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Bestien

Bestien

Titel: Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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hinter
dem Haus mit dem Ball Zuwerfen und Fangen übten, während
sie auf der Veranda saß und sich fragte, warum er überhaupt
gekommen war.
Und dann war letztes Wochenende Mark in die Stadt
gekommen; und am Samstag, bevor Robb gekommen und
Mark so still geworden war, hatte es ihr Freude gemacht, mit
ihm zu sprechen. Nicht, daß sie über vieles gesprochen hätten.
Aber es war ihr leichtgefallen, mit Mark zu reden, denn anders
als ihr Bruder oder Jeff hörte er wirklich zu, wenn sie etwas
sagte. Und so war es jeden Morgen dieser Woche gewesen,
wenn sie zusammen zur Schule gegangen waren. Sogar
während der Mittagspause hatte sie des öfteren nach ihm
Ausschau gehalten, obwohl Jeff bei ihr gewesen war.
»Dann bleibt es also dabei, daß wir uns morgen abend bei
der großen Stimmungsmache treffen?« hörte sie Jeff sagen.
Gleichzeitig festigte seine Hand ihren Griff an Lindas Schulter,
und in seiner Stimme war ein rauher Unterton, den sie bisher
nicht gekannt hatte.
»Morgen abend?« fragte sie. »Aber du hattest mich nicht
gefragt, oder?«
Jeff blieb stehen und machte Front zu ihr. Sie waren ein paar
Schritte von einer Straßenlaterne entfernt, und obwohl Jeffs
Gesicht teilweise im Schatten lag, glaubte sie zu erkennen, daß
er zornig war. »Ich dachte nicht, daß das nötig wäre«, sagte er.
»Du wirst dort sein, und ich werde dort sein, und danach gehen
wir wie immer aus, nicht?«
»Tun wir das?« fragte Linda, dann kam ihr die eigene Frage
dumm vor. Natürlich taten sie es, das war nichts Neues.
Warum hatte sie so etwas gesagt?
Mark Tanner: darum.
»Was soll das heißen?« fragte Jeff aufgebracht. »Du bist
meine Freundin, oder nicht?«
Linda schluckte. »Ich
– ich weiß nicht«, erwiderte sie.
Plötzlich schien es, als sei ihr Verstand seine eigenen Wege
gegangen, und sie hätte keine Herrschaft mehr über die eigenen
Gedanken. »Ich denke – nun, vielleicht haben wir uns in letzter
Zeit zu oft gesehen …«
Ihre eigenen Worte verblüfften sie. Sicherlich hatte sie über
Jeff nachgedacht und versucht, sich Klarheit über ihre
Empfindungen für ihn zu verschaffen, aber sie hatte nicht
wirklich daran gedacht, mit ihm Schluß zu machen.
Oder vielleicht doch.
Jeffs Augen glitzerten zornig, und er legte ihr beide Hände
auf die Schultern. »Dachte ich’s mir doch, es ist dieser
Kriecher Tanner, nicht?« grollte er. »Wenn dieser kleine
Scheißer versucht, sich an dich heranzumachen …«
»Hör auf!« zischte Linda. Sie blickte umher, hoffte, daß
niemand sie beobachtete. »Es hat nichts mit Mark zu tun.«
Aber es hatte, und Jeff, sonst nicht gerade mit dem feinsten
Gespür ausgestattet, schien es zu wissen. Seine Hände griffen
fester zu, daß es schmerzte. Die Straßenbeleuchtung schien ihm
jetzt voll ins Gesicht, und plötzlich fand sie, daß er anders
aussah. Sein Zorn hatte seine Züge entstellt, und sein Gesicht –
das Gesicht, das sie bisher immer hübsch gefunden hatte –,
erschien ihr derb und gewöhnlich.
»Ich will nicht, daß du noch mal mit ihm redest«, sagte Jeff,
und das brachte Linda augenblicklich gegen ihn auf. Wer war
Jeff LaConner, ihr vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen
hatte?
»Laß mich los«, verlangte sie. »Ich rede, mit wem ich will
…«
Sie brachte den Satz kaum heraus, denn Jeff, dessen Züge
dunkel angelaufen waren, schüttelte sie.
Seine Finger bohrten sich tief in ihre Schultern, und der
Schmerz war bis in ihre Hände spürbar. Ihr Kopf schlug vor
und zurück, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
»Hör auf!« schrie sie. »Du tust mir weh! Jeff, hör sofort
auf!«
Das drang endlich durch. So plötzlich, wie er angefangen
hatte, sie zu schütteln, gab er sie frei. Er sah ihr die Tränen
übers Gesicht rinnen, und sie knetete sich die linke Schulter,
um den Schmerz zu vertreiben. Er starrte sie stumm an, dann
machte er auf dem Absatz kehrt, hieb mit der geballten Faust
gegen einen Baumstamm, stieß einen erstickten Ruf aus, der
halb Schmerzenslaut und halb Wutschrei war, und rannte in die
Nacht davon.
Linda sah ihm schweratmend und mit Herzklopfen nach.
Der Schmerz in ihren Schultern ließ nach, und als er nicht
zurückkam, setzte sie ihren Heimweg fort. Was in aller Welt
war eben geschehen? Jeff hatte sich nie zuvor so gewalttätig
benommen – niemals! Heute abend hatte sie sich wirklich
geängstigt. Und sie hatte nichts getan, nicht wirklich. Aber
wenn er anfing, sich so zu benehmen …
Sie beschleunigte ihre Schritte und fing schließlich an

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