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Berlin Wolfsburg (German Edition)

Berlin Wolfsburg (German Edition)

Titel: Berlin Wolfsburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
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Wir
schlagen die Islamisten nicht mit ihren, sondern mit besseren Waffen, indem wir
sie mit unserer Stärke verunsichern, mit unserer Bereitschaft, sie aus unserer
Mitte zu vertreiben. Wir setzen das klare Signal, dass sie nicht willkommen
sind, und entziehen ihnen Toleranz, Mitgefühl und unsere Rechtsordnung, die sie
für ihre Zwecke missbrauchen. Wir bestrafen sie und ziehen Gesetzeshüter und
Politiker auf unsere Seite. All das tun wir in der Hoffnung, dass sie die
Konsequenzen daraus ziehen und sich entscheiden, zu gehen und niemals
wiederzukommen. Wir befreien uns, denn wir dienen weder Allah noch denen, die
sich als sein Werkzeug verstehen.«
    Die Staatsanwältin legte eine kurze Pause ein, bevor sie den
zweiten Film startete. Die Riege hatte einzelne Überfälle gefilmt, um ihre
Vorgehensweise bei Gewaltverbrechen zu veranschaulichen.
    »Überfälle müssen sorgfältig vorbereitet
werden«, erläuterte die sonore Stimme aus dem Hintergrund. »Das heißt: Alibis
sichern. Zeugen verhindern. Polizisten sorgfältig einweisen. Handschuhe tragen.
Spuren verhindern. Gewalt ausüben, ohne zu sprechen. Hass spürbar machen.
Frauen mit Abscheu und Verachtung behandeln.«
    Annegret Kuhl hielt den Atem an, als drei Maskierte auf einen
gefesselten Mann, dessen Augen geschlossen waren, einzuschlagen begannen.
Systematisch und wortlos.
    »Niemals sprechen«, erklang plötzlich wieder
die Stimme des Kommentators. »Wir erklären uns nicht. Wir drohen und
beschimpfen nicht. Wir erfüllen unsere Aufgabe: den Feind, der uns vernichten
will, zu verletzen und tiefe Furcht in sein Herz zu pflanzen. Todesangst. Damit
er bald nur noch ein Ziel hat – davonzulaufen.«
    Diesen Wunsch verspürte Annegret Kuhl auch.

12
    »Ich hab den Muth noch einmal sehr genau unter die Lupe
genommen und dabei sein Umfeld und die Familie mit einbezogen«, erklärte Tony.
    »Und? Auffälligkeiten?«, fragte Johanna und schob ihren Kuchenteller
beiseite.
    »Wart’s ab. Der Knabe ist ohne Vater aufgewachsen, dessen Name
taucht nirgendwo auf. Die Mutter, Petra Muth, war Sekretärin –«
    »War?«
    »Ja, sie starb vor zehn Jahren, genauer gesagt am 11. September
2001.«
    »Wie bitte?«
    »Ja, sie saß in einem der Flugzeuge. Dass Stefan es nicht so dicke
mit Moscheen und Muslimen hat, dürfte zweifelsohne damit zusammenhängen.«
    »Rache also. Aber, meine Güte, Muth war damals Mitte zwanzig, in
einem Alter also, in dem sich die meisten Männer noch mitten in der Pubertät
befinden – das hat der doch im Leben nicht alleine durchgezogen!«, wandte
Johanna verblüfft ein. »Wo ist die Verbindung zu Volker Dorn?«
    »Diese Frage gefällt mir«, meinte Tony, und es klang, als würde sie
sich die Hände reiben. »Dorn trieb sich, wie schon mal erörtert, einige Jahre
in Berlin herum, lebte in verschiedenen Wohngemeinschaften. Man kann davon
ausgehen, dass er keinen Wert darauf legte, sich jeweils ordnungsgemäß an- und
abzumelden …«
    »Worauf willst du hinaus?«
    »Petra Muth hat zeitweise auch in einer WG gelebt.«
    Johanna atmete scharf ein. »Du meinst, dass die beiden sich
kannten?«
    »Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter«, erklärte Tony gut
gelaunt. »Trotz der Kürze der Zeit haben wir zwei ehemalige Mitbewohner von
Petra Muth ausfindig gemacht und ihnen Fotos von Dorn vorgelegt. Zumindest
einer von ihnen ist sich ziemlich sicher, dass Dorn mit Petra liiert war und
das Kind von ihm ist.«
    Johanna brauchte zwei Sekunden, um diese Information zu verarbeiten.
»Vater und Sohn – ist das dein Ernst? Aber …«
    »Petra Muth und Volker Dorn waren nur einige Zeit ein Paar. Er ist
ja dann zurück in den Ruhrpott.«
    »Eben. Und die beiden machen nach dem 11. September gemeinsame
Sache, um den Tod von Petra Muth zu rächen? Klingt ein bisschen –«
    »Extremisten klingen immer ein bisschen gaga, wenn du mich fragst.
Ansonsten ist es dein Job, die richtigen Schlussfolgerungen aus den Infos zu
ziehen und sie zu überprüfen«, meinte Tony.
    »Wohl wahr. Schickst du diese Neuigkeit noch an die anderen Dienststellen
raus?«
    »Na klar.«
    Johanna schüttelte den Kopf, während sie in den Technikraum
hinüberging, wo Mareni wartete, damit sie sich gemeinsam die Filme ansehen
konnten. Der Kollege reagierte ähnlich überrascht wie sie, als sie ihm von
Tonys Recherchen berichtete.
    »Na ja, Dorn hat sich doch schon eine ganze Weile in irgendwelchen
Randgruppen herumgetrieben – auch schon vor dem 11. September, wenn ich mich
recht entsinne«,

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