Bernsteinsommer (German Edition)
ihrem Platz sitzen, um sich nur ja keine Blöße zu geben.
„So, die Küche ist wieder sauber. Deine Freundin soll sich ja später nicht über uns ärgern.“
„Danke, dass du das übernommen hast, Finn.“
„Keine Ursache, du hast die Hauptarbeit beim Kochen erledigt, und in jeder Wohngemeinschaft gibt es schließlich eine Art Putzplan, oder?“ Er grinste und nahm einen großen Schluck von seinem Rotwein. „Das Essen war wirklich toll“, lobte er sie noch einmal. „Du kochst sagenhaft gut.“
Kira lächelte. „Meistens macht es mir auch richtig Spaß.“
„Na, dann ergänzen wir uns ja irgendwie, denn ich habe äußerst ungern richtigen Hunger“, erwiderte er und ließ sein leises dunkles Lachen hören.
Kira fühlte eine seltsame Verlegenheit in sich aufsteigen und griff nach ihrem Glas.
„Ähm … ich bin ziemlich müde. Ich denke, ich sollte bald zu Bett gehen“, stellte sie nach einigen Minuten des gemeinsamen Schweigens fest.
Seine dunkelbraunen Augen fixierten sie so, wie sie es schon den ganzen Abend getan hatten. „Ganz wie du willst.“ Er räusperte sich. „Ich hoffe, du wirst es mir nicht übel nehmen, aber … ich muss dich über Nacht leider wieder im Schlafzimmer einschließen.“
„Du würdest mir also nicht glauben, wenn ich dir sagte, dass ich nicht einfach so abhauen werde?“
„Keine Chance.“ Wieder setzte er ein breites und ziemlich einnehmendes Grinsen auf. „Tut mir leid, aber das ist nun mal mein Job“, fügte er nach einer kleinen Pause noch hinzu, während sein Blick für eine ganze Weile auf der Höhe ihres Mundes zur Ruhe kam. So blieb ihm auch nicht verborgen, wie sie unwillkürlich ihre volle Unterlippe zwischen die Zähne zog.
Immer wenn sie das tut, dachte er, sieht sie aus wie ein unschuldiger Teenager. Angestrengt konzentrierte er sich nun darauf, einen möglichst ruhigen Atemrhythmus beizubehalten.
Kira registrierte indes nur, dass seine Miene wieder vollkommen ernst wurde.
„Gut, dann trinke ich jetzt noch meinen Wein aus, und anschließend werde ich mich brav fürs … Bett fertig machen“, verkündete sie, und ihre Stimme klang ein bisschen belegt, was Kira auch selbst bemerkte. In den letzten paar Minuten war ihr unendlich heiß geworden. Es war ihr auch zunehmend unangenehm, dass sie aus irgendeinem Grund ständig das Gefühl hatte, jeder Satz, der zwischen ihnen fiel, könnte eventuell zweideutig oder gar anstößig klingen.
Kiras Blick senkte sich auf Finns kräftige Hände, und ein Schauer lief ihr den Rücken hinab. Als er sich nur Sekunden später in seinem Sessel ein Stück vorbeugte, wich sie unbewusst vor ihm zurück. Die knisternde Spannung, die sich schon seit Stunden immer mehr zwischen ihnen aufbaute, schien nun nahezu greifbar in der Luft zu hängen. Es war schlichtweg nicht mehr möglich, sie weiterhin zu ignorieren.
Finn stellte geräuschvoll das Weinglas ab, atmete mit geschlossenen Lidern tief durch und rieb sich über das Gesicht; dann sah er sie wieder an.
„Vielleicht solltest du besser schon jetzt in diesem Zimmer dahinten verschwinden“, sagte er rau. Seine Augen waren nun fast schwarz, und sogar das Grübchen in seinem Kinn schien sich zu vertiefen. Kira erwiderte seinen brennenden Blick und hätte um ein Haar laut aufgeseufzt. Unterdessen schien jede Faserihres Körpers nach einer einzigen Berührung seiner Hände zu lechzen. Unter ihrer Bauchdecke war die Hölle los. Sie war sich sicher, dass Finn ihre Begierde auch dieses Mal ganz genau spüren konnte.
„Geh endlich, Kira!“, flüsterte er nachdrücklich.
Ihr Verstand gab ihm recht. Noch vor wenigen Minuten hatte sie sich ja schließlich selbst zur Vorsicht ermahnt. Sobald sie das Schlafzimmer erreicht und die Tür hinter sich geschlossen hatte, würde er auf der anderen Seite zutiefst erleichtert den Schlüssel herumdrehen. Das wusste sie so sicher, wie sie ihren Namen kannte. Vielleicht mochte er sich selber nur keine Schwäche mehr eingestehen. Oder aber er wollte tatsächlich ihre Gefühle schonen; das konnte sie nicht mit Sicherheit sagen. Jedenfalls stand fest, dass es für sie beide besser war, wenn sie nicht noch einmal ihrem körperlichen Verlangen nachgaben.
Ja, Finn hatte wirklich recht, sie musste sofort von ihm weg, bevor einer von ihnen der bröckelnden Mauer ihrer Selbstbeherrschung doch noch den entscheidenden Stoß verpasste – denn dazu bedurfte es höchstens noch eines weiteren tiefen Blickes, auch das war Kira bewusst.
Wortlos nickte sie
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