BETA (German Edition)
Ahnung, was ›wirklich‹ überhaupt meint.«
»Ivan sagt, dass Raxia besser als Sex ist«, antworte ich. »Er glaubt, dass er Raxia dem Sex sogar vorziehen würde.«
»Ich hab beides ausprobiert«, sagt Greer. »Echter Sex ist besser.«
»Wo hast du den Sex denn ausprobiert?«, frage ich.
»Du fragst aber auch Sachen.«
»Tu ich das?«
»Na ja, du weißt’s halt einfach nicht besser.« Greer lässt ihre Beine fröhlich baumeln. »Hier auf der Insel und in der Stadt auf dem Mainland, wo ich eigentlich herkomme.«
»Macht Sex denn Spaß?«
Greer lacht. »Ja, ist schon was verdammt Schönes, würd ich mal sagen.«
Ich checke hastig Wörterbuch und Grammatik auf meinem Chip, aber ich finde keine Erläuterungen dazu, was was verdammt Schönes eigentlich ist, und auch keine Erklärung, warum das Schöne verdammt werden soll.
»Verdammst du das Schöne häufig?«, frage ich.
Sie schaut mich mit einem Gesichtsausdruck an, den ich eindeutig als Was für ein Dummerchen bist du denn? identifiziere.
»Ich verdamme das Schöne verdammt gern, wenn ich auf eine gleichgesinnte, körperlich attraktive Person stoße, mit der mich eine wechselseitige Anziehung verbindet. Aber ich bin erst achtzehn. So oft hatte ich dazu noch nicht Gelegenheit.«
»Und mit wem hast du das verdammt Schöne verdammt?«
Sie wird jetzt ärgerlich. »Sprich mir nicht immer alles nach. Das war nur so dahingesagt, ein Wortspiel.« Ein Wortspiel . Ich stelle mir Kinder auf einem Spielplatz vor, die nicht Bälle, sondern Wörter hin und her werfen.
»Tut mir leid. Ich werde die Frage anders stellen. Hattest du Sex mit Ivan oder Farzad oder Demenzia?«
Sie bekommt einen roten Kopf. »Könnte schon sein«, meint sie und deutet dann auf die drei dösenden Körper unter uns. »Aber wie du siehst, ziehen sie einen Raxia-Trip vor. Außerdem wird mir das zu persönlich, deshalb schlage ich vor, dass du jetzt das Thema wechselst.«
Kein Problem. »Du hast nicht immer hier gelebt?«, frage ich.
»Nein. Wir sind erst vor ein paar Jahren hierher gezogen, als mein Vater den Posten als Sonderbeauftragter bekommen hat. Die meisten Leute auf Demesne wohnen nicht das ganze Jahr über hier. Wenn sie es täten, wäre es ja nichts Besonderes mehr. Farzad, Ivan und Demenzia sind außer mir die einzigen Teenager, die ständig hier leben. Und bis vor kurzem Astrid. Und jetzt du. Aber ich bin mir nicht sicher, ob du wirklich zählst.«
»Lebst du lieber hier oder in der Stadt?«, frage ich.
»Kommt drauf an, welche Art von Stadt du meinst«, sagt sie. »Alt oder neu?«
»Worin liegt der Unterschied?«
»Na ja, die alten Städte sind fast alle überflutet. Schon irgendwie cool, wie das Wasser dort allmählich immer weiter steigt, all die hohen Gebäude, die Parks auf Stelzen, es gibt lustige neue Modekollektionen fürs Wasser und diese wahnsinnigen Weltuntergangspartys. Aber mir gefallen die neuen Städte besser. Bevor wir hierher gezogen sind, haben wir in Biome City gewohnt. Aber schon irgendwie auch krank, was da in der Wüste so läuft.«
»Und was passiert mit den verletzten Joggern?«
»Wie? Ach so, nein. Du darfst nicht alles so wörtlich nehmen. Ich meine damit, dass immer mehr Leute dorthin ziehen. Orte weit im Landesinnern, wo früher nur Wüste war, sind jetzt Millionenstädte. Du musst dir das mal vorstellen. Farzads Familie besitzt hier das größte Anwesen auf der Insel. Weißt du, warum? Weil sein Onkel das Patent auf den Bio-Engineering-Prozess hat, mit dem es möglich ist, in der Wüste Wolken abregnen zu lassen. Nur deshalb konnten in diesen Weltgegenden, die früher unbewohnbar waren, große Städte wie BC erbaut werden.«
» BC ?«
»Die Abkürzung für Biome City.«
Ich checke meine Datenbank nach mehr Informationen über BC. Mein Interface teilt mir mit, dass es sich um eine Neugründung handelt, erst nach den Water Wars erbaut, und dass die Stadt nach den Gesetzen der Bio-Mimikry geplant und entworfen wurde, was bedeutet, dass sämtliche Bauten sowie die Infrastruktur der Natur nachgeformt sind. Ich bekomme Bilder von Bürotürmen eingespielt, die wie Kletterfelsen mit Bäumen aussehen; der Luftverkehr mit den Hovercars ahmt die Flugformationen von Zugvögeln nach und die Wohnhäuser mit Öko-Nachhaltigkeitszertifikat erinnern an Termitenbauten und Ameisenhügel. Da BC nach dem Zeitalter der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen erbaut wurde, leidet die Stadt unter keiner Luftverschmutzung und erstreckt sich unter klarem Himmel
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