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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Eindruck entstehen, zwischen Harlass und Ihnen finde so etwas wie ein Duell im Morgengrauen statt, ein Showdown, das wäre …« Missenpfuhl hebt mahnend die linke Hand. »… eine unangemessene und ungehörige Personalisierung, unangemessen und ungehörig für das Amt des Staatsanwalts.« Er lässt die Hand wieder sinken. »Außerdem ist es völlig undenkbar, dass wir eine angehende Politikerin, die sich um ein Wahlamt bewirbt, einem so hohen persönlichen Risiko aussetzen. Liebe Frau Wohlfrom-Kühn – wenn Ihnen etwas zustößt und wir haben nicht alles getan, um das zu verhindern, dann hätten wir eine Staatskrise!«
    »Sie reden Unsinn«, sagt die Staatsanwältin und setzt dazu ein fast freundliches Lächeln auf. »Wenn ich gefährdet bin, weil ich damals die Anklage vertreten habe, dann bin ich es so oder so. Das hat mit dem jetzigen Fall gar nichts zu tun. Hier geht es darum, einen Haftbefehl zu vollstrecken …« Sie bricht ab, denn Missenpfuhl hat die Hand gehoben, als erhebe er Einspruch.
    »Es tut mir leid«, sagt er, »aber Sie sind nicht ganz auf dem Laufenden. Im Fall des Toten von heute Nacht – Sie wissen, der Mann in dem ausgebrannten Wagen – ist inzwischen ermittelt worden, dass der Wagen auf einen gewissen Detlef Patzert zugelassen war … Der Name sagt Ihnen nichts?«
    »Nein«, antwortet die Staatsanwältin nach kurzem Überlegen.
    »Patzert stand in einer direkten Verbindung zu Harlass«, fährt Missenpfuhl fort. »Er war der Häuptling oder Anführer einer Neuköllner Kameradschaft von Neonazis, und Harlass hat versucht, dort aufgenommen zu werden. Möglicherweise läuft dort ein interner Machtkampf, jedenfalls ist Ihr Kollege Meusebach angewiesen, dieses Hornissennest bis auf das letzte Fitzelchen auseinanderzunehmen.«
    Der Justizsenator redet weiter, aber Dagmar Wohlfrom-Kühn hört gar nicht mehr zu. Es gibt gar nichts zu besprechen. Längst ist alles geregelt, und sie hat man dabei gar nicht erst behelligt. Ohne es zu bemerken, ist sie über Nacht von den Informations- und Entscheidungssträngen abgeschnitten worden, so dass sie wie eine überzählige Marionette am Kasperltheater herunterhängt. Irgendwer hat irgendwen angerufen, ein Schalter wurde umgelegt, und die lästige Zicke war aus dem Spiel. Sie darf noch in ihr Büro gehen, sie darf noch ihre Akten wälzen, aber die wirklich wichtigen Dinge hat das allmächtige Männernetzwerk wieder an sich gerissen.
    »Ich habe verstanden«, sagt sie. Sie erhebt sich und wirft einen nachdenklichen Blick auf Missenpfuhl. Man trifft sich immer zwei Mal im Leben. Aber das denkt sie nur, das sagt sie nicht. Rache muss man kalt genießen.
    D ass Berndorf kaum etwas hinunterbringt, liegt nicht am Frühstücksbüfett des »Alten Zieten«. Einer von den Schnäpsen gestern Abend muss nicht ganz koscher gewesen sein, anders kann er sich das nicht erklären. Er bestellt eine zweite Kanne Kaffee, außerdem will er noch eine Nacht hierbleiben. Aber das ist kein Problem, völlig ausgebucht sind die Fremdenzimmer des »Alten Zieten« selten oder nie.
    Durch die Fenster des Gasthofs fällt ein Licht, das nach einem herbstlichen, aber klaren Tag aussieht. Was er jetzt wirklich braucht, bekommt er hier vor der Tür geliefert: frische Luft und Landschaft. Er wird den Weg durch das Luch nehmen, in südöstlicher Richtung, irgendwann einen Bogen schlagen und über die Hügelkette im Norden nach Crammenow zurückkehren. Im Klartext: Er wird einen großen Bogen um das Anwesen Bauernende Sieben machen, das aber gerade darum erst recht der Mittelpunkt der ganzen Exkursion sein wird.
    Was hat er denn sonst? Sein dubioser Auftrag ist im Grunde längst erledigt. Es ist eine Geschichte, zu der es nichts zu erzählen, sondern höchstens etwas aufzuzählen gibt: nämlich Schauplätze, die nichts miteinander zu tun haben. Der Parkplatz eines Hallenbads. Ein Grab. Der Fundort einer Leiche, irgendwo zwischen Wald und Gewässer. Ein Geschäftshaus, dessen Neubau schlecht gesichert war.
    Abseits von allem aber liegt dieses Crammenow. Trotzdem beharrt in Berndorfs Kopf eine widerspenstige Gehirnwindung darauf, dass der Schlüssel zu allem hier zu finden sein muss, in oder rund um die Datsche des verqueren, aus der Zeit gefallenen, seine selbstgedrehten Zigaretten qualmenden Revolutionärs.
    Er trinkt die letzte Tasse Kaffee, holt seinen Mantel und macht sich auf den Weg. Die Luft ist frisch, wenn auch mit einer Beimischung von Schweinegülle, von Zeit zu Zeit reißen die Wolken

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