Berndorf 07 - Trotzkis Narr
da sind welche, die auf ihn warten.
Also bleibt nur die dritte Möglichkeit. Er geht zum Wagen zurück und bleibt an der Tür zum Beifahrersitz stehen. »Hast du dein Handy dabei?«, fragt er. »Schalt es ein!«
Kappolt wirft ihm einen misstrauischen Blick zu, denn Patzert kann es sonst nicht leiden, wenn jemand in seinem Beisein ein Handy benutzt. Kappolts Handy ist aufgeladen, Patzert geht ein paar Schritte zur Seite, und sie überprüfen den Funkkontakt, aber der ist normal und ohne Störung.
»Dann ist das soweit klar«, sagt Patzert, als er sich wieder hinters Steuer setzt. »Du gehst jetzt die Straße entlang, bis du Sicht auf das Haus hast. Bis du sehen kannst, wer da alles wegfährt. Oder wer da sonst aus dem Haus geht. Kapiert?« Kappolt nickt.
»Und noch einmal: Du gehst nicht auf der Straße, sondern im Straßengraben, dass du Deckung hast. Dass du nicht gesehen werden kannst …«
»Ich soll da runter robben?«, fragt Kappolt entrüstet. »Das kannst du mal selber tun …«
»Erstens sollst du nicht robben«, ärgerlich schlägt Patzert mit der linken Hand auf das Dach des BMW , »sondern so gehen, dass man dich nicht sieht. Also gebückt. Zweitens kann ich den Job notfalls auch allein machen, und du kannst den Weg dahinten durch den Wald nehmen, da kannst du so senkrecht laufen, wie du lustig bist, vielleicht kommst du da in den nächsten Tagen auch wirklich nach Berlin …«
»Ist ja gut«, sagt Kappolt. »Ich geh ja schon. Und wenn einer aus dem Haus kommt, ruf ich an?«
»Ja«, sagt Patzert, und es klingt ein wenig erschöpft, »dann rufst du an! Vor allem, wenn der Harlass mit rauskommt und mit in das Auto steigt. Und wenn ich dann mit dem Wagen komme, dann wirst du einsteigen, ohne dass ich groß anhalten muss.«
»Du musst nicht so tun, als ob ich blöd wäre«, gibt Kappolt zurück und macht sich auf den Weg. Patzert sieht ihm nach, wie er in der Dunkelheit verschwindet, und während er ihm nachsieht, fragt er sich, ob es nicht besser gewesen wäre, einen zweiten Mann mitzunehmen. Aber mit jedem Teilnehmer einer Aktion wächst das Risiko, dass einer nicht das Maul hält. Und zwar exponential: An jedem dieser Dummköpfe hängen drei oder vier andere, die sich gerne wichtig machen … Schon jetzt weiß Kappolt zu viel. Und er selbst? Warum ist er überhaupt selbst in die Tankstelle? Er hätte doch Kappolt schicken können und sich schön hinten ins Auto setzen, so wie es dieser Andere tut, dass ihn keiner so richtig sieht und kennt und beschreiben kann … Er schaltet das Autoradio ein. Es ist Mittwoch, die Champions League spielt, offenbar ist aber Halbzeit, denn er bekommt nur Musik herein. Schließlich erwischt er das Ende eines Zwischenberichts zur Halbzeit, das hört sich aber auch nicht gut an, denn danach verbleiben der Borussia nur noch 45 Minuten …
Es klopft an die Scheibe des Seitenfensters. Was will der Dummkopf jetzt schon wieder? Ärgerlich stößt er die Tür auf.
»Nimm die Hände hinter den Kopf«, sagt eine Stimme, »ganz langsam die Hände hinter den Kopf, und steig aus!«
Ungläubig blickt Patzert hoch und in die Mündung eines Pistolenlaufs.
S ie haben den wesentlichen Punkt bereits selbst ausgesprochen«, beginnt Berndorf. »Wir sollen herausfinden, ob Giselher Marcks in irgendeiner Weise mit der Mafia oder einem mafiosen Netzwerk in … in einen Konflikt geraten ist.«
Finklin, die Zigarette im Mundwinkel, richtet einen knochigen Zeigefinger auf Berndorf. »Sie sollen mich nicht für dumm verkaufen. Ihre Frage unterstellt, dass Giselher Kontakt zu einem solchen Netzwerk gehabt hat. Dass er Teil eines solchen Netzwerkes gewesen sei. Aber bitte!« Er nimmt die Zigarette aus dem Mundwinkel und streift die Asche ab. »Wer ist und was tut die Mafia? Sie erpresst Schutzgeld, handelt mit Waffen, Heroin, Mädchen … Nehmen wir das Schutzgeld. Die Mafia erhebt es von kleinen türkischen oder italienischen Gewerbetreibenden. Wenn sie zahlen, werden sie in Ruhe gelassen. Und? Der deutsche Staat zum Beispiel erhebt Steuern von ihnen. Und das nicht zu knapp. Können die türkischen Gewerbetreibenden in Deutschland dafür vielleicht in Ruhe und Sicherheit arbeiten? Doch wir reden von der Mafia! Sie verkauft Heroin, das die Menschen krank und abhängig macht. Das ist böse, aber die Mafia verdient Milliarden damit. Doch was ist mit den Psychopharmaka? Das sind Medikamente, von denen die Menschen krank und abhängig werden. Aber die Pharmazie-Konzerne verdienen Milliarden
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