Beseelt
weit und rund waren vor Schock. „Das soll ich deiner Meinung nach jetzt tun?“
„Ja“, sagte El.
Sie nickte auf unnatürliche, abgehackte Weise. Sich an Elphames Hand festhaltend kam sie zittrig auf die Füße.
„Cuchulainn?“ Ihre Stimme war zögernd und leise.
„Ich bin hier.“ Er nahm ihre andere Hand. „El und ich lassen dich das nicht alleine durchstehen.“
Sie hob den Blick. „Du musst mir vergeben. Im Moment kann ich nicht so tun, als bräuchte ich dich nicht in meiner Nähe.“
Er führte ihre blutgesprenkelte Hand an seine Lippen. „An deiner Seite ist der einzige Platz, wo ich sein möchte.“
„Selbst wenn du wolltest, würdest du uns beide im Moment nicht loswerden“, fügte Elphame hinzu.
Untergehakt und umgeben von Liebe und Loyalität ging Brighid mit schweren, schlafwandlerischen Schritten zu ihrem Zimmer. Als Elphame und Cuchulainn ihre Hände losließen, stand sie mitten im Raum und wartete darauf, was als Nächstes passieren würde. Mit einem Mal war es ihr unmöglich, sich vorwärtszubewegen.
„Ich bin voller Blut.“ Sie war überrascht, wie fest ihre Stimme klang.
„Ich kümmere mich darum.“ Elphame ging zum Wasserkrug und der Schüssel, die auf der Kommode standen. „Cu, hol Nara.“ Als sie seinen rebellischen Blick sah, packte sie ihn am Arm und beugte sich dicht an sein Ohr. „Brighid wird es dir später nicht danken, wenn sie sich daran erinnert, dass du dagestanden und sie angestarrt hast, während ich ihr das Blut ihrer Schwester vom Körper gewaschen habe.“
Cuchulainn schloss den Mund und nickte.
„Brighid braucht einen Trank, damit sie schlafen kann.“
„Ja, du hast recht. Natürlich“, erwiderte er.
Während seine Schwester frisches Wasser in die Schüssel goss, nahm er erneut Brighids Hand. Er schaute der Zentaurin in die schmerzerfüllten Augen und erinnerte sich daran, dass sie bei ihm war, als er Brennas Leiche entdeckte. Und plötzlich, als würde sein Geist es erst jetzt richtig verstehen, erkannte er, dass Brighid in den trostlosen Tagen nach Brennas Tod immer bei ihm war. Elphame hatte zu der Zeit im Koma gelegen, und es schien, als hätten alle, die er liebte, ihn verlassen. Außer Brighid. Doch er war zu zerfressen von Trauer gewesen und später zu sehr mit sich befasst, um es zu bemerken.
Jetzt erkannte er es klar, und er würde sie nun ebenfalls nicht alleinelassen.
„Ich gehe und hole Nara. Es wird nicht lange dauern. Elphame bleibt so lange bei dir.“
„Aber du kommst zurück?“
„Immer.“ Cuchulainn drückte ihre Hand an seine Lippen und verließ das Zimmer.
Bevor Brighid seine Abwesenheit fühlen konnte, war Elphame schon wieder an ihrer Seite. Mit einem feuchten Tuch tupfte sie die purpurroten Tropfen von ihrem Körper. Dabei redete sie beruhigend auf sie ein. Tage später würde sie nicht mehr wissen, was Elphame zu ihr gesagt hatte. Alles, was sie wahrnahm, waren die sanften Berührungen der Hände ihrer Freundin und die Kühle des frischen Wassers, das Niams Blut von ihr wusch.
„Komm, leg dich hin.“
Brighid klammerte sich an die Stimme ihrer Clanführerin. Als hätte sie keinen eigenen Willen, ließ sie sich zur dicken Matratze führen. In Zeitlupe beugte sie die Knie und sank auf das Bett. Elphame nahm eine weiche Bürste von der Kommode, und während sie ein wortloses Schlaflied summte, bürstete sie ihr die Haare.
Mitten in dieser einfachen, liebevollen Geste fand Brighid zu sich selbst zurück. Sie atmete tief ein. Ihre verschwommenen Empfindungen begannen, den Schmerz zu akzeptieren, setzten sich langsam und wurden klar.
Ihr erster Gedanke war, dass sie vollständig war. Ihre Seele war nicht zersplittert. Kurz wunderte sie sich, woher sie das mit solcher Sicherheit wusste, aber die Antwort war einfach. Ihr Blut sagte es ihr. Ihr Herz sagte es ihr. Die schamanischen Instinkte ihrer Vorfahren sagten es ihr.
Ihr nächster Gedanke stach ihr wie ein scharfes Messer in die Brust.
Meine Mutter ist tot
. Das klang unmöglich, doch ihr Herz – und nun auch ihr Kopf – wussten, dass es stimmte. Wie bei einer Springflut wurde ihr Geist von schmerzhaften Bildern erfüllt.
Ihre Schwester war tot.
Sie hat ihr Leben für mich gegeben. Ich habe mich in ihr getäuscht, und nun ist es zu spät, sie das wissen zu lasen. Ich kann es nie wiedergutmachen
.
„Wenn du dir die Schuld für ihren Tod gibst, liegst du genauso falsch wie Cuchulainn, als er sich die Schuld an Brennas Tod zuschrieb.“ Elphame fuhr fort, ihr
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