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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Neumann zu deren unansehnlichsten Vertretern. Seine Augenbrauen, die sich wanden und zuckten wie zwei vergiftete Raupen, waren durch ein wirres Gekräusel ungleich dichter Haare verbunden. Hinter dicken Brillengläsern, wegen der schmierigen Daumenabdrücke fast undurchsichtig, blickten seine grauen Augen unstet und nervös und waren dauernd damit beschäftigt, den Boden abzusuchen, als ob er erwarte, im nächsten Augenblick platt darauf zu liegen. Zigarettenrauch quoll zwischen seinen Zähnen hervor, die vom Tabak so tiefbraun gefärbt waren, daß sie wie zwei hölzerne Lattenzäune aussahen.
    «Sie sind doch nicht in Schwierigkeiten, oder? » Neumanns Gesicht nahm einen phlegmatischen Ausdruck an. «Ich schulde einigen Leuten ein bißchen Kies, das ist alles.»
    « Wieviel ? »
    «Zwei Hunderter.»

    «Also fahren Sie nach Karlshorst und versuchen, ein bißchen davon zu gewinnen, stimmt's? »
    Er zuckte die Achseln. «Vnd wenn ich gewinne?» Er drückte seine Zigarette aus und wühlte in seinen Taschen nach einer neuen. «Haben Sie einen Sargnagel ? Ich hab keine mehr.» Ich warf eine Packung auf den Tisch.
    «Behalten Sie sie », sagte ich und gab uns Feuer. «Zwei Hunderter, wie? Sie wissen, ich könnte Ihnen vielleicht aus der Klemme helfen. Vielleicht sogar noch was drauflegen. Das heißt, wenn ich die richtige Information kriege.»
    Neumann hob die Augenbrauen. «Was für eine Information? »
    Ich machte einen tiefen, langen Lungenzug. «Den Namen eines Schränkers. Muß ein erstklassiger Profi sein. Hat vor einer Woche einen Safe geknackt und ein paar Klunkern gestohlen.»
    Er schürzte die Lippen und schüttelte langsam den Kopf. «Ich habe nichts gehört, Herr Gunther.»
    « Gut, wenn Sie was hören, denken Sie dran, mir Bescheid zu sagen.»
    «Andererseits», sagte er und senkte die Stimme, «könnte ich Ihnen was erzählen, das Ihnen Pluspunkte bei der Gestapo verschaffen würde.»
    «Was ist das? »
    «Ich weiß, wo ein jüdisches V-Boot sich versteckt.» Er lächelte selbstzufrieden.
    «Neumann, Sie wissen, daß ich an diesem Mist nicht interessiert bin.» Doch kaum hatte ich es gesagt, als mir meine Klientin, Frau Heine, und ihr Sohn einfielen. «Einen Augenblick», sagte ich. «Wie heißt der Jude?» Neumann nannte mir den Namen und grinste, ein ekelhafter Anblick. Auf der Stufenleiter des Lebens rangierte er nicht höher als der Kalkschwamm. Ich drückte ihm meinen Finger auf die Nase. «Wenn mir zu Ohren kommt, daß man dieses V-Boot geschnappt hat, brauch ich nicht lange zu rätseln, von wem die Information stammt. Ich verspreche Ihnen, Neumann, ich rücke Ihnen auf die Bude und reiß Ihnen den verdammten Arsch auf."
    «Was ist mit Ihnen los?" winselte er. «Seit wann mimen Sie den Ritter ohne Fehl und Tadel? »
    « Seine Mutter ist eine Klientin von mir. Bevor Sie vergessen, daß Sie je von ihm gehört haben, will ich seine Adresse, damit ich sie seiner Mutter sagen kann.»
    «Schon gut, schon gut. Aber die wird Ihnen doch was wert sein, oder?» Ich nahm meine Brieftasche heraus und gab ihm einen Zwanziger. Dann notierte ich mir die Adresse, die Neumann mir gab.
    «Sie würden einen Mistkäfer anekeln», sagte ich. «Also, was ist mit diesem Safeknacker ? »
    Er warf mir einen wütenden Blick zu. «Habe ich Ihnen nicht gesagt, daß ich nichts weiß? »
    «Sie sind ein Lügner.»
    «Ehrlich, Herr Gunther, ich weiß nichts. Wenn ich was wüßte, würde ich's Ihnen sagen. Ich brauch das Geld, nicht wahr?" Er schluckte heftig und wischte sich mit einem Taschentuch, das eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit darstellte, den Schweiß von der Stirn. Er vermied meinen Blick und drückte seine Zigarette aus, die erst halb geraucht war.
    «Sie verhalten sich nicht wie jemand, der nichts weiß», sagte ich. «Ich glaube, Sie haben vor irgendwas Angst.» «Nein", sagte er mit ausdrucksloser Stimme.
    «Haben Sie mal vom Schwulendezernat gehört?» Er schüttelte den Kopf. «Man könnte vielleicht sagen, das waren früher mal Kollegen von mir. Ich habe gedacht, wenn ich feststelle, daß Sie mir was verheimlichen, könnte ich mit denen mal ein Wörtchen reden. Ich könnte ihnen erzählen, Sie wären ein stinkender, kleiner Hundertfünfundsiebziger. »

    « Sehe ich so aus, als würd ich Zitronen lutschen? Ich bin nicht schwul, und Sie wissen, daß ich's nicht bin.»
    «Ja, aber die wissen es nicht. Wem werden sie wohl glauben?»
    «Das würden Sie nicht tun.» Er packte mein Handgelenk. «Nach allem, was

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