Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bernie und Chet

Titel: Bernie und Chet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spencer Quinn
Vom Netzwerk:
Nicht allzu weit entfernt war ein nervöses, hohes Bellen zu hören, von der Art, wie sie unsereins manchmal während eines unruhigen Schlafs von sich gab; und ich dachte an das Gebäude in der nächsten Seitenstraße mit all den Käfigen und der weißen Rauchwolke. Suzie bog nicht ab, sondern fuhr ein paar Blocks weiter und erreichte den Lebensmittelladen, aus dem Anatoly Bulganin mit einer Tüte voll Essen gekommen war. Keine Autos davor, aber die Lichter brannten, und ein Mann saß mit eingesunkenen Schultern hinter der Theke. Suzie hielt an, zog ihr Handy heraus.
    »H i«, sagte sie. »L ou? Viel los heute?« Sie hörte zu; ich hörte die Stimme eines Mannes am anderen Ende. »W ärst du so nett, für mich eine Recherche zu machen, wenn du Zeit hast?«, fuhr Suzie fort, »u nd zwar zu ›R asputin‹ zusammen mit ›G host Mine‹.« Weiteres Zuhören. »W ie der verrückte russische Mönch«, sagte sie. Der Mann am anderen Ende hatte eine laute Stimme, aber ich konnte die einzelnen Wörter nicht verstehen. »N ein«, sagte Suzie, »e r ist schon vor langer Zeit gestorben, und darum geht es auch gar nicht – es hat nichts mit ihm oder dem Zaren zu tun. Nur ein Name, Lou. R-A-S-P-U-T-I-N … ja, wie Putin, nur mit einem Ras am Anfang … ja, stimmt, Rastafaris sind was komplett anderes.« Sie unterbrach die Verbindung und sah mich an. »I ch hab von einem Job bei der Washington Post geträumt, so wie Woodward und Bernstein.« Suzies Traum glitt vorbei, so was war mir völlig fremd. In meinen Träumen ging es immer nur ums Jagen im Canyon, darum, Bösewichte zur Strecke zu bringen, und manchmal um Steaks mit Steaksauce. Ich fand es besonders toll, wenn Bernie ein Gittermuster auf das Fleisch grillte, ohne dass ich hätte sagen können, warum.
    Suzie ließ die Fenster runter. Wüstenluft wehte herein, kühl und frisch, das hieß, der Morgen ließ nicht mehr lange auf sich warten. Suzie rieb sich über die Oberarme und zitterte, so, als wäre es ihr tatsächlich kalt. »A ls ich klein war, hatte ich einen Hund«, sagte sie. »D ann ließen sich meine Eltern scheiden, und er kam ins Tierheim.«
    Ich betrachtete sie in dem Licht, das aus dem Lebensmittelladen fiel. Eine traurige Geschichte, das wusste ich – und ich würde garantiert nicht in einem Tierheim enden wollen –, aber ich fand es trotzdem schön, wie … na ja, eigentlich alles, von Anfang bis Ende.
    »B ist ein guter Junge, Chet«, sagte sie und öffnete ihre Tür. »I ch hole mir schnell einen Kaffee.« Sie stieg aus und ging in den Lebensmittelladen. Mein Magen fühlte sich immer noch wie zugeschnürt an, aber ich wusste, dass es dort drin Hundespaghetti gab. Ein paar wenige würde ich vielleicht schaffen.
    Im Rückspiegel tauchten Scheinwerfer auf. Ich blickte nach hinten und sah einen Pick-up die Straße entlangfahren, nicht besonders schnell. Beim Näherkommen konnte ich das Gesicht des Fahrers sehen, ein blasser Kreis hinter der Windschutzscheibe. Sehr blass mit langen Schatten, die von breiten, hervorstehenden Wangenknochen geworfen wurden; winzige Ohren und helle Haare, fast weiß, auch wenn er nicht alt war: Boris! Ich erkannte Boris sofort, klar, ich würde sicher niemanden vergessen, der mich mit einem Messer verletzt hatte, niemals. Ich richtete mich auf meinem Sitz hoch auf und hätte beinahe gebellt. Aber ich wusste, dass das schlecht wäre und dass Bernie gewollt hätte, dass ich in diesem Moment still war, eine kleine Bewegung mit der Hand gemacht hätte, unter uns. Ruhig, Chet, wir werden sie uns ohne großes Aufhebens schnappen.
    Der Pick-up – hell, nicht so groß wie unser – kam immer näher. Als er neben mir war, konnte ich Boris ’ Gesicht im grünen Schein der Armaturenbeleuchtung ganz genau sehen. Er lächelte. Dieses grüne Lächeln machte mich rasend. Ich dachte nicht nach – das war Bernies Ressort und konnte es von mir aus auch bleiben –, sondern sprang einfach aus dem Fenster und landete auf der Straße hinter dem Pick-up. Der Pick-up fuhr viel schneller, als ich aus dem Inneren von Suzies Auto heraus geschätzt hätte. Ich lief hinterher, rannte schneller und schloss auf, als Boris die einzige Ampel der Stadt erreichte. Rot, aber er fuhr weiter, drückte sogar noch ein bisschen aufs Gas. Letzte Chance. Ich sammelte all meine Kraft und sprang, ein Riesensatz, einer meiner allerbesten, über die Heckklappe drüber, runter auf die Ladefläche des Pick-up, eine sanfte, lautlose Landung.
    Oder auch nicht: Durch das schmale

Weitere Kostenlose Bücher