Besessen
fielen.
„Ja, ich weiß“, sagte ich. „Das ist doch nicht das Original, oder?“
„Und ob es das ist!“ Ich konnte nicht sagen, ob sie pikiert über meine Frage war oder über die Maßen stolz auf ihren Besitz.
Lächelnd versuchte ich meinen Fauxpas zu korrigieren. „Mein früherer Schöpfer besaß jede Menge Kunst, aber es waren alles Fälschungen, daher finde ich jetzt fast alles verdächtig.“
„Ach, Mist, Schätzchen, das kümmert mich doch gar nicht.“ Die Frau kam auf mich zu und stellte sich neben mich. Sie zog eine Packung Zigaretten aus dem Ärmel ihres wallenden Kaftans. „Wenn es eine Fälschung wäre, würde ich es dir sagen.“
„Ich wollte Sie nicht beleidigen.“ Obwohl meine Entschuldigung sie wahrscheinlich eher beleidigte als mein Patzer. Etwas in ihrer Körpersprache ließ darauf schließen, dass sie ihr Leben zur heuchelfreien Zone erklärt hatte.
Die Augen der Frau leuchteten mit einem Funken Amüsement auf. „Habe ich Sie richtig verstanden? Sagten Sie ‚früherer Schöpfer?‘“
Das war ein dummer Fehler. „Ich habe Ihren Namen nicht mitbekommen.“
Ein wissendes Lächeln zeigte sich in ihren Augenwinkeln. „Weil ich ihn nicht gesagt habe. Ich bin March. Sie würden mich den Zuhälter nennen, aber wir sagen ‚Madam‘, weil es vornehmer klingt. Machen Sie sich keine Sorgen über Ihren kleinen Ausrutscher. Ich mag Geheimnisse. Solange Sie mir keinen Ärger auf meinem Anwesen machen.“
Ich räusperte mich und sah an die hohe, gewölbte Decke. „Ihr Haus ist wunderschön.“
„Danke. Aber Sie sind nicht hergekommen, um sich das Haus anzusehen.“ Sie drohte mir mit gekrümmtem Zeigefinger und wandte sich zu den Türen. „Möchten wir heute ein flüssiges Mittagessen, oder sind wir nur für ein bisschen Spaß hier?“
„Ich brauche Blut.“ Hilflos spreizte ich die Hände. „Wie immer Sie das nennen.“
„Ich nenne es Ihren Glückstag.“ Mit verschrobener großer Geste öffnete sie die Tür zu meiner Linken.
Vielleicht hatte ich in Sachen der Einrichtung falsch gelegen, aber was die Klasse der Prostituierten anbelangte, hatte ich ins Schwarze getroffen. Wo ich auch hinsah, überall drapierten sich hinreißende Männer über ultramaskuline Ledermöbel. Angesichts der Vielfalt gingen mir die Augen über. Dunkle, Blonde, langhaarig oder adrett kurz geschnitten, manche fast androgyn, andere übermäßig muskulös gebaut.
„Suchen Sie sich einen aus“, sagte March stolz. „Dies sind die Spender.“
„Nun …“ Ich deutete zum Foyer, wo der Butler mit meiner Tasche stand. Eine von Nathans vielen nützlichen Regeln lautete: Sei immer vorbereitet. In meiner Tasche hatte ich alles, was man brauchte, um einem willigen Spender Blut abzunehmen. Keine Ahnung, wie ich einen finden wollte, wenn ich ihn brauchte, aber ich war vorbereitet.
„Ich bin nicht gerade … konventionell“, erklärte ich March. Ich biss mir auf die Lippe und musterte jeden einzelnen Mann.
Die Madam lachte. „Sie können nichts tun, was die schockieren würde.“
„Nein, ich meine, ich beiße nicht.“ Ich trat einen Schritt vor und räusperte mich. Viele neugierige männliche Augenpaare waren auf mich gerichtet. „Ich suche jemanden, der keine Angst vor Nadeln hat.“
Es gab eine spürbare Veränderung in der Atmosphäre des Raums. Ein paar der Männer schauten weg, als wären sie ganz plötzlich von den Wänden fasziniert. Der Rest sah besorgt oder amüsiert aus. Oder beides.
„Nichts Schmutziges“, versicherte ich ihnen. „Ich brauche nur Blut.“
„Warum beißt du uns nicht?“, fragte ein großer schlanker Model-Typ.
„Wie bitte?“ March stemmte die Hände in die Hüften und harkte mit einem bösen Blick durch die Männer. „Bezahle ich euch, damit ihr meine Klientinnen ausfragt?“
Ein paar von ihnen knurrten ein widerstrebendes Nein.
„Ich kann euch nicht hören“, setzte March nach und hob ihre Hand ans Ohr.
Über den Chor der folgenden Antworten erhob sich eine einzelne Stimme. „Ich mach’s.“
Als ich den Inhaber der Stimme ausgemacht hatte, tat mein Magen einen Satz. Vielleicht hatte ich doch gelogen, als ich „nichts Schmutziges“ sagte. Der Kerl war atemberaubend, mit langen blonden Haaren und einer Bräune, die Ikarus vor Neid beweint hätte. Er trug kein Hemd, und seineausgeblichenen Jeans hingen locker und recht tief um seine Hüften.
Mit trockenem Mund bedeutete ich ihm, näher zu kommen. „Welche Blutgruppe haben Sie?“
Er lachte. „Das ist
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