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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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denken Sie? »
    « Erstens», sagte Belinsky nachdenklich, «ist es der IP nicht erlaubt, bei diesem Geschäft mitzumachen. An der Ein gangstür ist ein diesbezügliches großes Schild. Mit Ihrem Eintrittsgeld von zehn Schilling sind Sie für eine Nacht Mit glied in einem, man muß sagen, Privatclub, und das bedeutet, daß die IP hier nicht einfach reinmarschieren, den Teppich beschmutzen und die Blumenfrau verschrecken kann.»
    «Also gut», sagte ich, «sie warten draußen und machen Stichproben bei allen Leuten, wenn sie den Club verlassen. Es gibt bestimmt nichts, was sie davon abhalten könnte, oder? Sie nehmen Lotte und mich als Verdächtige hopp: sie, weil sie ein Flittchen ist, und mich, weil ich in eine Gaunerei verwickelt bin.»
    Der Kellner kam mit unserem Bier. Unterdessen begann die zweite Show. Belinsky nahm einen Schluck und lehnte sich zurück, um zuzuschauen.
    «Die Puppe mag ich», knurrte er und zündete seine Pfeife an. « Sie hat einen Arsch wie die Westküste von Afrika. Warten Sie nur, bis sie ihn sehen.» Zufrieden paffend, die Pfeife zwi schen seine gebleckten Zähne geklemmt, hielt er die Augen auf das Mädchen gerichtet, das seinen Büstenhalter ablegte.
    « Ich könnte das vielleicht hinkriegen», sagte er schließlich. «Nur das Schmieren können Sie bei den Amerikanern verges sen. Nein, wenn Sie eine Bestechung vortäuschen wollen, dann muß es schon ein Iwan oder ein Franzmann sein. Wie es der Zufall will, hat das CIC einen russischen Offizier in der IP umgedreht. Offenbar versucht er, sich seine Passage in die Vereinigten Staaten zu erarbeiten, also ist er gut für Dienstpläne, Personalausweise, Tips, das Übliche eben. Eine vorgetäuschte Verhaftung dürfte seine Fähigkeiten nicht überschreiten. Und durch einen glücklichen Zufall haben die Russen diesen Monat den Vorsitz. Also dürfte es nicht schwer sein, eine Nacht auszusuchen, in der er Dienst hat.»
    Belinskys Grinsen wurde breiter, als das tanzende Mäd chen seine Höschen von seinem kräftigen Hintern zog und einen winzigen Stringslip enthüllte.
    « Oh, schauen Sie sich das an! » grinste er und strahlte wie ein Schuljunge. « Einen hübschen Rahmen um ihren Arsch, und ich könnte ihn mir an die Wand hängen.» Er goß sein Bier hinunter und zwinkerte mir lüstern zu. «Eins muß man euch Krauts lassen. Eure Weiber sind genausogut gebaut wie eure Autos.»
    20
    Meine Kleidung schien mir wirklich besser zu passen. Meine Hosen schlackerten nicht mehr um meine Hüften wie die Pantalons eines Clowns. Wenn ich in meine Jacke schlüpfte, kam ich mir nicht mehr wie ein Schuljunge vor, der voller Optimismus die Anzüge seines toten Vaters anprobiert. Und mein Hemdkragen umschloß meinen Hals so fest wie der Verband den Arm eines Feiglings. Es gab keinen Zweifel, daß ich während der zwei Monate in Wien zugenommen hatte, so daß ich jetzt mehr dem Mann ähnelte, der ins sowjetische Kriegsgefangenenlager gegangen, und weniger dem Mann, der daraus zurückgekehrt war. Doch obgleich mich das freute, betrachtete ich es nicht als Entschuldigung, aus der

    Form zu kommen. Deshalb hatte ich beschlossen, weniger Zeit damit zu verbringen, im Cafe Schwarzenberg herumzu sitzen, und mir mehr Bewegung zu machen.
    Es war die Jahreszeit, in der die entlaubten Bäume des Win ters anfingen, Knospen zu treiben und es sich nicht mehr von selbst verstand, einen Mantel zu tragen. Da nur ein Kreide strich von einer Wolke an der ansonsten durchgehend blauen Himmelstafel zu sehen war, beschloß ich, einen Spaziergang um den Ring zu machen und meine Pigmente der warmen Frühlingssonne auszusetzen. Wie ein Kronleuchter, der für den Raum, in dem er hängt, zu groß ist, so waren auch die amtlichen Gebäude an der Ringstraße, errichtet in einer Zeit anmaßenden kaiserlichen Optimismus, irgend wie zu groß kotzig, zu prächtig in Anbetracht der geographischen Reali tät des neuen Österreich. Als Land mit sechs Millionen Ein wohnern war Österreich nicht mehr als das dicke Endstück einer sehr großen Zigarre. Es war weniger ein Ring, auf dem ich spazierte, denn ein Rauchring.
    Der amerikanische Wachtposten vor dem von den Amis re quirierten Hotel Bristol hatte sein rosafarbenes Gesicht hoch gereckt, um die Strahlen der Morgensonne abzubekommen. Sein russisches Gegenstück, der Soldat, der das gleichermaßen requirierte Grand Hotel nebenan bewachte, sah aus, als habe er sein ganzes Leben im Freien verbracht, so dunkel waren seine Züge. Auf die Südseite des

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