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Bernstein Verschwörung

Bernstein Verschwörung

Titel: Bernstein Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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anderen Skulpturen des
Brunnennachbaus aus Triest konnten sich im Brunnenwasser erfrischen
und schienen die Dusche unter dem wolkenlosen Himmel über
Elberfeld zu genießen. Heike hatte sich an einem der freien
Tische im Außenbereich des Starbucks niedergelassen und
schlürfte einen eiskalten Kakao-Cappucino. Während sie im
Schaum rührte, genoss sie das bunte Treiben zwischen Neumarkt
und dem Kerstenplatz. Einst, nach der Schließung des
Hertie-Kaufhauses, zu einem Schandfleck heruntergekommen, war hier
ein fast mondän anmutender Platz im Herzen der Elberfelder
City entstanden. Straßencafes und der gute alte Elberfelder
Wochenmarkt zu Füßen des Rathauses lockten bei
Sonnenschein zahlreiche Menschen hierher. Der Wind wehte die
verschiedenen Düfte der Marktbeschicker über den Platz.
Am Nebentisch hatten zwei junge Mütter alle Hände voll
damit zu tun, ihre Babys bei Laune zu halten, als eine Horde
kreischender Teenager vorüberzog und es mit der Ruhe
endgültig vorbei war.   
    Das Rathaus schien in
der Hitze des späten Nachmittags dahinzudämmern. Die
einst prächtige Sandsteinfassade war in mehr als 110 Jahren
nachgedunkelt; die Kupferdächer hatten längst Patina
angesetzt und unterstrichen so den historischen Charme des 1900 von
Kaiser Wilhelm eingeweihten Gebäudes. Damals hatte der Kaiser
nebst Gattin das Rathaus gemeinsam mit der Schwebebahn und der
Barmer Ruhmeshalle eingeweiht; dafür waren sie eigens aus dem
fernen Berlin angereist. Unwillkürlich erinnerte sich Heike an
ihre Zeit in der Bundeshauptstadt. Sie hatte dort eine Weile als
Korrespondentin der Wupperwelle gelebt und gearbeitet. Bald schon
aber hatte sie festgestellt, dass die Politik, über die sie
zumeist aus dem Hauptstadtstudio berichtet hatte, nicht ihr Ding
war. Sie liebte es, sich unter Menschen zu mischen und Reportagen
dort zu machen, wo die Geschichten spielten. Außerdem hatte
Stefan ihr während dieser Zeit gefehlt. Und so war sie,
nachdem sie in Wuppertal alle Zelte abgebrochen hatte, nach einem
knappen Jahr in die Schwebebahnstadt zurückgekehrt. Wohnung
und Auto hatte sie verkauft, und so war sie froh gewesen,
vorübergehend bei Stefan unterzukommen. Die große Uhr
auf dem hohen Rathausturm läutete zur vollen Stunde, als ein
Schatten auf Heikes Tisch fiel. Heike erwachte aus ihrer Lethargie
und blickte auf. »Sie müssen Frau Göbel
sein.« Ein hochgewachsener Mann mit strahlend blauen
Augen und schlohweißen, dichten Haaren war an den Tisch
getreten. Er lächelte. »Mein Name ist Heinrich
Große, angenehm.« Seine Stimme klang warm und
freundlich.    
    Heike schätzte
Große auf Anfang sechzig. Trotz seiner ergrauten Haare wirkte
der Historiker fast jugendlich auf sie. Seine Haut war braun
gebrannt, und sie konnte es sich beim besten Willen nicht
vorstellen, dass ein Mann wie er sich auf die Sonnenbank legte.
Auch sein Kleidungsstil war durchaus modebewusst, so trug er ein
Poloshirt in blassem Gelb zu einer modisch geschnittenen Jeans. Das
Einzige, was nicht zu seiner Kleidung passte, waren die groben
Sicherheitsschuhe, wohl ein Attribut an seine Arbeit als Forscher,
dachte Heike. »Schön, dass Sie sich die Zeit genommen
haben«, sagte sie, nachdem sie sich vorgestellt und
Große einen Stuhl zurechtgerückt hatte. Er setzte sich.
»Ich habe gezögert, um offen zu sein. Viele halten mich
für einen Idioten.«
    »Wenn sich
jemand in der Geschichte unserer Stadt auskennt, dann dürften
Sie das sein«, bemerkte Heike sachlich. »Also halte ich
mich mit meinen Vorurteilen zurück.«
    »Was
möchten Sie im Radio senden?« Er faltete die Hände
auf dem runden Tisch.
    »Nichts -
zunächst jedenfalls. Der Fall ist ein wenig kompliziert, und
ich weiß nicht genau, wie viel ich Ihnen erzählen darf.
Ich recherchiere gerade an einer Geschichte und bin dringend auf
Ihre Hilfe angewiesen. Es geht, wie ich in unserem Telefonat schon
angedeutet hatte, um Ihre Bemühungen, das Bernsteinzimmer hier
in Wuppertal zu finden.«
    »Ja ja«,
nickte er versonnen. »Das gute alte
Bernsteinzimmer.«
    »Was wissen Sie
darüber?«
    »Was ich
darüber weiß? Was wollen Sie denn hören?«,
konterte er mit einer Gegenfrage und lehnte sich in dem bequemen
Stuhl zurück, um die Hände hinter dem Kopf zu
verschränken.
    »Sie haben die
Legende des Bernsteinzimmers nach Wuppertal gebracht«,
erinnerte Heike ihn lächelnd. »Und ich traue Ihnen zu,
dass Sie Ihre Vermutungen mit guten Argumenten untermauern
können.«
    »Das alles hat
in den letzten

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