BETA (German Edition)
bis zu den mächtigen Sanddünen, die wie Berge in der Ferne aufragen. Nachts glitzern am Himmel die Sterne.
» BC ist mein Lieblingsort«, sagt Greer. »Man kann sich dort gar nicht traurig fühlen oder Angst vor der Zukunft haben. Denn man spürt dort, dass nach den Water Wars endlich einmal eine gute Zeit angebrochen ist. Wo früher nichts als Wüste war, geht heute die Megaparty ab.«
»Oh. Aber kann die Wüste nicht nur dann Wüste bleiben, wenn es dort nur wenig Wasser gibt?«
»Klar ist das für die Wüste so. Aber den Leuten ist das egal. Die Wüste passt sich eben an. Wie die Menschen auch. Leben. Tod. Kampf. Leiden. Neues erschaffen. Die Menschen in der wirklichen Welt, außerhalb der Sperrzone von Demesne, sind nicht alle so makellose Wesen wie hier und sie leben auch nicht in einer so makellosen Umwelt.« Greer macht mit ihrem Arm eine weit ausholende Bewegung, die alles ringsum einschließt. Als sie mich anblickt, spüre ich, dass ich für sie auch ein Teil dieser makellosen Umwelt bin.
Nach einer Stunde hat Greer genug von meinen Fragen. Unter uns scheint allmählich wieder Leben in Farzad, Ivan und Demenzia zu kommen. Sie bewegen ihre Zehen und Finger, räkeln und dehnen sich.
»Endlich«, sagt Greer. »Was für ein vergeudeter Tag.« Sie scheint eine Idee zu haben und ihre Augen leuchten auf. »Hey! Dafür dass ich dich jetzt die ganze Zeit mit Informationen gefüttert habe, kannst du auch was für mich tun.«
»Was denn?«
»Keine Ahnung … irgendwas. Ivan hat doch erzählt, dass du eine so großartige Schwimmerin bist und einen perfekten Kopfsprung in den Pool vorgeführt hast. Also … spring!« Sie deutet über ihre Schulter auf einen Felsvorsprung, der über das Wasser ragt. Die Felsküste fällt an der Stelle steil ab. Unten müsste es tief genug für einen Sprung sein. Vermute ich. Mein GPS liefert mir da keine genaueren Angaben.
Wir klettern gemeinsam zu dem Vorsprung weiter. Ich weiß nicht, ob ich von der Stelle aus wirklich einen sauberen Sprung ins Meer landen kann, aber weil man mich darum gebeten hat, muss ich es versuchen. Klone produzieren kein Adrenalin, deshalb spüre ich keine Angst, weder vor der Höhe noch vor möglichen anderen Schwierigkeiten. Mir ist bewusst, dass mit dem Sprung ein gewisses Risiko verbunden ist. Ich könnte dabei ums Leben kommen. Aber ich spüre auch, wenn ich es wage, komme ich vielleicht einen großen Schritt weiter und verstehe besser, wer meine First war. Wenn ich mich das hier traue, dann hat sie sich so etwas vielleicht erst recht getraut. Wenn sie zu einem Sprung aus solcher Höhe in der Lage war, dann musste es seinen Grund haben. Dann war sie eine Sportlerin, eine Turnerin oder eine Akrobatin. Oder einfach nur eine tollkühne Draufgängerin …
»Trau dich«, sagt Greer. »Spring!«
Der Fels unter meinen Füßen ist so glatt, dass er sich wie eine Plattform anfühlt. Ich stehe ganz vorn an der Kante. Meine Zehen ragen ins Leere und ich blicke hinunter in das schäumende Wasser. Ich schätze die Entfernung auf sieben Meter fünfzig.
»Ich kann mehr als einfach nur hinunterspringen«, sage ich zu Greer.
Ganz sicher bin ich mir nicht.
Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und strecke die Arme hoch über den Kopf. Ich weiß nicht, wie flach oder wie tief das Wasser ist oder ob sich direkt unter der Oberfläche Felsen befinden. Der Sprung könnte den Tod bedeuten. Oder Macht. Und Wissen.
Ich gehe ein paar Schritte zurück, nehme Anlauf und springe.
Beim Absprung reiße ich die Arme erst hoch und dann nach vorn, während ich einen mächtigen Satz mache und die Beine waagrecht hochziehe. Meine Hände greifen nach vorne, um mit den Fingerspitzen die ausgestreckten Zehen zu berühren – Hechthaltung –, dann lasse ich meinen Oberkörper nach unten fallen, die Beine halte ich nach oben gestreckt. Mein ganzer Körper bildet eine senkrechte Linie, während er aufs Wasser zuschießt. Alle meine Muskeln scheinen genau zu wissen, was sie tun müssen. Meine Fingerspitzen zerteilen das Wasser, dann taucht mein ganzer Körper ein wie ein Pfeil.
Ich schieße in die Tiefe und spüre verwirrt, wie jede einzelne Faser meines Körpers freudig vibriert. Es ist nicht nur der Sprung. Er ist wieder da. Z!, ruft er mich. Er schwimmt um mich herum, seine blonden Haare bewegen sich im Wasser, seine türkisblauen Augen scheinen mich zu sich locken zu wollen. Er breitet die Arme aus, damit ich mich hineinwerfe. Du weißt, dass ich dir nicht widerstehen kann, Z.
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