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Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Titel: Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schuler
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Erinnerung ruft, dass Reinhard Mohn der Austausch mit den Gewerkschaften zwei Jahrzehnte zuvor sehr wichtig zu sein schien. Damals sprach er oft von Partnerschaft. Der Bund zwischen Gewerkschaften und Mohn schien intakt zu sein. 1988 zeichnete Mohn mit dem ersten Carl Bertelsmann-Preis den »Beitrag der Tarifparteien zur Entwicklung der Gesellschaft« aus. Allerdings reagierten die Gewerkschaften ablehnend, als Mohn 1970 seine Mitarbeiter am Unternehmen beteiligt hat und sein Modell zum Modell für Deutschland machen wollte. Sie forderten nicht nur Beteiligung am Kapital, sondern Mitsprache.
    Tatsächlich kündigten Gewerkschaften jetzt die Mit- und Zusammenarbeit auf. Ver.di fasste entsprechende Beschlüsse; die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wurde von den Mitgliedern in einem Beschluss angewiesen, die Kontakte auf Vorstandsebene auf das Nötigste einzuschränken und keine gemeinsamen Veranstaltungen mehr abzuhalten. Umstritten bleibt, was das konkret heißt: Darf sich ein Vorstandsmitglied regelmäßig mit der Stiftung austauschen? Dieser Beschluss trifft die Stiftung besonders hart, investiert sie doch rund 20 Prozent ihres Budgets in die Reform des Bildungswesens. In einem eiligen Statement betonte die Stiftung daraufhin, sie lehne eine Kommerzialisierung oder Privatisierung von Schulen ab. Sie sei jederzeit gesprächsbereit. Aber die GEW sieht ein grundsätzliches Problem in der Überzeugung der Stiftung, dass Erfolge in den Schulen messbar seien. Messbarkeit ist aber einer der Grundsätze Mohns, den die Stiftung nicht aufgeben will.
    Die Stiftung reagierte auf die zunehmende Kritik nicht mit Argumenten, sondern mit Schlagworten und Bildern. Sie wollte damit die Massen erreichen. Für den Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, Gunter Thielen, gehe es darum, Reputation und breite Beachtung in der Öffentlichkeit zurückzugewinnen, schrieb Rainer Hank im Dezember 2007 in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung . Thielen sei der Auffassung, die Stiftung leide unter ihrer »gefühlten« Intransparenz: »Wir haben noch nicht genügend deutlich gemacht, warum die Stiftung für die Gesellschaft wichtig ist.« Die Projekte und Ergebnisse seien zu kompliziert präsentiert worden. Um besser verstanden zu werden, wolle die Stiftung sich dem Boulevard öffnen. Thielen: »Statt kompliziert über frühkindliche Bildung zu philosophieren, müssen wir bewegte Bilder krabbelnder Kinder zeigen.«
    Die neue Kommunikationschefin der Stiftung, Karin Schlautmann, sollte die Boulevardisierung umsetzen. Die ehemalige Journalistin hatte früher als Chefreporterin und Ressortleiterin Unterhaltung für die Bild -Zeitung, für Thomas Gottschalks Late Night Show , für die Bunte , die Gala und zuletzt als Chefredakteurin für die bei Gruner + Jahr erscheinende Zeitschrift Frau im Spiegel gearbeitet. Im November 2006 war sie als Chefredakteurin nach Gütersloh gereist, um Liz Mohn zu interviewen und hatte in Frau im Spiegel anschließend ein Bild ohne Brüche gezeichnet, das Liz Mohn offenbar gefiel. Schlautmann kam aus der Gütersloher Gegend und hatte hier bei einem Lokalblatt ihre ersten Artikel geschrieben. Man kam umgehend über die neue Aufgabe ins Gespräch und am 1. Mai 2007 trat Schlautmann die neue Stelle an. Ihre Devise lautet: Positive Botschaften und nette Bilder.
    Doch die Kritiker ließen sich davon nicht beeindrucken. Im Februar 2009 erreichte ihr Druck einen Höhepunkt. Sie versammelten sich in Gütersloh und kamen überein, eine unabhängige Studie zur Frage der Gemeinnützigkeit in Auftrag zu geben. Die drei Autoren, Klaus Lindner, Michael Krämer und Wiebke Priehn, sollten untersuchen, ob die rechtliche Grundlage für die Steuerbefreiung wirklich gegeben ist. Lindner hatte sich als Anwalt in Göttingen auf Korruption spezialisiert; Krämer steht als vorsitzender Richter einer Wirtschaftsstrafkammer eines Landgerichtes in Hessen vor; Priehn ist die eingangs erwähnte Jurastudentin, die die Kritik organisiert. Die drei Autoren werfen der Stiftung in der Studie vor, sie betreibe trojanisches, also verstecktes Marketing für das Unternehmen.
    Mit dem Argument der Gemeinnützigkeit verschaffe sie der Bertelsmann AG Zugang zu Aufträgen. Sie schreiben: »Ob Privatisierung öffentlicher Dienste oder Einführung von Studiengebühren, ob Hartz IV und Sozialkürzungen oder globale Militärinterventionen und Vorgaben zur Aufrüstung, Schaffung neuer Hochschulgesetze oder eines einheitlichen Arbeitsgesetzbuches: Die

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