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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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herausnehmen dürfen.«
    Tochter Susanne heiratet 1967 Christian-Peter Henle, einen Sohn von Krupps Konkurrenten und Widersacher Günter Henle, Großaktionär bei der Klöckner-Gruppe, Musikverleger und Freund Adenauers. Als Beitz die Verlobung seinem Chef mitteilt, fragt Alfried Krupp: »Muss das sein?« Beitz meint heute dazu: »So war das mit ihm. Das mochte er nicht, dass ausgerechnet durch meine Tochter jetzt so ein einflussreicher Schwiegervater in die Familie kam. Alfried Krupp wollte mich für sich alleine haben.«
    Dennoch stellt er die Wahl der Tochter nicht in Frage. Er tut es auch nicht bei der Jüngsten, Bettina, die an der Universität Münster Thomas Poullain kennenlernt und 1981 heiratet, den Sohn von Ludwig Poullain, der als Chef der West LB in den Jahren 1967 bis 1977 enge, wenn auch keineswegs spannungsfreie Beziehungen zu Beitz und zur Firma Krupp pflegt. Bettina Poullain sagt heute, nur halb im Scherz: »Was wir am Anfang auf allen Seiten oft gehört haben, ist das Wort ›ausgerechnet …‹.« Aber das ficht sie nicht an, und den Vater auch nicht.
    Else Beitz führt seit dem Umzug nach Essen ein Leben mit vielen Aufgaben, die sie dazu zwingen, ihre jüngste Tochter Bettina immer wieder dem Personal anzuvertrauen. Sie muss den anspruchsvollen Haushalt organisieren und das Personal anleiten, als Gastgeberin agieren, sie muss sich um die verwitwete Schwiegermutter und bald darauf um ihren verwitweten Vater kümmern, denn beide ziehen in das benachbarte Gästehaus, wo sie nach einigen Jahren ihr Leben beschließen. Zeitweise beleben fünf Hunde Haus und Garten. Vor allem aber ist Else Gesprächspartnerin und engste Vertraute ihres Mannes und spielt, stets makellos frisiert und gekleidet, perfekt die ihr zugewiesene Rolle in seinem Berufsleben. Denn in den ersten Nachkriegsjahrzehnten sind die Frauen der Industriellen wie selbstverständlich dabei – bei den festlichen Essen und Empfängen in den Festsälen der Villa Hügel oder den großen Bällen des BDI , dem Ball des Sports, dem Bonner Presseball –, und sie waren Gastgeberinnen für größere Gesellschaften. »Das alles wurde erwartet«, bestätigt der ehemalige Protokollchef Kurt Schoop im Rückblick, »die Damen saßen nicht wie heute oft daheim und warteten, wann ihre Männer endlich zurückkommen.« Else Beitz begleitet also ihren Mann, wenn die Königin von Thailand oder der Kaiser von Äthiopien auf den Hügel kommt. Manchmal, wenn es dann doch zu später Stunde ums Geschäft geht, ziehen sich die Herren mit einem Cognac ins Raucherzimmer zurück. Eine reine Männerwelt ist diese Gesellschaft aber dennoch nicht. »Man muss sich das so vorstellen«, sagt Liselotte Schoop heute, »der Beruf der Männer hat unser Leben damals dominiert, das ist wahr. Aber wir sind einfach ein Teil davon gewesen, und das hat es viel leichter gemacht.«
    Else Beitz hat noch eine weitere Aufgabe, und die heißt – Alfried Krupp. Nach der Scheidung von Vera hat sich der stille Mann noch weiter zurückgezogen. Wenn er daheim einen seiner seltenen Empfänge gibt, organisiert Else Beitz wie selbstverständlich das Essen, sie tritt dann auf wie die nichtexistente Dame des Hauses.
    Im Jahr 2010 sind Else und Berthold Beitz beeindruckende 71 Jahre verheiratet. Dafür müssen beide im Verlauf dieser langen Zeit vieles tun, denn auch die dauerhafteste Ehe besteht nicht nur aus Zeiten des Glücks. Für Else Beitz ist das Leben nicht immer leicht an der Seite eines Mannes, der rund um die Welt reist, viele Sieben-Tage-Arbeitswochen absolviert, dazu noch der Jagd verfallen und gesellschaftlich vielfach verpflichtet ist. Trotz all seiner Aktivitäten oder doch gerade ihretwegen ein überzeugter Familienmensch, hat Berthold Beitz es nie goutiert, wenn manche Vorstandsmanager wie routinemäßig ihre Gattin gegen eine jüngere eintauschen; solches Verhalten ist in seinen Augen ein Zeichen von Halt- und Charakterlosigkeit.
    Als auch die jüngste Tochter, Bettina, nach dem Abitur das Haus verlässt, beschließt Else Beitz, endlich nachzuholen, was ihr in den dreißiger Jahren die Umstände verwehrten: Sie holt das Abitur nach, studiert und promoviert noch im Alter von 73 Jahren mit »magna cum laude« über »Industriepädagogik in den Großbetrieben des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, dargestellt am Beispiel der Firma Fried. Krupp«. Wie ihr Vater August Hochheim hat sie einen großen Wissensdrang, Freude am lebenslangen Lernen und viele Interessen: Literatur, Musik,

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