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Bestien

Bestien

Titel: Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Lösung bereitstellen. Zuletzt zuckte Sharon hilflos die
Achseln. »Ich wünschte, ich wüßte, was ich dir sagen soll«,
meinte sie. »Ich werde versuchen, deinen Vater zurückzuhalten, daß er dich nicht zu hart drängt. Aber du kennst deinen
Vater.« Sie gab Mark einen zärtlichen Klaps auf den Rücken,
dann stand sie auf. »Komm mit. Das Essen ist gleich fertig.«
Aber Mark schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht hungrig«,
sagte er, zu ihr aufblickend. »Ist es dir recht, wenn ich die
Mahlzeit auslasse? Ich würde gern mit Chivas in die Berge
gehen.«
Sie dachte einen Moment darüber nach. Er war fast
sechzehn, und er mußte anfangen, seine Probleme selbst zu
lösen. »Einverstanden«, sagte sie. »Aber gib acht, daß du vor
Dunkelwerden zurückkommst. Ich möchte nicht, daß du dich
dort oben verläufst.«
Mark grinste sie an, und allein dieser Wechsel in seinem
Ausdruck gab Sharon die Gewißheit, daß sie richtig
entschieden hatte. »Ich werde mich nicht verlaufen. Und selbst
wenn ich es täte, würde Chivas uns zurückführen.«
Als Sharon wieder ins Haus ging, wo Kelly bereits aus der
Küche schrie, die Steaks würden verbrennen, liefen Mark und
Chivas durch die Garagenzufahrt hinaus.
    Mark wußte nicht genau, wie lang er gegangen war; er hatte
sich unterwegs Landschaft und Vegetation angesehen und nicht
allzugenau darauf geachtet, wie sie hierhergekommen waren.
Während Chivas vorausgesprungen war, hatte er den Fußweg
am Fluß nach Norden genommen, bis er einen halben
Kilometer außerhalb der Stadt zu einem schmalen
Fußgängersteg gelangt war. Nachdem er auf ihm den Fluß
überquert hatte, war er auf eine dreifache Weggabelung
gestoßen und hatte den Pfad eingeschlagen, der ihn bergauf
führen würde. Nach ungefähr zwanzig Minuten hatten sie den
Talrand erreicht und den Aufstieg begonnen.
    Das mit Bäumen gesprenkelte Weideland des Tales wurde
hier bald von dichten Nadelholzbeständen abgelöst, in die da
und dort Gruppen von Espen eingestreut waren. Chivas, dessen
Jagdinstinkt wie gewöhnlich durch die zahlreichen Witterungen, die ihm in die Nase kamen, geweckt worden war,
zitterte förmlich vor Erregung und sprang immer wieder in den
Wald davon, wo er Eichhörnchen und Vögel und anderes
Getier verfolgte, um aber nach kurzer Zeit stets wieder
zurückzukommen. Mark folgte dem Pfad immer höher, und
schließlich, als er eine Kehre erreichte, fand er sich auf einem
steilen Felsabsturz, von dem das ganze Tal überblickt werden
konnte. Die Felsen waren hier frei von Baumwuchs, und an
mehreren Stellen war das hohe Gras niedergedrückt;
anscheinend hatte hier Wild gelagert. Mark sah sich nach
Chivas um, aber der Hund stöberte irgendwo durch das
Unterholz. Die Sonne, noch immer ein Stück über dem
Horizont, wärmte ihn nach dem kühlen Waldesschatten; er ließ
sich im Gras nieder und blickte über das Tal hin.
    Ein paar Minuten später streckte er sich auf den Rücken und
schloß die Augen bloß für ein paar Sekunden …
Aufschreckend bemerkte er, daß die Sonne unter den
Horizont gesunken war. Chivas stand neben ihm und blickte
mit leisem Knurren in die Ferne, eine Vorderpfote leicht
angehoben. Sein Schwanz war leicht abwärts gekrümmt, jeder
Muskel seines Körpers angespannt. Mark rieb sich die Augen
und erhob sich auf die Knie. Er spähte in Chivas’
Blickrichtung, konnte im verblassenden Tageslicht jedoch
nichts Auffälliges sehen.
Immerhin, etwas hatte den Hund beunruhigt und vielleicht
auch ihn selbst aus seinem leichten Schlummer geweckt.
Aber was?
Und dann hörte er es.
Es war ein fernes, unbestimmt winselndes Geräusch, und als
es zuerst aus dem Tal zu ihm herauf wehte, war er nicht sicher,
daß er es wirklich gehört hatte. Dann aber, als er angestrengt
lauschte und Chivas’ leises Grollen sich verstärkte, gipfelte das
Geräusch in etwas wie einem Schmerzensschrei.
Oder einem Wutschrei.
Mark dachte, daß er aus der Kehle eines Tieres gekommen
sein mußte, und ein Frösteln überlief ihn, als das ferne Heulen
die Abendstille durchschnitt.
Gleich darauf brach es plötzlich ab und hinterließ nicht
einmal ein Echo zwischen den Talhängen.
Chivas bellte einmal, dann verstummte er.
Sie blieben noch mehrere lange Minuten an ihrem Platz und
lauschten, aber die Stille dauerte an, und als der Westhimmel
sich rosig verfärbte, versank das Tal allmählich in tiefen
Schatten.
»Komm mit, Junge«, sagte Mark mit unwillkürlich
gedämpfter Stimme. »Laß uns nach Haus gehen.« Er stand auf
und

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