ernst. »Du wirst schon sehen.«
    Stefan hätte jede Wette gehalten, dass sein Alter mächtig am Spinnen
war – um ihn zu beeindrucken oder mal richtig große Töne zu spucken oder weil
er mal wieder ein neues politisches Betätigungsfeld entdeckt hatte, für das er
Feuer und Flamme war. Er hätte die Wette verloren.
    Volker Dorn baute in den folgenden Jahren sehr umsichtig und
professionell unauffällig ein vielschichtiges Netzwerk auf, das bis in die USA reichte und aus unterschiedlichen, hervorragend
aufeinander abgestimmten Quellen finanziert wurde, zum Teil protegiert von
finanzstarken Leuten, die ein gemeinsames Ziel verband: den Islam und seine
Anhänger zu vertreiben und damit den Terror an seiner Wurzel zu bekämpfen und
zu vernichten – vorzugsweise mit Gewalt, Hetze und Verunsicherung, weil allein
diese Mittel, permanent und überzeugend eingesetzt, Erfolg versprachen.
Gleichzeitig betrieb er den Aufbau seiner Videoläden, um sich eine bürgerliche
Fassade zu schaffen, hinter der alle Fäden zusammenliefen. Als er Stefan vor
einigen Jahren anbot, aktiv in die weitere Planung und Vorbereitung
einzusteigen und sich dabei vorrangig um Berlin

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