Bernie und Chet
nie gehört hatte. Es klang nach einem Weibchen, aber ich war mir nicht ganz sicher. Kurze Pause. Und dann – ja: Es war eine Sie, die da bellte. Ein Bellen, das eine Botschaft in sich trug, eine Sie-Botschaft der aufregendsten Art. Ich bellte zurück. Sie bellte. Ich bellte. Sie bellte. Und dann: kläff, kläff, kläff. Da war wieder Iggy. Er bellte. Sie bellte. Ich bellte. Er bellte. Sie …
»C het! Was soll der Krach? Komm, wir gehen.«
Bernie hielt das Tor auf. Ich raste an ihm vorbei und sprang in den Porsche. Kopilotensitz.
Cap ’ n Crunch saß auf seiner Stange und beobachtete uns, gab aber keinen Pieps von sich. Wir waren wieder in Madisons Schlafzimmer. Bernie stellte Fragen. Cynthia antwortete ihm, ihre Antworten halfen uns allerdings nicht weiter. Das konnte ich Bernies Gesicht ansehen, der Art, wie sich seine Augenbrauen zusammenzogen. Ich schnüffelte herum. Madisons Zimmer roch nicht mehr so wie vorher. Ich warf einen Blick unter den Fernsehtisch. Das Beutelchen mit Marihuana war verschwunden.
»H aben Sie die Polizei angerufen?«, fragte Bernie.
»N och nicht. Ich wollte erst mit Ihnen reden.«
»R ufen Sie sie an«, sagte Bernie. Er schrieb etwas auf seine Karte. »F ragen Sie nach diesem Mann.«
»H eißt das, Sie wollen mir nicht helfen?«
»D arf ich offen sein?«
»N atürlich.« Cynthias Hände zitterten, nur ganz leicht, aber ein, zwei Sekunden lang konnte ich meinen Blick nicht davon abwenden.
»W arum setzen wir uns nicht?«, fragte Bernie.
Cynthia setzte sich auf Madisons Bett. Bernie setzte sich an den Schreibtisch. Ich setzte mich, wo ich war: auf einem weichen Teppich mit Blumenmuster.
»I hre Tochter macht einen ziemlich intelligenten Eindruck«, begann Bernie, »u nd ich bin überzeugt, dass sie im Grunde ein braves Mädchen ist. Aber irgendwann fangen sie an, unabhängig zu werden und ein Leben zu führen, von dem sie ihren Eltern nicht unbedingt etwas erzählen.«
»W as wollen Sie damit sagen?«
»A n dem Abend, als Madison so spät nach Hause kam und diese Geschichte von Dr. Schiwago erzählte«, sagte Bernie. »E s war genau das, eine Geschichte.«
Cynthia wurde bleich. Das ist das Gegenteil von Rotwerden, dabei weicht das Blut aus dem Gesicht. Allein aus der Menge von Blut im Gesicht eines Menschen ließ sich eine ganze Menge schließen. »W oher wissen Sie das?«, fragte sie.
Bernie erklärte ihr, woher er es wusste, es hing irgendwie mit Tennisplätzen zusammen; ich hatte es vielleicht schon mal gehört, aber mittlerweile wieder vergessen. Ich beugte mich ein bisschen zur Seite und kratzte mich hinterm Ohr. Ah. Das tat gut. Dann leckte ich mir ein-, zweimal übers Fell, einfach so, aus Spaß.
»K urz gesagt, ich schätze, sie taucht bald wieder auf und präsentiert Ihnen eine neue Geschichte«, sagte Bernie.
Cynthia schüttelte den Kopf. »S ie würde nie die ganze Nacht wegbleiben, egal was passiert. Und wenn, dann wäre sie bei einer Freundin, und von denen hat sie keine gesehen – ich habe jede einzelne angerufen.«
»H aben Sie auch Tim angerufen?«, fragte Bernie.
»W elchen Tim?«
»D en Jungen aus der Abschlussklasse, der sie angeblich von der North Valley Mall nach Hause gefahren hat.«
Cynthia öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Das sah ich immer gerne, keine Ahnung, warum.
»U nd was ist mit Damon?«, fragte Bernie. »I hrem Ex?«
»D as Schwein hat sie nicht gesehen.«
Bernie kratzte sich hinter seinem Ohr. »S ie scheinen sich … äh … nicht ganz grün zu sein.«
»E r hat meine Fähigkeiten als Mutter in Zweifel gezogen«, sagte Cynthia. »D azu hat er überhaupt kein Recht!«
Bernie hob die Hände, dann ließ er sie wieder sinken. Das gehörte zu seiner Art, nichts zu sagen. Cynthia starrte ihn einen Moment lang an, dann brach sie in Tränen aus. Bernies Augenbrauen sprangen in die Höhe. Ich stand auf und schlug mit der Pfote nach einer Wollmaus.
»B itte«, schluchzte Cynthia, »s agen Sie, dass Sie sie finden. Geld spielt keine Rolle.«
»I ch habe doch eben versucht, Ihnen klarzumachen, dass sie gar nicht verschwunden ist«, sagte Bernie. »S ie könnte wie beim letzten Mal jeden Moment hier reinspazieren. Und wenn sie das tut, dann rate ich Ihnen, dass Sie drei – Sie, Damon und Madison – sich zusammensetzen und …«
Cynthia schluchzte nur noch lauter. »M uss ich vor Ihnen auf die Knie fallen und darum betteln?«
»A ber nein. Nein, nein, nein«, sagte Bernie. »G ott, nein.« Es war ihm anzusehen, dass er
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