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Beruehre meine Seele

Beruehre meine Seele

Titel: Beruehre meine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Vincent
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neueste Insasse des Lakeside war, fraß der Hellionbastard sich wahrscheinlich allein an Scotts Energie bis zum Platzen voll.
    „Halt einfach den Mund“, blaffte Scott die Wand an. „Wie soll ich ihr Angst einjagen, wenn sie gar nicht wirklich hier ist?“ Er fuhr mit der Fingerspitze über die leere Schreibtischplatte, so als würde er mit Fingerfarben malen. Oder vielleicht wollte er ja auch etwas schreiben. Schlagartig wurde mir klar, warum es in diesem Zimmer keine Bleistifte oder Kulis gab, nichts, was eventuell als Waffe herhalten könnte. Am Tag seiner Verhaftung hatte er nämlich versucht, mich zu erstechen. Später hatte man ihn dann für unzurechnungsfähig erklärt und hierher gebracht. Aber sicher würden sie ihn doch einschließen, wenn er noch immer als gefährlich galt, oder? Ob er versuchen würde, eine Halluzination anzugreifen?
    Vielleicht hätte ich besser nicht ohne Todd kommen sollen …
    „Ich weiß nicht, warum“, sagte Scott jetzt, ohne vom Schreibtisch aufzusehen, und ich fühlte mich immer mehr wie ein Voyeur, wie ich hier uneingeladen stand und ihm zuhörte, wie er mit sich selbst redete. Oder mit Avari. „Ihre Cousine ist viel heißer, aber immer muss es Kaylee Cavanaugh sein.“ Für einen Moment schwieg Scott, lauschte jemandem, den ich nicht hören oder sehen konnte, die Fingerspitze reglos auf der Schreibtischplatte. Dann schüttelte er wieder den Kopf. „Nichts. Sie steht einfach nur da und beobachtet mich. Oder sie wird die Toilette besetzen, wenn ich dringend muss. Und dann legt sie sich auf mein Bett, sobald ich müde bin. Sie weiß nämlich genau, dass ich nicht neben einem Geist schlafe – oder einer Halluzination oder was auch immer sie zum Teufel sein mag. Beim letzten Mal hat sie mich auch bis um drei Uhr morgens wach gehalten. Aber nie sagt sie auch nur einen verdammten Ton.“ Abrupt drehte er sich zu mir. „Du hast gefälligst nicht zu reden!“
    Mehr als ihn anstarren konnte ich nicht tun. Ich hatte auch keine Ahnung, was ich erwartet hatte. Immerhin wusste ich so ungefähr, was er durchgemacht hatte. Aber mit dem hier hatte ich auf keinen Fall gerechnet. Ich wusste auch nicht, was ich zu ihm sagen sollte. Also fing ich mit der einfachsten Frage an, eine, die er bestimmt schon tausend Mal gehört hatte und sicher leid sein musste.
    „Scott? Wie geht es dir?“ Die Hände hielt ich hinter dem Rücken an die Tür gepresst. Ich wünschte, ich könnte einfach durch die Tür verschwinden und unsichtbar herumwandern, so wie Todd es konnte, bis er endlich zurückkam.
    „Ich bin irre. Was glaubst du wohl, wie es mir geht?“, knurrte Scott. „Warst du auch so durchgedreht, als du hier gesessen hast? Bin ich etwa jeden Tag zu dir gekommen und habe dir zugesehen, wie du schläfst, wie du isst, wie du pinkelst?“
    Ich schüttelte den Kopf, und er schob seinen Stuhl zurück und stand auf …
    „Nein, natürlich nicht. Denn das würde ja keinen Sinn ergeben, nicht wahr? Wieso bist du also jeden Tag hier, zum Teufel? Warum bringt er dich jeden Tag immer wieder hierher? Weil ich dich nicht zu ihm bringen konnte. Ist doch so, oder? Er wollte dich haben, und ich konnte dich ihm nicht liefern, und deshalb reibt er dich mir jetzt jeden verdammten Tag unter die Nase.“ Die letzten Worte klangen fast nur noch wie ein Wimmern, wobei er sich dabei immer wieder selbst mit der Faust gegen den Kopf schlug. Als er näher kam, die Fäuste noch immer geballt, rutschte ich Zentimeter um Zentimeter zur Seite. Verzweifelt wünschte ich mir, ich wäre bei Farrah geblieben.
    Dann sah er mit zusammengekniffenen Augen wieder auf den Punkt an der Wand. „Ich kann ihr nicht wehtun, sie ist ja gar nicht hier.“
    Ich sah ebenfalls zu dem Punkt und fragte mich, was er dort sehen mochte. Avari hatte schon früher die Schatten manipuliert, hatte Scott Schemen und Formen darin sehen und hören lassen, bis er schreiend zusammengebrochen war und sich vor der kleinsten dunklen Stelle weinend zusammengekauert hatte. Doch hier gab es nichts, nur unter dem Bett und dem Schrank war es dunkler, weil dort das grelle Licht von den Lampen, die in allen vier Ecken des Raums an der Decke angebracht waren, nicht hinkam. Man hatte genau darauf geachtet, dass es so wenig Schatten wie nur möglich in diesem Zimmer gab, damit Scott zumindest ansprechbar blieb.
    Mit leicht zur Seite geneigtem Kopf starrte er wieder auf die Wand, so als würde er konzentriert zuhören. „Warum sollte er?“, fragte Scott in den Raum

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