Besessen
Buchladen hochkamen. Viel hatte ich nicht geschlafen und ich bot sicher auch keinen tollen Anblick, obwohl ich bestimmt nicht so grimmig dreinblickte wie die beiden, als sie die Wohnung betraten. Ich bemerkte sofort, wie fest sie sich an den Händen hielten, und einen furchtbaren Moment lang befürchtete ich, dass Nathan nicht mehr zu helfen war.
„Oh Gott“, flüsterte Cyrus neben mir. „Dann gibt es also keine Hoffnung, oder?“
Max legte die Stirn in Falten. „Warum zum Teufel sagen Sie so was?“
Ich fand meine Stimme wieder, die bei der Vorstellung, welchen Kummer mir Nathans Tod bereiten würde, erstickt war. „Weil ihr ausseht, als ob etwas Furchtbares passiert sei.“
„Es ist nichts Furchtbares passiert. Im Gegenteil, ich habe einen Weg gefunden, wie wir Nathan heilen können.“ Bella befreite sanft ihre Hände aus Max’ Griff. „Aber es ist keine ideale Methode.“
„Damit meint sie, es wird auf jeden Fall funktionieren, auch wenn es verrückt ist. Und du solltest dich besser darauf einlassen. Wenn du auch nur ein bisschen begriffen hast, was es bedeutet, ein Zögling zu sein, dann tust du es.“ Max ging hinter der Couch auf und ab, aber das war alles, was er sagte.
„Hätte jemand die Freundlichkeit, mir zu erklären, worauf ich mich einlassen soll?“ Ich stand auf und entfernte mich von Cyrus, der zu nah neben mir saß. Max und Bellahatten es auch bemerkt.
Cyrus offenbar ebenfalls. Er ging auf die andere Seite des Zimmers und lehnte sich an das Bücherregal, damit so viel Abstand wie möglich zwischen uns lag.
„‚Die Dunkle Nacht der Seele‘ funktioniert nur dann, wenn der Verzauberte eine Erinnerung hat, derer er sich schämt oder die er zutiefst bedauert“, begann Bella, wobei sie zu Max blickte, als wolle sie ihn auffordern, sie jederzeit zu unterbrechen. „Max hat mir erzählt, dass Sie am besten wissen, um was für eine Erinnerung es sich bei Nathan handelt.“
Cyrus fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht, ich hatte ihn noch nie so erschöpft gesehen. Aber es gab keine Entschuldigung für ihn, er musste hören, was ich zu sagen hatte.
„Ich war nicht dabei, als Nathan in jener Nacht verwandelt wurde.“ Ich konzentrierte mich auf Bellas klare, unvoreingenommene Augen. Wenn ich Cyrus’ Reue sah, oder Max’ Hass, dann konnte ich nicht weiterreden. „Aber Cyrus hat es mich sehen lassen, indem er sein Blut mit dem von Nathan vermischte. Nathan hatte seine Frau, Marianne, von sich aus zum Souleater gebracht, weil er ihn für eine Art Wunderheiler hielt.“
Ich erzählte ihnen die ganze Geschichte, die ich gesehen hatte, in allen Einzelheiten. Und ich erzählte ihnen die Hintergründe, die ich von Nathan erfahren hatte. Marianne war jung und wunderschön gewesen, bis der Krebs ihren Körper zerfressen hatte und Nathan immer weniger Möglichkeiten ließ, sie noch zu retten. Ein Arzt hatte ihm Jacob Seymour als Wunderheiler empfohlen, und er hatte seine schwache und abgemagerte Frau nach Brasilien gebracht. Nathan hatte es damals nicht wissen können, doch der Souleater hatte ihnen in der Silvester-Nacht der Vampire eine Falle gestellt.Mit Hilfe von Cyrus war die Falle zugeschnappt. Als sie in Brasilien ankamen, merkten Marianne und Nathan zu spät, welcher Art von Monster sie in die Hände gefallen waren. Cyrus hatte Nathan brutal vor den Augen seiner sterbenden Frau vergewaltigt. Ich schloss die Augen, als ich mich an seine angsterfüllten Schreie erinnerte. Er hatte Cyrus angefleht, nicht aufzuhören, sondern mit ihm alles zu machen, was er wollte, wenn nur Marianne nichts geschah.
Cyrus glitt bei meinen Worten zu Boden, und Tränen liefen ihm übers Gesicht. Max starrte ihn voller Verachtung an.
„Sein Vater hat ihn dazu gezwungen“, sagte ich leise. Max sah aus, als würde er gleich durch das Zimmer marschieren und Cyrus jedes Glied einzeln ausreißen. „Lass ihn in Ruhe.“
Trotzdem verschwieg ich nichts, um die Sache für Cyrus leichter zu machen, sondern erklärte Bella, wie Cyrus Nathans Blut trank und ihn völlig entkräftet für den Souleater hatte liegen lassen. „Nach der Verwandlung hat Jacob ihn noch weiter gequält. Das Blut des Souleaters war zu dünn, weil er ein Jahr lang nichts getrunken hatte, es war nicht stark genug für Nathan. Aber er hat ihm weder anderes Blut gegeben, noch ihn sterben lassen. Nathan war völlig hilflos. Als er den Hunger nicht mehr aushielt, hat er Marianne getötet und ihr Blut getrunken.“
Cyrus hatte die Arme um
Weitere Kostenlose Bücher