Bestien
Menschen.
Es war etwas anderes, etwas, was Phil Collins noch nie
gesehen hatte. Und als er in diese seltsam glimmenden Augen
starrte, lief es ihm eiskalt über den Rücken.
Er tat einen Schritt vorwärts, das Messer zum Zustoßen
bereit. Er wußte, daß er zuerst angreifen, das Messer in die
Kreatur stoßen mußte, bevor sie ihn angreifen konnte. Er
mußte sie töten, solange sie noch vom Licht der Taschenlampe
geblendet schien und ihn nicht deutlich sehen konnte.
Dann stieß Sparks ein jähes Heulen aus und sprang ihn aus
der Dunkelheit an. Das Messer klapperte zu Boden, als Collins
in völliger Überraschung die Arme hob. Aber es war zu spät.
Sparks Kiefer schlossen sich um seine Kehle, und die
scharfen Reißzähne bohrten sich in sein Fleisch, zerbissen
seine Luftröhre und den Kehlkopf, dann überströmte ihn
warme, pulsierende Nässe, als seine Halsschlagader zerriß. Er
brach in die Knie, tastete instinktiv nach dem Messer, ohne es
zu erreichen. Er fiel seitwärts, rollte dann auf den Bauch und
lag mit dem Gesicht auf dem Beton.
Sparks zerrte und riß mit wütendem Knurren an dem
gefallenen Körper, riß große Stücke Fleisch heraus und warf
sie beiseite, um die Zähne von neuem in sein Opfer zu
schlagen.
Endlich sprach eine fremde, gutturale Stimme in der
Dunkelheit, und es war vorbei. Der Hund ließ von Collins ab
und trottete zur Kellertreppe.
Mark Tanner stieg über den Leichnam seines Footballtrainers und folgte dem Schäferhund die Treppe hinauf.
Sparks erwartete ihn bei der Hintertür.
Zusammen schlüpften die beiden in die Nacht hinaus,
bewegten sich fast lautlos durch die Dunkelheit, fort von der
Siedlung und aufwärts in die Vorberge über dem Tal.
Mark hatte keine Ahnung, wie spät es war, als er die
fünfzehn Kilometer vom Tal entfernte Höhle ereichte. Er hatte
längst aufgehört, in menschlichen Zeitbegriffen zu denken, und
war sich nur des Tages und der Nacht bewußt.
Tagsüber schlief er zusammengerollt im hintersten Winkel
der Höhle, die er an seinem dritten Tag in den Bergen entdeckt
hatte. Immer deckte er sein kleines Feuer sorgsam ab, wenn er
sich schlafenlegte, ohne es jedoch ganz ausgehen zu lassen, so
daß immer genug Glut übrigblieb, das Feuer neu zu entfachen,
wenn er gegen Abend erwachte und sich auf die nächtliche
Jagd vorbereitete.
Seine Augen hatten sich rasch umgestellt, und nun vertrugen
sie das grelle Sonnenlicht schlecht. Aber bei Nacht sammelten
seine weitgeöffneten Pupillen noch das schwächste Restlicht,
und er konnte deutlich sehen, beobachtete die Eulen und
Fledermäuse auf ihren Jagdzügen, sah andere nachtaktive Tiere
bei ihrer ständigen Nahrungssuche. Auch er war jetzt einer
dieser Jäger, und obwohl er die ersten paar Tage von wenig
mehr als Wasser und den Samen trockener Grasrispen gelebt
hatte, mußte er sich, bedingt durch die fortgeschrittene
Jahreszeit, rasch auf eine Fleischfresserdiät umstellen.
Am vierten Tag hatte er sein erstes Kaninchen gefangen,
aber es war krank gewesen, schon halb tot, als er es gefunden
hatte. Nichtsdestoweniger hatte er es mit einem abgebrochenen
Messer, das er auf einem leeren Lagerplatz gefunden hatte,
unbeholfen abgehäutet und dann am Spieß über dem Feuer
gebraten, das er am Tag zuvor, als er die Höhle entdeckt hatte,
nach langen Bemühungen in Gang gebracht hatte. Eine Weile
war er in Sorge gewesen, daß jemand den Rauch sehen und
kommen könnte, aber er ließ die Flamme niemals zu hoch
brennen, und das trockene Brennmaterial, das er zusammensuchte, hinterließ nicht mehr als dünnen, blaugrauen Rauch,
der vom Wind rasch aufgelöst wurde.
Beinahe jede Nacht zog es ihn auf seinen Streifzügen zurück
zu den Vorbergen über Silverdale. Heute abend hatte er sich
beim Verlassen der Höhle vorgenommen, in den Ort
hinunterzugehen. Er scheute den langen Weg nicht, denn sein
Körper war abgehärtet, und er konnte, ohne zu ermüden, die
ganze Nacht durchwandern.
Unterwegs hatte er ein Kaninchen gewittert, sofort haltgemacht und den Wind geschnüffelt. Nach ein paar Minuten
hatte er das Kaninchen ausgemacht: Es war unter einer Gruppe
von Espen gesessen und hatte im trockenen Unterholz
geknabbert. Geduldig und vorsichtig hatte er sich von der
windabgewandten Seite angeschlichen und jedes Geräusch
vermieden, bis er auf ein paar Schritte herangekommen war.
Als er sich endlich auf das Kaninchen gestürzt hatte, war
dem Tier keine Zeit zur Reaktion geblieben. Es hatte nur den
Kopf gehoben und die Ohren aufgestellt, dann hatten
Weitere Kostenlose Bücher