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Beruehre meine Seele

Beruehre meine Seele

Titel: Beruehre meine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Vincent
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hinein. „Er will wissen, was für ihn dabei herausspringt.“
    „Für wen?“, fragte ich, und Scott richtete wütend den Blick auf mich.
    „Für Avari. Pass doch gefälligst auf.“
    Mist! Wusste Avari etwa, dass ich hier war? Konnte er durch Scotts Augen das sehen, was Scott sah? War er es, mit dem Scott redete?
    Nein, unmöglich. Scott redete über Avari. Oder vielleicht für ihn. Aber mit wem redete er dann? Oder bildete er sich den anderen Gesprächspartner nur ein? Was bei jemandem, der regelmäßig Leute sah, die es nicht gab, schließlich durchaus denkbar war.
    „Scott, was immer du auch hörst … ich kann es nicht hören. Ich kann auch deine Halluzination nicht sehen.“
    Er lachte laut heraus. Das bittere Krächzen überrumpelte und erschreckte mich. „Du bist doch die Halluzination. Der Rest von uns ist real.“
    Die bizarre Parallele zwischen seiner und Farrahs Psychose ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Aber mich hier auf eine Diskussion einzulassen machte wohl nicht viel Sinn.
    „Kommt nicht infrage.“ Scott schüttelte den Kopf. Er redete wieder mit der Wand. „Er will mehr. Etwas Größeres.“ Er schwieg für einen Moment, während die Wand wohl etwas erwiderte. Bei dem Lächeln, das sich dann auf Scotts Gesicht ausbreitete, hielt ich den Atem an und hätte am liebsten Salz über die Schulter hinter mich gestreut. „Ah, der Vorschlag hört sich doch schon viel besser an.“
    „Scott, mit wem redest du da?“ Mir wurde immer unheimlicher, denn in gewisser Hinsicht ergab all das seltsame Gestammel sogar einen gewissen Sinn, auch wenn ich den nicht verstand. Aber irre klang das nicht unbedingt.
    „Ich weiß es nicht!“, schrie er, und ich zuckte zusammen. Mein Blick ging sofort zur Tür. Ich erwartete, dass sie jeden Moment auffliegen würde und ein Trupp Pfleger mit einsatzbereiten Beruhigungsspritzen in der Hand hereingestürmt kam. „Mit dir auf jeden Fall nicht“, beharrte er jetzt leiser. „Denn eigentlich dürftest du gar nicht reden! Geh weg! Gehweggehweggehweg!“
    Ich öffnete den Mund, doch bevor mir etwas einfiel, das ich sagen könnte, ging die Tür tatsächlich auf, und ein riesiger Pfleger – Charles, laut dem Namensschild auf seinem Kittel – kam in den Raum. Wie erstarrt blieb ich stehen und drückte mich an die Wand. Mein Puls raste so schnell, dass meine Sicht verschwamm. Ich war erwischt worden! Man würde mich in Handschellen abführen, mich auf den Rücksitz eines Polizeiwagens verfrachten und aufs Revier bringen …
    „Okay, Scott, beruhige dich wieder …“ Mit ausgestreckten Armen ging Charles auf Scott zu, und mir wurde klar, dass das hier keine ungewöhnliche Szene für die beiden war. Dann jedoch erblickte Charles mich, und seine Stimme erstarb. Für einen Moment zweifelte er wohl an seinem eigenen Verstand, da war ich ziemlich sicher. Dann: „Wer bist du? Du wohnst hier nicht.“
    Nie hatte man uns – äh, sie – „Patienten“ genannt, immer nur „Bewohner“. So als hätten die Insassen des Lakeside sich freiwillig dazu entschieden, hier zu sein.
    Ich ballte die Fäuste, doch lockerte die Finger gleich darauf wieder. Der Schweiß brach mir aus, und meine Lungen brannten, bis mir klar wurde, dass ich nicht mehr atmete. Ich öffnete den Mund, sog scharf die Luft ein, doch es half nichts. Todd war noch immer nicht zurück. Ich saß in der Falle.
    „Sie ist nicht real“, flüsterte Scott und sah abwechselnd von dem Pfleger zu mir und wieder zurück. „Mach, dass sie weggeht.“
    Charles musterte mich grimmig. „Du darfst nicht hier sein. Wie bist du überhaupt hier reingekommen?“
    „Ich …“ Damit war mein Wortschatz auch schon erschöpft.
    Ich könnte versuchen loszusprinten, doch ich würde wohl kaum an Charles vorbeikommen. Er war riesengroß, und es gehörte schließlich zu seinem Job, widerspenstige Patienten unter Kontrolle zu bringen, falls die Notwendigkeit dazu bestand. Und selbst wenn ich an ihm vorbeikommen sollte, ich würde niemals aus der geschlossenen Abteilung herauskommen.
    Jeder meiner Atemzüge war hektischer als der vorherige, aber ich konnte mein Atmen nicht kontrollieren, konnte das Tempo nicht herunterschrauben. Es gab nur einen Weg hier raus, und den wollte ich nicht nehmen. Wenn Hellions und die verschiedenartigsten Monster direkt hinter der Grenze zwischen unserer Schule und der Unterwelt lebten, wollte ich gar nicht erst wissen, was sich alles in der Unterweltversion einer psychiatrischen Anstalt herumtreiben

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