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Betörend wie der Duft der Lilien

Betörend wie der Duft der Lilien

Titel: Betörend wie der Duft der Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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unser Bestes geben, Calliope. Keine Sorge, selbst in ihrem Tempel kann die Alabastergöttin keine ergebeneren Anhängerinnen gehabt haben als uns.“
    Schweigend lauschten sie der Melodie. Dann flüsterte Emmeline: „Hast du selbst die Beobachtung von Lord Westwood übernommen?“
    Calliope errötete. „Ich dachte, Clio könnte das machen.“
    „Oh, ich finde, du bist dafür prädestiniert. Ihr schleicht doch ohnehin ständig umeinander herum wie zwei Luchse.“
    „Wie bitte?!“ Die anderen drehten sich zu ihnen um, und Calliope senkte die Stimme. „Wie kommst du denn darauf ?“
    „Ach, Calliope! Das sieht doch jeder. Sobald ihr im selben Raum seid, riecht die Luft verbrannt. Mein Bruder hat mir erzählt, dass ihr in seinem Club schon im Wettbuch steht.“
    „Die Leute setzen Geld auf mich?“ Calliope wurde es schlecht. „Wie können sie es wagen! Was – worauf genau?“
    Emmeline sah ihrer Freundin besorgt in die Augen. „Entschuldige, ich hätte nicht davon anfangen sollen.“
    „Doch, unbedingt! Wenn die Leute über mich reden, muss ich das wissen.“
    „Na ja, die Hälfte setzt darauf, dass ihr am Ende der Saison verheiratet seid. Die andere Hälfte glaubt, dass einer von euch dann in Newgate sitzt, weil er den anderen umgebracht hat.“
    Calliope presste sich die Hand auf den Bauch. „Und dein Bruder?“
    „Er würde sich nie an einer Wette auf jemand aus unserem Freundeskreis beteiligen.“
    „Ach komm, Emmeline. Den Männern steckt das Wetten im Blut, sie können gar nicht anders.“
    „ Falls er etwas gesetzt hat, verrät er es mir bestimmt nicht. Ich habe mit ihm geschimpft, weil er die Sache nicht verhindert hat.“
    „Die Leute sind ja so klatschsüchtig. Sogar um Langeweiler wie mich spinnen sie ihr Garn! Wo haben sie diesen Unsinn nur her?“
    Emmeline betrachtete sie eindringlich. „Na ja, es steckt doch ein Körnchen Wahrheit darin. Jedes Mal, wenn sich eure Wege kreuzen, zankt ihr euch oder werft euch giftige Blicke zu.“
    Calliope ließ sich in den nächsten Sessel sinken und schlang sich die Arme um den Leib.
    „Ach, Liebes, war dir das denn gar nicht klar?“, fragte Emmeline.
    „Ich war so mit meinen Studien beschäftigt“, murmelte Calliope. „Und mit dem Liliendieb. Meine Mutter hat mir immer prophezeit, dass meine Weltfremdheit mir irgendwann Ärger einhandeln würde.“
    „Mach dir keine Sorgen, das ist nur bedeutungsloser Tratsch und bald vergessen. Mein Bruder sagt, es läuft sogar eine Wette, dass Prinny der Liliendieb ist – das siehst du mal, was für ein Blödsinn in diesem Buch steht!“
    Calliope musste lachten. Die Vorstellung, dass der dicke, rotgesichtige Prinzregent sich in seinem knirschenden Korsett durch Fenster zwängen und Schlösser knacken könnte, war so herrlich absurd, dass sie ihre Übelkeit beinahe vergaß. „Und … was denkst du über Lord Westwood und mich?“
    Emmeline lächelte zart. „Was soll ich sagen? Ich bin genauso unerfahren wie du, und mein einziger ernst zu nehmender Verehrer ist ausgerechnet Freddie Mountbank. Ich verstehe nichts von Liebesdingen. Vielleicht solltest du Lotty fragen, wie so etwas in ihren Romanen weitergeht.“
    Calliope musste ihr beipflichten: Über Altertümer, die man untersuchen und einordnen konnte, wusste sie bestens Bescheid, über Männer hingegen nicht. Vielleicht sollte sie wirklich ein paar dieser schrecklichen Romane lesen statt immer nur Aristoteles und Thukydides. Bezüglich der Gegenwart, des täglichen Lebens und vor allem der Liebe war ihre Bildung ziemlich lückenhaft. Ob Das tragische Geheimnis des Fürsten oder Die Beichten einer anonymen Dame diese Lücken füllen konnten?
    Sie raffte sich auf und ging zu ihren Freundinnen hinüber. „Wie wäre es jetzt mit einem Spaziergang? Und … Lotty, kann ich dich einen Augenblick sprechen?“
    Der Hyde Park war gut besucht, denn der morgendliche Regen hatte für frische Luft gesorgt. Reiter trabten über die Rotten Row und zügelten ab und zu ihre Pferde, um sich mit Freunden zu unterhalten, die in offenen Kutschen ihre modische Garderobe spazieren fuhren. Kindermädchen mit gestärkten Hauben und Umhängen wachten über ihre Schützlinge, die auf der seichten Serpentine Bötchen schwimmen ließen.
    Calliope lächelte, als ihr wieder einfiel, wie ihre Schwestern und sie früher so getan hatten, als wäre der Teich im Hyde Park das Mittelmeer. Die Bäume und Steine hatten als der delphische Apollohain herhalten müssen, und sie selbst waren

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