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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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sagte ich. «Da ist nur noch ein Punkt. Was wissen Sie über diesen Captain Linden? Sie sagten, daß Bek ker ihn in Berlin getroffen hätte. War er hier stationiert? »
    «Ja. Ich hatte ihn vergessen, oder?» Poroschin stand auf und ging zum Aktenschrank, auf dem der Tatar sein geleertes Glas hatte stehenlassen. Er zog eine der Schubladen heraus und fuhr mit den Fingern über die oberen Ränder der Akten, bis er die gefunden hatte, die er suchte.
    «Captain Edward Linden », las er, zu seinem Stuhl zurück kehrend. «Geboren in Brooklyn, New York, 22. Februar 1907. Studium an der Cornell-Universität mit einem Abschluß in Deutsch 1930; diente im Spionageabwehrkorps 970; vorher bei der 26. Infanteriedivision, stationiert im Camp-King-Vernehmungscenter, Oberursel, als Entnazifizie rungsoffizier; vor kurzem versetzt zum US-Document Center in Berlin als Verbindungsoffizier von Crowcass. Crowcass ist das Zentralregister der US-Armee für Kriegsverbrechen und politisch Verdächtige. Es ist leider nicht sehr viel.»
    Er legte die Akte aufgeschlagen vor mich hin. Die sonder baren griechisch aussehenden Buchstaben bedeckten nicht mehr als eine halbe Seite.
    «Mit dem Kyrillischen komme ich nicht so gut zurecht»,
    sagte ich.
    Poroschin schien das nicht zu überzeugen.
    «Was ist unter dem US-Document Center zu verstehen?» «Es ist in einem Gebäude im amerikanischen Sektor, am
    Rand des Grunewalds untergebracht. Das Document Center ist das Archiv für amtliche und Parteidokumente der Nazis, die bei Kriegsende von den Amerikanern und Briten beschlag nahmt wurden. Sie haben dort die vollständigen Listen der Parteimitglieder, und so kann man leicht herausfinden, wenn Leute in ihrem Entnazifizierungsverfahren lügen. Ich wette, man würde dort sogar Ihren Namen irgendwo finden.»
    «Wie ich schon sagte, ich war nie Parteimitglied.» «Nein», grinste er, «natürlich nicht.» Poroschin nahm die Akte und schob sie zurück in den Aktenschrank. «Sie haben nur Befehle ausgeführt.»
    Es war offenkundig, daß er mir weder das glaubte noch davon überzeugt war, daß ich nicht in der Lage war, St. Ky rills byzantinisches Alphabet zu entziffern; zumindest was den zweiten Punkt betraf, war sein Argwohn berechtigt.
    «Und jetzt, wenn Sie keine weiteren Fragen mehr haben, muß ich Sie wirklich verlassen. Ich muß in einer halben Stunde in der Staatsoper im Admiralspalast sein.» Er schnallte seinen Gürtel ab, schrie nach Jeroschka und Jego roff und schlüpfte in seinen Uniformrock.

    «Sind Sie schon mal in Wien gewesen?» fragte er und be festigte sein Kreuzbandelier unter der Epaulette.
    «Nein, nie.»
    «Die Leute sind genau wie die Architektur», sagte er und betrachtete sein Aussehen prüfend in der Fensterscheibe. «Sie sind nur Fassade. Alles, was an ihnen interessant ist, scheint an der Oberfläche zu liegen. Im Inneren sind sie ganz anders. Sie sind ein Völkchen, mit dem ich prächtig arbeiten könnte. Alle Wiener sind geborene Spione.»
    7
    «Du bist gestern nacht wieder spät gekommen», sagte ich.
    «Ich hab dich nicht geweckt, oder?» Sie glitt nackt aus dem Bett und ging zum Bodenspiegel in der Ecke unseres Schlafzimmers. «Im übrigen bist du selber neulich nacht spät gekommen.» Sie begann ihren Körper zu inspizieren. «Es ist so angenehm, wieder eine warme Wohnung zu haben. Wo in aller Welt hast du die Kohlen aufgetrieben? »
    «Ein Klient.»
    Ich sah ihr zu, wie sie dastand, über ihr Schamhaar strich, mit der Handfläche ihren Bauch glättete, ihre Brüste anhob, prüfend über den zusammengepreßten, feingezeichneten Mund fuhr, über eingesunkene Wangen und schrumpfendes Zahnfleisch und sich schließlich herumdrehte, um ihr ein we nig schlaff werdendes Hinterteil abzuschätzen, während ihre knochige Hand, an deren Finger die Ringe jetzt ein wenig lockerer saßen, am Fleisch einer Pobacke zupfte, und nie mand brauchte mir zu sagen, was ihr durch den Kopf ging. Sie war eine reizvolle, reife Frau, entschlossen, von dem, was die Zeit ihr gelassen hatte, vollen Gebrauch zu machen.
    Ich fühlte mich verletzt und verärgert und sprang aus dem Bett, um festzustellen, daß mein Bein unter mir einknickte.

    «Du siehst prima aus», sagte ich müde und humpelte in die Küche.
    «Hört sich nach ein bißchen wenig an für ein Liebesso nett », rief sie.
    Auf dem Küchentisch fand ich neue Sachen aus dem PX Laden: ein paar Dosensuppen, ein Stück echte Seife, ein paar Tütchen Süßstoff und ein Päckchen Kondome.
    Immer

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