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Betreutes Trinken

Betreutes Trinken

Titel: Betreutes Trinken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katinka Buddenkotte
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Nacken, die andere reicht er nun Raffi, der sie dankbar ergreift. Der Arbeitskampf ruht für heute.
    »Hallo Gunnar, danke, dass du mich davor bewahrt hast, meinen Angestellten mit einem Buttermesser abzumurksen. Wir brauchen ihn ja noch als DJ . Willste ein Bier haben?«
    Gunnar lehnt ab: »Ne, danke Raphael, aber ich trinke erst etwas, wenn ich die Band sicher ins Bett gebracht habe.«
    Marie schaut Gunnar verliebt an. Sie findet alle Bandbetreuer toll, die erst ihre Musiker sicher verstauen, bevor sie sich selbst unter den Tisch trinken. Nehme ich an. Gunnar ist meines Wissens der Erste, der so einen hohen Grad an Verantwortung zeigt. Raphael schaut Gunnar noch verliebter an. Er hasst es, wenn man ihn »Raffi« nennt, daher tun wir das alle ständig.
    Toddy ordnet missmutig seine Platten, er vermeidet es, Gunnar irgendwie anzuschauen.
    Und ich? Ich fürchte, dass irgendeiner der Anwesenden jetzt etwas Blödes, Erklärendes sagt wie: »Ach Gunnar, Doki hatte übrigens mal diese wilde Affäre mit Toddy, aber seit das vorbei ist, kommt sie nur noch zum Trinken hierher. Sie hatte ja seit Jahren nichts Ernsthaftes mehr mit einem Typen, deswegen feiert sie auch heute Zehnjähriges mit Katja, die ja auch mal was mit Toddy hatte, zeitgleich übrigens. Raphael steht eigentlich auf alles, was sich bewegt, und Marie ist deswegen leicht gestört. Du siehst, wir sind ein lustiger, bunter Haufen.«
    Warum sollte jetzt jemand so etwas sagen, versuche ich meine unsinnige Paranoia abzuschütteln. Es gelingt mir, bis Katja sich zu Gunnar hindreht, um etwas noch viel Dämlicheres zu sagen: »Du bist also Gunnar, ja? Wir haben heute noch über dich gesprochen, die Doki und ich.«
    »Doki?«, wendet sich Gunnar verdutzt an mich, und meine Gesichtsfarbe gleicht sich der meines Kleides an.
    »Na ja, in fast elf Jahren kann sich einiges ändern«, entfährt es mir etwas patziger als geplant, »zum Beispiel …Vornamen.«
    Alle grinsen, außer Toddy, der mir heftig nickend zustimmt: »Das stimmt! In Glasgow nennen mich alle Teddy, aber irgendeine verrückte Tussi meinte mal, dass das gar nicht zu mir passen würde. Seitdem Toddy. Hot Toddy.«
    »Danke Toddy«, denke ich. Jetzt bleibt zu hoffen, dass er sich nicht spontan daran erinnert, dass ich die verrückte Tussi war, die sein E gegen ein O getauscht hat. Und Hot Toddy entstand eher im Eifer des Gefechts, rein privat.
    Gunnar lächelt mich immer noch an, ob bewundernd oder verwundert kann ich nicht genau ausmachen, da ich nur seine Augen wahrnehme und diesen verdammten, sexy Eckzahn. Wahrscheinlich denkt der eitle Kerl gerade, dass ich jeden Tag über ihn spreche, mit meiner besten Freundin, seit zehn Jahren, und mich kein bisschen weiterentwickelt habe. Aber dieses Lächeln. Dieses Lächeln.
    »Na ja«, zerstört Katja den Moment, »manches ändert sich auch nicht. Doki, also Doris hat immer noch den gleichen Fußboden in ihrer Wohnung.«
    Sie grinst frech. Gunnar lacht aus vollem Halse. Ich will mir am liebsten das Buttermesser greifen, um Katja, Gunnar und mich zu erstechen. Aber ich kann mich nicht auf eine Reihenfolge einigen, also warte ich zwei, drei Sekunden, bis Gunnar mich in den Arm nimmt, so, als wären die letzten elf Jahre gar nicht geschehen.
    »Oh Mann, Doris, klar, dieser dämliche Streit wegen des doofen Bodens. Mann, das war der wahrscheinlich größte Fehler meines Lebens, echt. Leipzig war auch nicht so toll, wie ich dachte …«
    Mein Körper schmiegt sich an Gunnars, mein Hirn hat sich nach den Worten »größter Fehler meines Lebens« ausgeschaltet. Gerade als ich vorschlagen will, dass wir die letzten elf Jahre für null und nichtig erklären sollten, öffnet sich die Kneipentür.
    Mist, immer wenn ich denke, dass jetzt endlich das ganz große Kino abläuft, erinnert mich diese Kneipentür daran, dass mein Leben eher ein Boulevardtheater ist.
    Aber im Türrahmen steht nicht die Tante aus Marokko, nicht der gehörnte Ehemann, es ist auch nicht das aufreizende Stubenmädchen, sondern das gesamte Ensemble.
    Die Finnenpolonaise rauscht wieder herein, deutlich ausgedünnt und nicht ganz so rhythmisch wie bei ihrem Abgang, aber einen guten Schritt schneller. Der Grund für ihr erhöhtes Tempo wird deutlich, als wir das Schlusslicht der Prozession entdecken. Vladimir scheucht die Band, nebst einigen besonders hartnäckigen Groupies, durch den Raum und dirigiert dabei: »Los, los, alle Nackten nach oben und Tür zu!«
    Die Jungs quieken aufgeregt, aber sie trollen

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