Beseelt
menschlicher Torso war verschwitzt und hatte eine unnatürliche rote Färbung angenommen. Das blonde Haar klebte ihr am Kopf. Sie hatte den Punkt körperlicher Erschöpfung gefährlich weit überschritten.
Plötzlich schob Niam keuchend und hustend den Wasserschlauch von ihren Lippen. Brighid strich ihr die feuchten Strähnen aus dem Gesicht und murmelte beruhigende Worte.
„Pst, du bist jetzt hier. Konzentrier dich darauf, ruhig zu werden … die Hitze in deinem Körper herunterzukühlen.“
„Nein! Brighid, du musst mir zuhören!“
Niam umklammerte ihre Hand und Brighid hätte beinahe laut aufgeschrien, so heiß war die Haut ihrer Schwester.
„Später, Niam, wenn du dich ausgeruht hast.“
„Nein, jetzt!“ Panik lag in der Stimme der jungen Zentaurin, im nächsten Moment wurde sie von weiteren Hustenanfällen geschüttelt.
„Lass sie reden.“
Beim Klang von Etains Stimme schaute Brighid auf. Die Menschen, die sich in der Großen Halle versammelt hatten, machten Platz, damit die Auserwählte der Göttin näher treten konnte. Die Miene der Hohepriesterin war gelassen, aber als Brighid ihr in die Augen schaute, sah sie darin unendliche Traurigkeit, bei der ihr Herz kalt wurde.
Meine Schwester wird sterben
.
Sie wandte sich wieder Niam zu und hielt ihre erhitzte Hand zwischen ihren beiden, versuchte, ihr etwas von ihrer Stärke einzuflößen.
„Ich höre dir zu, Niam“, sagte sie.
„Mutter ist gestorben, aber der Unfall geschah bereits vor mehreren Tagen. Sie ist in eine Bisongrube gestürzt; die Pfähle darin haben sie aufgespießt.“ Niam schloss die Augen. Sie zitterte bei der Erinnerung an das grauenhafte Ereignis. „Ich wusste, dass sie stirbt. Wir alle wussten es. Deshalb musste ich zu dir kommen.“
„Nein! Nein, das kann doch nicht sein, Niam. Wir jagen Bisons überhaupt nicht mit Gruben. Wir benutzen keine Pfähle.“ Brighid schüttelte verwirrt den Kopf.
„Es war keine von Zentauren ausgehobene Grube. Sie war von Menschen gemacht.“
Eine fürchterliche Vorahnung summte durch Brighids Blut. „Aber Menschen jagen nicht in der Ebene der Zentauren. Nicht ohne die Erlaubnis der Hohen Schamanin der Herde.“ Welche die Dhianna-Herde niemals gab.
„Sie haben die Ebene widerrechtlich betreten und gewildert, wodurch sie den Tod unserer Mutter verursacht haben.“
Niam musste erneut husten. Dieses Mal zierten kleine Blutspritzer ihre Lippen, als sie nach Luft schnappte.
„Ihr Tod hat Bregon in den Wahnsinn getrieben. Bevor ich gegangen bin, hat er geschworen, den Kelch der Hohen Schamanin zu nehmen und die Dhianna-Herde gegen jeden Menschen zu führen, der es wagt, einen Fuß auf die Ebene der Zentauren zu setzen.“
Entsetzt starrte Brighid ihre Schwester an. Wegen eines grausamen Unfalls war ihr Bruder gewillt, einen Krieg zu beginnen?
Niam drückte ihre Hand. „Es ist nicht nur die Dhianna-Herde. Seitdem die Kunde in die Ebene gedrungen ist, dass die geflügelten Kreaturen wieder in Partholon aufgenommen wurden, haben sich die Schamanen der anderen Herden uns angeschlossen. Sie wollen Krieg, Brighid.“
Die Stimme versagte ihr. Niam würgte schmerzhaft. Brighid hielt ihre Hand, während Blut über die Brust ihrer Schwester rann und sich in purpurroten Pfützen auf dem Boden sammelte.
„Mutter hat mich nicht zu dir geschickt. Sie hat Bregon wieder und wieder gesagt, dass er sie rächen soll. Ich musste versuchen, es zu verhindern und dich zu erreichen.“
Niam brauchte nicht zu erklären, wie sie davon erfahren hatte, dass ihre Mutter tot war. Die Wahrheit senkte sich auf Brighid herab, während ihre Gedanken zu dem sterbenden Raben und den hasserfüllten Worten zurückkehrten, die er mit seinem letzten Atemhauch ausgestoßen hatte.
Räche mich!
Als ihre Seele ihren Körper verließ, schickte Mairearad Dhianna dieselbe Nachricht an alle ihre Kinder in der Hoffnung, dass der manipulative Griff, den sie für die einzig wahre Bindung einer Mutter zu ihren Kindern hielt, über ihren Tod hinaus Bestand hatte. Sogar am Ende ihres Lebens hatte ihre Mutter noch Ränke geschmiedet – versucht, sie dazu zu bewegen, sich ihrem Willen zu beugen. Im Fall ihres Bruders schien sie erfolgreich gewesen zu sein.
„Still jetzt, Niam.“ Brighid nahm das Leinentuch, das Elphame ihr schweigend reichte, und wischte ihrer Schwester das Blut vom Gesicht. „Wir finden eine Lösung. Ruh dich jetzt erst einmal aus.“
Niam schüttelte den Kopf und stieß ein Schnauben aus, das halb ein
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