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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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ande ren Namen.» Er klappte einen Ordner zu und machte sich an den zweiten.
    «Ich kann nicht sagen, daß mich Ihr Mangel an Ruinen stört», bemerkte ich. «Ich komme aus Berlin. Wir haben Ruinen in epischem Ausmaß.»
    «Weiß ich doch. Aber dieser Engländer, den ich empfan gen muß, will jede Menge Ruinen hier in Wien. Genau wie Berlin. Genau wie Rossellini.» Er seufzte verzweifelt. «Ich frage Sie: Was haben wir, abgesehen vom Ring und dem Opernviertel ? »
    Ich schüttelte mitfühlend den Kopf.
    «Was erwartet ihr? Der Krieg ist seit mehr als drei Jahren vorbei. Stellt er sich vor, wir hätten mit dem Wiederaufbau gewartet, bloß für den Fall, daß ein englisches Filmteam hier aufkreuzt? Vielleicht dauern solche Dinge in England länger als in Österreich. Es würde mich nicht überraschen, wenn ich die Menge an Papierkram bedenke, den sie in England pro duzieren. Ein solches Bürokratenpack habe ich noch nie kennengelernt. Der Himmel weiß, was ich diesem Burschen er zählen werde. Bis sie angefangen haben zu drehen, werden sie mit viel Glück noch ein kaputtes Fenster finden.»
    Er schob ein Blatt Papier über den Tisch. An der linken oberen Ecke war ein Bild von der Größe eines Paßfotos an geheftet.
    «Lotte Hartmann », verkündete er.
    Ich warf einen Blick auf den Namen und das Foto. «Sieht so aus.»
    «Jetzt erinnere ich mich an sie», sagte er. «Sie war nicht ganz das, was wir für diesen Film suchten, aber ich sagte ihr, ich könnte in dieser englischen Produktion eventuell etwas für sie finden. Sieht gut aus, das muß man ihr lassen. Aber, um Ihnen die Wahrheit zu sagen, Herr Gunther, sie ist keine große Schauspielerin. Ein paar Statistenrollen am Burgthea ter während des Krieges, und das war's. Trotzdem, die Eng länder machen einen Film über den schwarzen Markt, also brauchen sie 'ne Menge Flittchen. Angesichts von Lütte Hartmanns spezieller Erfahrung, dachte ich, könnte sie eine von ihnen sein.»
    «Ja? Welche Erfahrung hat sie denn? »
    «Sie war mal Animierdame im Casanova Club. Und jetzt ist sie Croupier im Casino Oriental. Hat sie mir wenigstens erzählt. Nach allem, was ich weiß, könnte sie eine der exoti schen Tänzerinnen sein, die da auftreten. Wie auch immer, wenn Sie nach ihr suchen, hier ist die Adresse, die sie hinter lassen hat.»
    «Was dagegen, wenn ich mir das Blatt ausleihe?» «Bitte sehr.»
    «Da ist noch etwas: Sollte Fräulein Hartmann, aus wel chem Grund auch immer, mit Ihnen in Verbindung treten, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie die Sache für sich behiel ten.»
    Ich stand auf, um zu gehen. «Danke», sagte ich, «Sie wa ren eine große Hilfe. Oh, und viel Glück mit Ihren Ruinen.»

    Er grinste sarkastisch. « Ja, gut, sollten Sie irgend welche wackligen Mauern sehen, geben Sie ihnen einen Schubs, seien Sie so gut.»
    An diesem Abend kam ich gerade rechtzeitig in das Orien tal, um die erste Show um Viertel nach acht zu sehen. Das Mädchen, das nackt auf der pagodenähnlichen Tanzfläche in Begleitung eines sechsköpfigen Orchesters tanzte, hatte Au gen, die so kalt und hart waren wie das schwärzeste Stück von Pichlers Porphyr. Verachtung war in ihr Gesicht ge schrieben, genauso unauslöschlich wie die Vögel, mit denen ihre kleinen, mädchenhaften Brüste tätowiert waren. Ein paarmal mußte sie ein Gähnen unterdrücken, und einmal schnitt sie dem Gorilla eine Grimasse, der abgeordnet war aufzupassen, sollte jemand dem Mädchen seine Dankbarkeit zeigen wollen. Als sie nach fünfundvierzig Minuten zum Ende ihrer Darbietung kam, war ihr Knicks eine Verspottung derer, die zugeschaut hatten.
    Ich winkte einem Kellner und wandte meine Aufmerksam keit dem Club selbst zu. « Das Wundervolle Ägyptische Nacht Cabaret », wie das Oriental sich selber auf dem Streichholz heftehen beschrieb, das ich aus dem Messingaschenbecher genommen hatte, war sicherlich schmierig genug, um für et was Mittelöstliches durchzugehen, zumindest in den Augen eines Ausstatters in den Sieveringer Studios.
    Eine lange, geschwungene Treppe führte hinunter in das auf maurisch getrimmte Innere mit seinen vergoldeten Säulen, der kuppel artig gewölbten Decke und den zahlreichen persischen Wandteppichen an den mit falschen Mosaiken bedeckten Wänden. Der feuchtkalte Kellergeruch, der Rauch von billi gem türkischem Tabak und die Zahl der Prostituierten trugen zur echt orientalischen Atmosphäre bei. Ich wartete nur noch darauf, daß der Dieb von Bagdad an dem intarsienverzierten Holztisch

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