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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Spritze.
    «Ja, mein Herr.» Er kam mit einem Aschenbecher aus dunklem Onyx von der Größe einer Altarbibel und hielt ihn mit beiden Händen, während ich meine Zigarette ausdrückte. Dann drehte er sich um, den Aschenbecher immer noch in den Händen, und verschwand im Korridor, während ich zurückblieb und mich fragte, was ich Haupthändler sagen sollte, wenn er mich empfing. Ich verfolgte keine bestimmte Absicht und bildete mir nicht eine Minute ein, daß er bereit sein würde, Ilse Rudels Geschichte über ihn und Grete Pfarr zu erörtern. Ich stocherte bloß ein wenig herum. Man stellte zehn Leuten zehn blöde Fragen, und plötzlich trifft man irgendwo auf einen empfindlichen Punkt. Manchmal, wenn man sich die Mühe machte, genau hinzusehen, kam einem die Erkenntnis, daß man etwas gefunden hatte. Es ähnelte ein wenig dem Goldwaschen. Jeden Tag ging man runter zum Fluß und durchsuchte, Pfanne für Pfanne, den Schlamm. Und nur gelegentlich, vorausgesetzt, man hielt die Augen offen, fand man einen schmutzigen kleinen Stein, der wirklich ein Goldbröckchen war.
    Ich ging zum Fuß der Treppe und blickte ins Treppenhaus hinauf. Ein großes rundes Dachfenster erleuchtete die Gemälde an den scharlachroten Wänden. Ich sah mir ein Stillleben an, das einen Hummer und einen Zinnkrug zeigte, als ich hinter mir auf dem Marmorboden Schritte hörte.
    «Es ist von Karl Schuch, wissen Sie », sagte Haupthändler. «Ist eine Menge Geld wert.» Er hielt inne und fügte hinzu: «Aber sehr, sehr langweilig. Bitte, hier entlang.» Er ging voran in Six' Bibliothek.
    «Leider habe ich nicht viel Zeit für Sie. Sehen Sie, für die morgige Beerdigung habe ich noch sehr viele Dinge zu erledigen. Ich bin sicher, Sie verstehen das.» Ich nahm auf einem der Sofas Platz und zündete mir eine Zigarette an. Haupthändler kreuzte die Arme, und das haselnußbraune Leder seiner Sport jacke spannte sich über seine ansehnlichen Schultern. Er lehnte sich an den Schreibtisch seines Chefs.
    «Nun, weswegen wollten Sie mich sprechen?» «Eigentlich wegen der Beerdigung», sagte ich, aufs Geratewohl an seine Bemerkung anknüpfend. «Ich möchte wissen, wo sie stattfindet.»
    « Ich muß um Entschuldigung bitten, Herr Gunther», antwortete er. «Leider ist mir nicht der Gedanke gekommen, daß Herr Six Ihre Teilnahme wünschte. Er hat alle Vorbereitungen mir überlassen, während er im Ruhrgebiet ist, aber er hat nicht daran gedacht, Anweisungen bezüglich einer Liste der Trauergäste zu hinterlassen.»
    Ich versuchte, verlegen auszusehen. «Oje », sagte ich, «bei einem Klienten wie Herrn Six wäre ich natürlich gern in der Lage gewesen, seiner Tochter die letzte Ehre zu erweisen. Das ist so Sitte. Aber ich bin sicher, er wird das verstehen.»
    «Herr Gunthep), sagte Haupthändler nach einer kurzen Stille. «Würden Sie es mir übelnehmen, wenn ich Ihnen jetzt eine handschriftliche Einladung geben würde? » «Überhaupt nicht», sagte ich. «Wenn Sie sicher sind, daß das keine Ungelegenheiten bereitet.»
    «Das ist keine Affäre», sagte er. «Ich habe ein paar Karten hier.» Er ging um den Schreibtisch herum und öffnete eine Schublade.
    «Arbeiten Sie schon lange für Herrn Six? »
    « Ungefähr zwei Jahre », sagte er abwesend. «Vorher war ich als Diplomat im Deutschen Konsularischen Dienst tä-

    tig.» Er nahm eine Brille aus seiner Brusttasche und setzte sie auf die Spitze seiner Nase, bevor er die Einladung ausschrieb.
    « Und Sie kannten Grete Pfarr gut? »
    Er warf mir einen schnellen Blick zu. « Eigentlich kannte ich sie überhaupt nicht», sagte er. «Man sagte sich guten Tag.»
    «Wissen Sie, ob sie Feinde hatte, eifersüchtige Liebhaber, etwas in der Art?» Er war mit dem Schreiben fertig und drückte die Karte auf das Löschblatt.
    «Ich bin ziemlich sicher, daß sie keine Feinde hatte», sagte er knapp, nahm seine Brille ab und schob sie wieder in die Tasche.
    «Tatsächlich? Was ist mit ihm? Pau!.»
    «Über ihn kann ich Ihnen noch weniger sagen, fürchte ich », sagte er und steckte die Karte in einen Umschlag. «Kamen er und Herr Six miteinander aus?»
    «Sie waren keine Feinde, wenn es das ist, worauf Sie anspielen. Ihre Differenzen waren rein politischer Art.» «Nun, das läuft heutzutage schon auf ziemlich grundsätzliche Fragen hinaus, finden Sie nicht?»
    «Nicht in diesem Fall, nein. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, Herr Gunther, ich muß wirklich wieder an die Arbeit.»
    «Ja, natürlich.»
    Er reichte mir die

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