Bernie und Chet
voraus zur Hügelkuppe.
Gleich darauf entdeckte ich eine Eidechse, eine von den grünen mit den winzigen Augen! Sie sah mich auch und suchte das Weite. Ich setzte ihr nach, hatte sie schnell eingeholt, setzte mit ausgestreckten Vorderpfoten zum Sprung an und landete mitten auf ihr. Na ja, vielleicht nicht so ganz mitten drauf. Was war jetzt los? Sie war in einem Loch verschwunden, einem kleinen runden Loch im Boden. Ich fing sofort an zu graben, fand einen guten, schnellen Rhythmus für alle vier Pfoten und hatte schon bald ein großes Loch gebuddelt. Doch dann stieg mir plötzlich etwas in die Nase, ein ekelhafter Geruch mit einem Hauch von Speck, der nur eins bedeuten konnte: Nabelschweine.
Ich hob den Kopf, nahm Witterung auf. Kein Zweifel, der Geruch kam von einer Stelle etwas weiter unten am Hügel, näher am Weg. Ich sah mich um und stellte fest, dass ich ein Loch gebuddelt hatte; keine Ahnung, warum. Ich hielt die Nase an den Boden und folgte dem Geruch.
Er wurde immer stärker. Das würde ein Spaß werden! Nichts geht über Jagen, das ist einfach das Beste. Und wenn ich den kleinen Quieker erst erwischt hatte, nur er …
»C het! Chet!«
Ich drehte mich um. Bernie lief nicht mehr, er bewegte sich überhaupt nicht mehr; er stand auf dem Weg, die Hände in die Hüften gestemmt, und seine Brust hob und senkte sich.
»K omm, wir gehen heim.«
Das war alles? Das Laufen und In-Form-Bringen war beendet? Aber genau in diesem Moment, als der Spaß beinahe schon wieder vorbei war, erspähte ich das Nabelschwein, ein dickes, fettes Examplar, und noch dazu ganz nah. Gleich darauf stürmte ich volle Pulle los, dass mir der Wind nur so um die Ohren blies. Das Nabelschwein zeigte mir die Zähne – als ob mich das aufhalten könnte! – und machte einen kleinen Schwenk zur Seite. Ich machte ebenfalls einen kleinen Schwenk, sämtliche Haare auf meinem Rücken stellten sich auf, mir war gleichzeitig heiß und kalt und …
Aua.
Ich prallte mit voller Wucht gegen einen von diesen dünnen Kakteen, die mit den Stacheln.
Zu Hause in der Küche zog mir Bernie die Stacheln mit einer Pinzette heraus, einen nach dem anderen, bei meiner Schnauze fing er an. »I ch werde in Zukunft drei- oder viermal in der Woche laufen gehen. Du wirst also ein bisschen an deinem Urteilsvermögen arbeiten müssen, wenn du mitkommen willst.«
Ohne mich laufen? Kam ja gar nicht in Frage. Klar würde ich an meinem Urteilsvermögen arbeiten, was immer das war.
Er zog noch einen Stachel heraus. Ah. Schon viel besser. Der Schmerz ließ rasch nach; ich konnte mich kaum noch daran erinnern.
»S chlurfen? Der werd ich zeigen, was …«
Das Telefon läutete. Bernie ging nicht ran, ließ die Maschine antworten. Das Lämpchen begann zu blinken, und eine Frauenstimme ertönte.
»M r Little? Hier ist Cynthia Chambliss. Madison ist schon wieder verschwunden. Sie ist jetzt länger als einen Tag weg. Ich habe bis jetzt nichts unternommen, weil ich daran dachte, wie es das letzte Mal war, aber jetzt mache ich mir wirklich Sorgen.«
Bernie hob ab. Er hörte zu. Seine Hände tasteten herum, fanden Zigaretten. Er zündete sich eine an.
Kapitel 5
Bernie öffnete eine Plastiktüte. »E rinnerst du dich?«, fragte er, holte den zusammengelegten Kopfkissenbezug heraus und hielt ihn mir unter die Nase.
Ich schnüffelte kurz daran: jung, weiblich, mit einem Hauch von Honig, Kirsche und dieser sonnenfarbenen Blume, die am Straßenrand wächst. Natürlich erinnerte ich mich; dass er überhaupt fragte, war schon fast eine kleine Beleidigung.
»S chau mich nicht so an«, sagte Bernie.
Ich? Wie schaute ich denn? Ich schlenderte hoch erhobenen Schwanzes auf die Terrasse und nahm einen kühlen Schluck an dem kleinen Brunnen, den Leda dort aufgestellt hatte. Das Wasser lief aus dem Schnabel eines Schwans aus Stein. Ich hatte noch nie einen echten Schwan gesehen und fragte mich gerade, ob Schwäne wohl leicht zu fangen wären, als ich Iggy bellen hörte. Sein Bellen war sehr hoch, ein verärgert klingendes Kläff-kläff-kläff. Ich bellte zurück. Kurze Stille, dann bellte er wieder. Ich bellte zurück. Er bellte. Ich bellte. Er bellte. Ich bellte. Er bellte. Wir kamen in einen guten Rhythmus und wurden immer schneller. Ich bellte. Er bellte. Ich …
Eine Frau rief: »I ggy, verflixt noch mal, hör auf, dich so aufzuführen!« Eine Tür wurde zugeknallt. Iggy war still. Ich bellte weiter. Was war das? Aus der Ferne ertönte ein Antwortbellen, ein Bellen, das ich noch
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