Beruehre meine Seele
noch eine Reihe von Tests machen, aber alles, was sie mit Sicherheit sagen können, ist, dass ich heute Morgen noch schwanger war und es jetzt nicht mehr bin und in der Zeit dazwischen eine Menge Blut verloren habe. Der Doc meinte, so heftige Blutungen wären bei einer Fehlgeburt in den ersten drei Monaten extrem ungewöhnlich. Aber bei mir mussten sie sogar eine Transfusion machen, damit ich es überlebe.“ Dann wurde sie still, ließ sich in ihr Kissen sinken, und es sah so aus, als ob sie jeden Moment einschlief.
Jetzt oder nie, Kaylee …
„Danica, wer war der Vater?“, flüsterte ich und beugte mich in meinem Stuhl wieder nach vorn.
„Spielt keine Rolle“, flüsterte sie mit geschlossenen Lidern zurück. „Jetzt nicht mehr.“ Sie tastete nach der Fernbedienung, mit der sich das Bett verstellen ließ, und drückte einen Knopf, woraufhin das erhöhte Kopfteil sich wieder absenkte. „Ich bin müde“, murmelte sie. „Danke für den Besuch, war nett von dir …“
Ich stand auf und schaute einen Augenblick dabei zu, wie sie eindöste, dann ging ich zur Tür. Doch bevor ich sie öffnen konnte, hörte ich Danica hinter mir einen tiefen Seufzer von sich geben, und ich drehte mich noch einmal zu ihr um.
„Vielleicht wäre das früher oder später sowieso passiert, wenn nicht jetzt, dann in ein paar Jahren“, sagte sie zu sich selbst, so leise, dass ich sie kaum verstehen konnte. „Vielleicht war es eben nicht meine Bestimmung, Kinder zu bekommen. Aber dieses eine hätte ich so gern gehabt …“
„Darf ich fragen, was Sie hier verloren haben? Die Besuchszeit ist seit zwei Stunden zu Ende“, hörte ich eine weibliche Stimme hinter meinem Rücken schimpfen, als ich leise die Tür von Danicas Zimmer zuzog. Erschrocken wirbelte ich herum und sah mich einer älteren Frau in einem blassviolettfarbenen Kittel gegenüber, die ihrem Namensschild zufolge Debbie Nolan hieß und den Posten der Nachtschwester innehatte.
Ups. Ertappt …
„Ich weiß, entschuldigen Sie bitte. Leider bin ich nicht rechtzeitig von der Arbeit weggekommen, aber sie ist meine Cousine, und ich …“ Irgendwie fand ich es beunruhigend, wie leicht mir diese Lüge über die Lippen kam. Wann war ich so gut darin geworden?
„Oh …“ Schwester Nolans strenges Stirnrunzeln verschwand und wurde von einem äußerst mitleidigen Blick abgelöst. „Tut mir leid, das wusste ich nicht. Das arme Mädchen, sie ist noch so jung und muss schon so etwas Schreckliches durchmachen.“ Sie sah über ihre Schulter, als wollte sie sichergehen, dass uns niemand beobachtete, dann forderte sie mich mit einer Handbewegung auf, näher zu kommen. „Wollen Sie schnell noch zu Ihrer Tante, wenn Sie schon mal da sind?“, flüsterte sie verschwörerisch.
„Meine …?“
Meine Tante befand sich in der Unterwelt, wo sie bis in alle Ewigkeit von dem Hellion gefoltert werden würde, dem sie ihre Seele verkauft hatte. Aber Schwester Nolan meinte Danicas Mutter. Als Danica so herumgedruckst und gesagt hatte, ihre Mom sei krank, war ich davon ausgegangen, dass „krank“ eine nettere Umschreibung für sturzbetrunken, im Drogenrausch oder psychotisch sei.
„Ja, sicher …“, sagte ich schließlich und hoffte, dass mir die zuvorkommende Nachtschwester nicht ansah, dass ich ihr nur etwas vorschwindelte. Aber was hätte ich für eine angebliche Cousine abgegeben, die nicht einmal auf einen Sprung bei ihrer angeblichen Tante hereinschaute, wenn sie schon mal da war? Also musste ich mitspielen.
„Zimmer 348, am Ende des Flurs“, sagte sie, noch immer flüsternd. „Zehn Minuten, aber Sie müssen versprechen, niemandem etwas davon zu erzählen …“
„Versprochen. Vielen Dank.“ Ich hatte darauf spekuliert, mich heimlich davonschleichen zu können, sobald sie wieder im Schwesternzimmer verschwunden war, aber dazu kam es nicht. Stattdessen begleitete sie mich – hilfsbereit, wie sie war – zum Krankenhauszimmer einer mir vollkommen fremden Person, während mein Herz in heller Panik bei jedem Schritt glühend heiße Lava durch meine Adern pumpte.
Wie zur Hölle sollte ich meiner Nicht-Tante erklären, wer ich war und was mich zu so später Stunde in ihr Zimmer verschlagen hatte? Wenn Mrs Sussman mich bei meinem Dad anschwärzte, wäre ich geliefert. Besonders, wenn er bei der Gelegenheit gleich herausfand, was ich ihm bis jetzt außerdem so alles verschwiegen hatte. Er wusste nach wie vor weder von Danicas Fehlgeburt noch von unserem neuen, nicht menschlichen
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