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Besessene

Besessene

Titel: Besessene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hayes
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wenig ins Wanken zu geraten, aber dann räusperte er sich und sagte selbstbewusst: »Sie heißt Grace   … Grace Morton.«
    Die Reaktion des Pfarrers war erschütternd. Alle Muskeln seines Körpers schienen sich zu verkrampfen und seine Miene versteinerte sich. Diese Veränderung ging so rasant   – geradezu beängstigend   – vonstatten, dass mir war, als verwandele sich meine Lieblings-Disneyfigur vor meinen Augen in den Serienmörder Freddy Krueger. »Tut mir leid, ich kann mich an niemanden erinnern, der so heißt.«
    Was da gerade vorgefallen war, empfand ich als so beklemmend, dass ich Luke signalisierte, dass wir hier auf verlorenem Posten waren. Aber so leicht ließ Luke sichnicht einschüchtern. Er folgte dem Mann, der eilig den Saal verließ, nach draußen. Ich versuchte, Schritt zu halten.
    »Verzeihen Sie   … ich denke, Sie können sich sehr wohl erinnern. Ein Mitglied der Familie vergisst man schließlich nicht so leicht.«
    Der Pfarrer drehte sich mit funkelnden Augen zu uns um. »Sie
ist
kein Mitglied meiner Familie.«
    Luke konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Dann erinnern Sie sich also. Wir haben da ein paar Fragen, die uns sehr wichtig sind.«
    Doch der Pfarrer war nicht umzustimmen. »Ich habe nicht die Absicht, Ihre Fragen zu beantworten, und wäre dankbar, wenn Sie mich jetzt unbehelligt ließen und weder mich noch die mir nahestehenden Personen in aller Zukunft kontaktieren würden.«
    Er drehte sich auf dem Absatz um und Luke und ich sahen ihm nach, wie er zurück in den Gemeindesaal ging. Ich setzte mich auf eine kleine Mauer in der Nähe und spielte mit dem Reißverschluss an meiner Jacke, die Arme eng an mich gedrückt, weil ich meiner Nervosität oder der beißenden Kälte wegen völlig durchgefroren war. »Das ist ja nicht gerade gut gelaufen.«
    Luke war ganz offensichtlich sauer, aber er bemühte sich, es zu verbergen. »Was für ein aufgeblasener Typ. Ich habe dir ja gleich gesagt, wir bringen ihn nicht zum Reden.«
    Ich seufzte. »Hier gibt es jetzt für uns nichts mehr zu tun. Aber eins ist wirklich komisch   … kein Mensch will über Genevieve sprechen. Es ist fast so, als hätte es sie nie gegeben.«
    Luke setzte sich neben mich und kickte mit den Absätzen seiner Schuhe gegen die Mauer. »Du meinst wohl, alle
wünschten
sich, es hätte sie hier nie gegeben.«
    »Und was sollen wir jetzt machen?«
    Luke drückte seine Zunge in die eine Backenhälfte und gab eine dumpfes Lachen von sich. »Für einen Journalisten ist das erst der Einstieg   …«
    »Dieser Typ wird doch bestimmt nur noch wütender.«
    »Er vielleicht schon   … aber was ist mit den anderen?«
    »Mit welchen anderen?«
    Luke starrte vor sich hin und plötzlich wirkten seine Augen hart wie Stahl. »Er meinte, dass wir die ihm nahestehenden Personen nicht kontaktieren sollten   … und gerade deshalb werden wir genau das tun. Er wird ja schließlich nicht der Einzige sein, der sie gekannt hat. Wir warten einfach, bis sich eine Gelegenheit ergibt.«
    »Wie lange willst du darauf warten?«
    »So lang wie nötig«, sagte Luke entschieden.

Kapitel 20
    I ch friere.«
    »Wenn ich die Heizung einschalte, ohne den Motor laufen zu lassen, dann ist die Batterie gleich leer.«
    Ich konnte meinen Atem vor mir sehen. »Können wir nicht aussteigen   … und ein bisschen rumlaufen?«
    »Wir müssen die Pfarrei überwachen«, erinnerte mich Luke zum dritten Mal, »und zwar ohne Aufmerksamkeit auf uns zu lenken.«
    »Haben wir noch Sandwiches?«
    »Nein.«
    »Und Wasser?«
    »Nein.«
    Luke war nur mir zuliebe hier und ich benahm mich wie ein verzogenes Gör. Aber ich hatte mir nun einmal eingebildet, Journalisten würden ein spannendes Leben führen und nicht stundenlang in kalten Autos hocken   – in Beobachtung des immer gleichen Hauses.
    Luke sah auf seine Uhr. »Ich weiß, dass du es satthast. Ich übrigens auch. Wir geben ihm jetzt noch eine halbe Stunde und dann ist Feierabend.«
    »Tut mir leid, dass ich so rumgejammert habe«, sagte ich kleinlaut und jammerte gleich nahtlos weiter: »Warumkann es im richtigen Leben nicht genauso wie im Fernsehen sein? Da ist jeder Fall nach einem Tag gelöst, alle offen stehenden Fragen sind geklärt und die Guten gewinnen immer.«
    »Na, weil sie monatelange Drehzeit in eine halbe Stunde quetschen und so tun, als sei’s ein Kinderspiel, dass   …«
    Ich packte Luke am Arm, weil sich die Haustür der Pfarrei geöffnet hatte. »Da kommt jemand raus. Es ist der

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