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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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hoch, und wir gingen durch die Tür.
    Drinnen waren Wände und Fußboden mit einer verwaschenen gelben Farbe gestrichen. An den Wänden standen Schlafkojen für zwölf Arbeiter, drei davon ohne Matratze, drei weitere von Männern belegt, die lediglich ihre Unterwäsche trugen. In der Mitte der Baracke stand ein Kanonenofen aus schwarzem Schmiedeeisen, dessen Rohr direkt durch das Dach führte, und daneben ein großer Holztisch. Daran saßen vier Männer und spielten Skat um ein paar Pfennig. Weiser wandte sich an einen der Kartenspieler.
    «Dieser Bursche kommt aus Berlin », sagte er. «Er möchte dir ein paar Fragen stellen.»
    Der Mann, ein solider Klotz mit einem Kopf von der Größe eines Baumstumpfes, studierte sorgfältig die Innenfläche seiner großen Hand, sah zum Vorarbeiter hoch und blickte darauf mich argwöhnisch an. Ein andrer Mann stieg aus seiner Koje und begann lässig, mit einem Besen den Fußboden zu fegen.
    Ich war in meinem Leben schon besser vorgestellt worden, und ich war nicht überrascht, daß diese Art Bock nicht gerade mit Vertrauen erfüllte. Ich wollte gerade meinen eigenen Zusatz zu Welsers unangemessenem Hinweis machen, als Bock von seinem Stuhl aufsprang und meinen Kiefer, der ihm im Weg war, mit einem gezielten Haken beiseite schleuderte. Es war kein richtiger Schlag, doch hart genug, mir einen kleinen Dampfkessel zwischen die Ohren zu pflanzen und mich von den Beinen zu holen. Ein oder zwei Sekunden später hörte ich ein kurzes, dumpfes Klirren, als schlage jemand mit einer Suppenkelle gegen einen ZinnteIler. Als ich wieder klar sehen konnte, drehte ich mich um und sah Welser, der über dem wie tot daliegenden Körper Bocks stand. In der Hand hielt er eine Kohlenschaufel, mit der er dem großen Mann offenbar den Schädel gestreichelt hatte. Stühle und Tischbeine scharrten, als Bocks Mitspieler auf die Füße sprangen.
    «Regt euch ab, alle», schrie Weiser. «Dieser Bursche ist kein verdammter Polyp, er ist Privatdetektiv. Er ist nicht hier, um Hans zu verhaften. Er will ihm bloß ein paar Fragen stellen, das ist alles. Er sucht nach einer vermißten Person.» Er zeigte auf einen der Skatbrüder. «Du da, hilf mir mal.» Dann blickte er mich an. «Sind Sie in Ordnung? » Ich nickte benommen. Weiser und der andere Mann bückten sich und hoben Bock, der im Eingang lag, hoch. Ich konnte sehen, daß es nicht leicht war; der Mann sah schwer aus. Sie setzten ihn auf einen Stuhl und warteten, bis er sich den Kopf klargeschüttelt hatte. Währenddessen sagte der Vorarbeiter den übrigen Männern in der Baracke, sie sollten für zehn Minuten rausgehen. Die Männer in den Kojen erhoben keinen Widerspruch, und ich begriff, daß Welser ein Mann war, der es gewohnt war, daß man ihm ohne Murren gehorchte.
    Als Bock zu sich kam, sagte ihm Weiser, was er den anderen bereits gesagt hatte. Es wäre mir lieber gewesen, er hätte das gleich zu Anfang getan.
    «Ich bin draußen, wenn Sie mich brauchen», sagte Weiser, schob die letzten Männer aus der Baracke und ließ uns beide allein.
    «Wenn Sie kein Polyp sind, müssen Sie einer von Dieters Jungens sein.» Bocks Stimme kam seitlich aus seinem Mund, und ich sah, daß seine Zunge für seinen Mund um vieles zu groß war. Ihre Spitze blieb irgendwo in der Backe verborgen, so daß ich nur ihren dicksten Teil, die große rosafarbene Unterseite, sah.
    «Hören Sie, ich bin kein kompletter Idiot», sagte er heftiger. «Ich bin nicht so verrückt, daß ich mich umbringen laß, um Kurt zu decken. Ich hab wirklich keine Ahnung, wo er ist.» Ich nahm mein Zigarettenetui heraus und bot ihm eine an. Schweigend gab ich uns bei den Feuer.
    « Passen Sie mal auf. Erstens, ich bin keiner der Jungens vom Roten Dieter. Ich bin wirklich Privatdetektiv, wie der Mann gesagt hat. Aber mir tut der Kiefer weh, und wenn Sie nicht alle meine Fragen beantworten, wird Ihr Name derjenige sein, den die Burschen vom Alex aus dem Hut ziehen, wenn sie auf das Pökelfleisch in der Pension Tillessen stoßen.» Bock erstarrte auf seinem Stuhl. « Und wenn Sie sich von diesem Stuhl bewegen, dann werde ich Ihnen den verdammten Hals brechen.» Ich zog mir einen Stuhl heran und setzte einen Fuß auf die Sitzfläche, so daß ich mich auf mein Knie stützen und ihn beobachten konnte.
    « Sie können nicht beweisen, daß ich in der Nähe war», sagte er.
    Ich grinste ihn an. « Kann ich nicht?» Ich nahm einen tiefen Zug und blies ihm den Rauch ins Gesicht. « Bei Ihrem letzten Besuch in

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