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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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zu General Schörners Armee in Weißrußland. Ich war Nachrichtenoffizier.»
    «In der Abwehr? »
    «Ja. Inzwischen sprach ich ein bißchen Russisch. Auch ein bißchen Polnisch. Meine Hauptarbeit war das Übersetzen.» « Und wo gerieten Sie schließlich in Gefangenschaft? » «Königsberg in Ostpreußen. April I945. Ich wurde in die Kupferbergwerke im Ural geschickt.»

    «Wohin genau, wenn es Ihnen nichts ausmacht?»
    «Nähe Swerdlowsk. Dort vervollkommnete ich mein Rus sisch.»
    «Wurden Sie vom KGB verhört? »
    «Natürlich. Viele Male. Sie waren an jedem interessiert, der Nachrichtenoffizier gewesen war.»
    «Und was haben Sie ihnen erzählt?»
    « Offen gesagt, ich erzählte ihnen alles, was ich wußte. Zu diesem Zeitpunkt war der Krieg vorbei, es schien also keine große Rolle mehr zu spielen. Natürlich verschwieg ich, daß ich früher bei der SS gewesen war und beim OKW gearbeitet hatte. Die SS-Leute kamen in ein Sonderlager, wo sie entwe der erschossen oder überredet wurden, für die Sowjets im Komitee Freies Deutschland zu arbeiten. Auf diese Weise scheint man den größten Teil der deutschen Polizei rekrutiert zu haben. Und, wenn ich das sagen darf, die Staatspolizei hier in Wien.»
    « Ganz recht.» Sein Ton war gereizt. «Fahren Sie fort, Herr Gunther.»
    «Eines Tages sagte man einer Gruppe von uns, man würde uns nach Frankfurt an der Oder verlegen. Das dürfte im De zember 1946 gewesen sein. Man sagte uns, wir kämen in ein Erholungslager. Wie Sie sich denken können, fanden wir das ziemlich merkwürdig. Ja, im Transportzug belauschte ich zwei Wachen und hörte, wir seien für ein Uranbergwerk in Sachsen bestimmt. Ich nehme an, keiner von beiden hatte eine Ahnung, daß ich Russisch konnte.»
    «Können Sie sich an den Namen des Ortes erinnern? » «Johanngeorgenstadt im Erzgebirge, an der tschechischen Grenze.»
    «Danke», sagte der Baron schroff, «ich weiß, wo das ist.» «Sobald sich mir die Gelegenheit bot, sprang ich aus dem Zug, kurz nachdem wir die deutsch-polnische Grenze über quert hatten, und dann schlug ich mich nach Berlin durch.» «Waren Sie in einem der Lager für Heimkehrer? »

    « Ja, in Staaken. Gott sei Dank war ich nicht lange dort.
    Die dortigen Krankenschwestern hatten an uns Plennis kein großes Interesse. Sie waren nur scharf auf amerikanische Sol daten. Glücklicherweise fand das Wohlfahrtsamt der Kom munalverwaltung meine Frau beinahe sofort unter meiner al ten Adresse.»
    «Da können Sie von Glück sagen, Herr Gunther», meinte der Baron. «In mancher Hinsicht. Meinen Sie nicht auch, Helmut?»
    «Wie ich Ihnen sagte, Baron, Herr Gunther ist ein einfalls reicher Mann», sagte König und streichelte abwesend seinen Hund.
    «Das ist er tatsächlich. Aber sagen Sie mir eines, Herr Gunther, hat sich niemand von Ihnen über Ihre Erfahrungen in der Sowjetunion berichten lassen? »
    «Leute wie Sie, zum Beispiel? »
    Es war König, der antwortete. «Mitglieder unserer Orga nisation haben eine große Anzahl heimgekehrter Plennis be fragt», sagte er. «Unsere Leute stellen sich als Sozialpfleger, Historiker und so weiter vor.»
    Ich schüttelte den Kopf. «Vielleicht, wenn ich offiziell ent lassen worden und nicht geflohen wäre ... »
    «Ja », sagte der Baron. «Das muß der Grund sein. In diesem Fall, Herr Gunther, können Sie zweimal von Glück sagen. Weil wir nämlich, wären Sie offiziell entlassen worden, mit ziemlicher Sicherheit gezwungen gewesen wären, Sie erschie ßen zu lassen, eine Vorsichtsmaßnahme, um die Sicherheit un serer Gruppe zu schützen. Sehen Sie, was Sie über die Deut schen sagten, die überredet wurden, für das Komitee Freies Deutschland zu arbeiten, war vollkommen richtig. Es waren diese Verräter, die in der Regel als allererste entlassen wurden. Hätte man Sie in ein Uranbergwerk im Erzgebirge geschickt, wie man es vorhatte, wären Sie nicht länger als acht Wochen lang am Leben geblieben. Es wäre leichter gewesen, sich von den Russen erschießen zu lassen. Sie sehen also, daß wir Ihnen nun vertrauen können, da wir wissen, daß die Russen Sie für den Tod bestimmt hatten.» Der Baron stand jetzt auf, die Be fragung war offenbar vorüber. Ich sah, daß er größer war, als ich angenommen hatte. König glitt von der Fensterbank und stellte sich neben ihn.
    Ich erhob mich von meinem Stuhl und schüttelte schwei gend die ausgestreckte Hand des Barons und dann die von König. Darauf lächelte König und reichte mir eine seiner Zi garren. «Mein

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