Bernstein Verschwörung
Aschenbecher.
»Wir
recherchieren für einen Radiobeitrag, bei dem es um das
Bernsteinzimmer geht«, eröffnete Heike ihm.
Augenblicklich lagen die Blicke aller Anwesenden auf ihr. Mirja
Blum hatte sich schnell einen bequemen Hausanzug übergezogen.
Die Personenbeschreibungen der beiden Täter hatte sie Bock
bereits gegeben, und er hatte einen Zeichner angefordert, der
Phantombilder der beiden anfertigen sollte. Doch offenbar war der
Mann aufgehalten worden, und sie schien sich in ihrer eigenen
Wohnung fremd und überflüssig zu fühlen. Nun stand
sie eingeschüchtert bei der Gruppe und sagte kein Wort. Sogar
die beiden Spurensicherer hatten beim Wort
»Bernsteinzimmer« die Arbeit unterbrochen. Stille war
eingekehrt. Die Luft in der verwüsteten Wohnung schien
plötzlich elektrisch aufgeladen zu sein. Ein Funke hätte
genügt, und alles wäre explodiert, da war Stefan sich
sehr sicher. Er warf Heike einen gequälten Blick zu, der
»ich wusste, dass das die falsche Bemerkung war« sagen
sollte. Doch sie hielt seinem Blick stand, bevor sie ihre
Aufmerksamkeit auf Norbert Ulbricht richtete. Dieser blickte sie
starr an, dann zuckte es in seinen Mundwinkeln, und er lachte.
»Das Bernsteinzimmer?«, polterte er los. »Sind
Sie jetzt völlig durchgedreht? Ich war froh, dass man nicht
mehr jeden Tag neuen Mist über diese Geschichte in der Zeitung
lesen musste, und jetzt fangen Sie wieder damit an?« Er
schüttelte den Kopf. »Frau Göbel, langsam
weiß ich wirklich nicht mehr, woran ich bei Ihnen bin. Soll
ich Ihre
Aussage so in mein Einsatztagebuch schreiben?« Er klopfte die
Asche mit dem rechten Zeigefinger ab und nahm einen tiefen Zug von
seiner Zigarette. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können,
wir machen unseren Beruf und sagen Ihnen ja auch nicht, wie Sie
Ihren machen sollen«, konterte Heike trotzig. Ulbricht wollte
etwas erwidern, hatte den Mund schon geöffnet, dann brach er
ab und blickte sich zu seinen Kollegen um, die wie zur
Salzsäule erstarrt einen Halbkreis um ihn gebildet hatten.
»Was glotzt ihr so dämlich?«, blaffte er sie an.
»Seid ihr schon fertig mit der Arbeit? Dann können wir
ja abhauen hier.« Er deutete auf Heike. »Ich vernehme
hier gerade eine Zeugin, also - ab an die Arbeit, bevor ich
durchdrehe!« Die Männer tummelten sich.
»Wobei das
Bernsteinzimmer ja streng genommen nicht in deine Abteilung
fällt«, grinste Jupp Bock. »Kunstraub ist Sache
des KK 14.«
»Auch
gut«, bellte Ulbricht. Er legte den Zeigefinger der rechten
Hand an die Schläfe und wandte sich zum Gehen. »Dann
habt ihr die Sache ja sicher bald im Griff, und ich kann Schluss
machen für heute.« Im Türrahmen angekommen, drehte
er sich auf dem Absatz um. Sein Gesicht hatte eine tiefrote
Färbung angenommen, seine Augen blitzten auf. »Sagt mal,
seit ihr jetzt alle total bescheuert? Macht eure Arbeit, sonst gibt
es Ärger. Und lasst mich gefälligst meinen Job tun - ich
werde jetzt mit meinem Verhör fortfahren«, er blickte zu
Bock hinüber, »wenn es recht ist.«
Jupp Bock verzog den
Mund und wandte sich ab, um ein paar Worte mit dem Team der
Spurensicherung zu wechseln. Ȇbrigens gibt es keine
verräterischen Fingerabdrücke«, rief er Ulbricht
zu. »Die Täter haben Handschuhe getragen. Wie auch beim
Mord im Bunker, da war nämlich auch nichts zu finden. Und wie
beim Mord an Trautler.«
»Schön,
dass wir alle im Erzählkreis davon hören«, blaffte
Ulbricht und packte Heike am Arm, um sie in die ebenfalls
völlig verwüstete Küche der Wohnung zu ziehen.
Stefan schenkte er keine Beachtung mehr. Das Geschirr war bei dem
Überfall zu Bruch gegangen, und bei jedem Schritt knirschte es
unter ihren Füßen. »Das alles haben Sie eben nicht
gehört«, redete Ulbricht auf Heike ein. »Ist das
klar?«
»Sie wollen mir
einen Maulkorb auferlegen?« Heike hob eine Augenbraue.
»Die Sache mit der Pressefreiheit muss ich Ihnen aber jetzt
nicht noch mal erklären,
oder?«
»Ich kann mich
auch bei Herrn Eckhardt über Sie beschweren, vielleicht wird
er dann endlich vernünftig und legt Sie an die Leine. Dann
machen Sie ab morgen den Wetterbericht«, zischte
Ulbricht.
»Das lassen Sie
mal meine Sorge sein.« Heike gab sich trotzig. Es ging ihr
gegen den Strich, wenn man sie ausbremste. Der Umstand, dass
Eckhardt und Ulbricht seit Jahren befreundet waren, machte die
Sache allerdings nicht gerade leichter. Und so beschloss sie,
zunächst kleine Brötchen zu backen.
»Also«,
sagte sie in einem
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