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Berlin Wolfsburg (German Edition)

Berlin Wolfsburg (German Edition)

Titel: Berlin Wolfsburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
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und Niedersachsen zu kümmern,
zeigte der sich sehr beeindruckt, dass Volker alles andere als ein
Sprücheklopfer war, und stimmte zu. Aus Neugier und Überzeugung, aus
Abenteuerlust und Hass, für den er dankbarerweise endlich ein Ventil gefunden
hatte, und weil das Geld stimmte.
    Natürlich war ihm bewusst, dass die Beteiligung an den Aktivitäten
der Riege, vorzugsweise in leitender Funktion, sein Leben von Grund auf ändern
würde, aber er hatte nicht den Eindruck gehabt, dass es etwas zu verlieren gab
– ganz im Gegenteil. Er hielt das Risiko für vertretbar, denn sein Vater war
schlau, sehr schlau sogar, und er imponierte ihm, zum ersten Mal in seinem
Leben. Und noch etwas anderes kam hinzu – das Gefühl, wichtig und Teil einer
Bewegung zu sein. Macht über andere auszuüben.
    Volker war ein leidenschaftlicher, nahezu zwanghafter und
detailverliebter Planer – freiwillig überließ er nichts dem Zufall. Er stimmte
keiner Aktion, keinem weiteren Schritt in der Vorbereitung zu, die nicht
minutiös durchdacht und von ihm abgesegnet war, und er ließ sich niemals
drängen oder gar hetzen, sondern hielt seinem Sohn, dem es manchmal zu langsam
und umständlich voranging, stets entgegen, dass sie keinen Zeitplan einzuhalten
hatten, sondern ein Ziel verfolgten, dessen Umsetzung höchste Sorgfalt
erforderte, weil ein kleiner Fehler, eine winzige Unachtsamkeit das Ganze
gefährden konnte.
    Die Gewinnung der Polizeibeamten, deren erkaufte oder erpresste
Unterstützung nach Volkers Überzeugung unabdingbar für die Spurenvernichtung
und Fallverschleierung war, gehörte zum fundamentalsten und zeitaufwendigsten
Aspekt in der Vorbereitung, unmittelbar gefolgt von der Auswahl der richtigen
Handlanger, genauer gesagt: der Schläger und ihres Einsatzes.
    Stefan fuhr den Wagen in den Schuppen hinter seinem Wochenendhaus.
Er überprüfte, ob alles an seinem Platz war, und füllte Benzin in den Tank
seines bereitstehenden Motorrades. Dann setzte er sich mit einer Tasse Kaffee
in die Sonne und wartete, dass die Zeit verging.
    ***
    Es war bereits später Nachmittag, als Johanna sich in Marenis
Büro zurückzog. Die Staatsschutzbeamtin hatte die Ergebnisse der seit dem
frühen Morgen auf Hochtouren arbeitenden Ermittler sowie den aktuellen
Zwischenstand von Staatsanwältin Kuhl zusammengefasst und ebenso kompetent wie
sachlich vorgetragen. Johanna wollte ihren Bericht ungestört überdenken und
Kontakt mit Berlin aufnehmen, wo sehr wahrscheinlich ähnlich intensiv
recherchiert wurde.
    Es wunderte sie nicht im Mindesten, dass bereits nach den ersten
stichprobenartigen Überprüfungen mehr als ein Dutzend Gewalttaten gegen
muslimische Mitbürger über einen längeren Zeitraum unzureichend und falsch
erfasst worden waren, darunter Mord beziehungsweise Totschlag, schwerste
Körperverletzung, außerdem mehrere Vermisstenfälle. Dennoch schockierte sie das
Ausmaß.
    In sämtlichen Fällen war einer der unter Korruptionsverdacht
stehenden Beamten leitend tätig gewesen, und eine umfassende Manipulation der
Ermittlungen durfte getrost angenommen werden, auch wenn in der Kürze der Zeit
die Details noch nicht vertieft worden waren. Johanna konnte sich gut
vorstellen, dass im Wolfsburger und Braunschweiger Raum der eine oder andere
Betroffene, ähnlich wie Karim Celik, zum Beispiel Holger Bihl wiedererkennen
würde. Falls er oder sie sich noch erinnern konnte – oder wollte. Das wäre
immerhin ein guter Ansatz und eine wirkungsvolle Maßnahme, den Gewaltopfern zu
ihrem Recht zu verhelfen. Besser spät als gar nicht.
    Marenis Kontaktmann aus dem Islamischen Kulturzentrum hatte von
gehäuften Übergriffen berichtet, von Angst und Unsicherheit, die deutlich um
sich griffen, weil die Ermittlungsbehörden stets im Dunklen tappten. Einige
Eltern hatten ihre Kinder bereits vom Unterricht abgemeldet. Aus einer
Braunschweiger Gemeinde wurde Ähnliches berichtet. Mit den Fotos hatten die
bislang befragten Gemeindemitglieder jedoch nichts anfangen können. Johanna war
sicher, dass die Nachforschungen in Berlin vergleichbare Ergebnisse zutage
fördern würden.
    Ansdorf, Huhlmann und Vogt einte die Mitgliedschaft in einer
Braunschweiger Muth-Videothek, doch Angehörige und Freunde der toten Polizisten
erkannten weder Muth noch Bihl oder gar Dorn wieder. Auf die zügige Rückgabe
ausgeliehener Titel war nach den Todesfällen deutlich Wert gelegt worden.
Stefan Muths persönlicher Auftritt in Berlin war aber offenbar eine Ausnahme
gewesen.
    Bezüglich

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