Beseelt
Augen. Die Schatten waren verschwunden.
„Es rührt sich“, erklärte sie, bevor Brighid entscheiden konnte, ob sie fragen sollte. „Vor allem wenn mich etwas wütend macht oder wenn ich verzweifelt bin. Der Wahnsinn ist immer in mir, lauert … wartet. Einzig Liebe und Wahrheit und Eponas mächtige Berührung halten ihn in Schach.“
„Treue und Glaube“, flüsterte Brighid das Motto des Clans.
„Treue und Glaube“, wiederholte Elphame leise.
Brighid wollte mehr wissen und suchte nach den richtigen Worten, da wurden sie von einem Reiter abgelenkt, der auf das Plateau geprescht kam. Obwohl die Ebene nur so vor Geräuschen und Aktivitäten summte, zog etwas an dem Mann ihre Aufmerksamkeit auf sich. Vor Cuchulainn zügelte er sein Pferd. Brighid hörte seine Stimme, konnte ihn aber nicht verstehen.
„Komm mit.“
Elphame wartete gar nicht erst auf den erhobenen Arm ihres Bruders, der ihr signalisierte, dass sie gebraucht wurde. Ihre kräftigen Pferdebeine waren so schnell, dass Brighid schwer zu kämpfen hatte, um mit ihrer Clanführerin mitzuhalten. Als sie Cuchulainn erreichten, hatte er sich bereits auf das Pferd des Reiters geschwungen.
„Gerade ist eine Zentaurin von der Ebene auf der Burg eingetroffen. Sie hat eine dringende Nachricht für Brighid.“
Sofort stürmten Elphame, Brighid, Lochlan und Cuchulainn zurück zur Burg.
„Sie wartet im Haupthof“, rief die Wache zu ihnen herunter, als sie das Tor erreichten.
Ihr Magen verkrampfte sich plötzlich, und sie zügelte ihre Schritte. Die Zentaurin stand mit dem Rücken zu ihnen. Es wirkte, als wäre sie völlig in den Anblick der Statue der MacCallan-Vorfahrin vertieft. Brighid war überrascht, dass sie den schweren Atem der Zentaurin hören konnte. Ihre Überraschung verwandelte sich in pures Erstaunen, als ihr auffiel, dass das Fell mit Schweiß und Schaum bedeckt war und ihr Körper zitterte. Man hatte noch nie gehört, dass ein Zentaur solch offensichtliche Zeichen der Erschöpfung gezeigt hatte. Sie musste tagelang ohne irgendeine Pause gelaufen sein, um sich in so einer Verfassung zu befinden. Ihre Artgenossin drehte sich um, und Brighid schrie auf.
„Niam!“ Sie eilte zu ihrer Schwester, die ein paar Schritte auf sie zu machte und ihr beinahe in die Arme gefallen wäre. „Was ist passiert?“
„Epona sei Dank, dass du hier bist“, sagte sie zwischen schweren Atemzügen. „Es geht um Mutter. Sie ist tot.“
Die Worte ihrer Schwester versetzten ihr einen Schock, und sie merkte, dass ihr Kopf sich vor und zurück bewegte, vor und zurück, als hätte sie keine Möglichkeit, ihn zu kontrollieren.
„Hilf mir, sie in die Große Halle zu bringen.“
Elphames Stimme drang wie durch dichten Nebel zu ihr. Plötzlich war Niam nicht mehr in ihren Armen, sondern wurde von einigen Männern des MacCallan-Clans halb geführt, halb getragen. Selbst die Stammesführerin und Lochlan halfen mit, ihre Schwester in die Große Halle zu geleiten. Brighid stand da und starrte ihnen hinterher. Sie war nicht in der Lage, sich zu bewegen.
Eine starke, warme Hand schob sich unter ihren Ellbogen. Cuchulainn.
„Vergiss nicht zu atmen“, sagte er.
Sie sog die Luft ein wie eine Ertrinkende, blinzelte und konnte sich endlich auf seine türkisblauen Augen konzentrieren.
„Bleib bei mir“, sagte sie.
„Ich werde nirgendwo hingehen, wo du nicht auch hingehst“, erwiderte er.
Er hielt ihren Arm und folgte mit ihr den anderen. Sie stolperte, doch er half ihr, das Gleichgewicht zu halten. Durch seine Berührung hindurch spürte sie die Wärme seiner goldenen Aura, die sie mit der Kraft des Kriegers umfing.
Gemeinsam betraten sie die Große Halle und eilten zur langen Zentaurenbank, auf der Niam zusammengebrochen war. Wynne kam aus der Küche gelaufen, in den Händen einen schweren Trinkschlauch, den sie Elphame reichte. Die Clanführerin entkorkte ihn und hielt ihn an Niams Lippen, da die zittrigen Finger der Zentaurin ihn nicht halten konnten.
„Trink langsam. Erst Wasser, dann besorgen wir dir Wein und etwas zu essen.“ Elphame sprach mit leiser, beruhigender Stimme. Während die Zentaurin trank, wandte El sich an einen der Männer: „Hol meine Mutter“, befahl sie eindrücklich. Und zu einem anderen sagte sie: „Hol Handtücher und Decken. Viele.“
Brighid verspürte einen Anfall von Panik, als sie sich neben ihre Schwester kniete. Dampf stieg vom pferdlichen Teil ihres schaumbedeckten, zitternden und spasmisch zuckenden Körpers auf. Niams
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