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Betreutes Trinken

Betreutes Trinken

Titel: Betreutes Trinken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katinka Buddenkotte
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aber er blickt mich nur böse an. Ich bin die Verunreinigung, die sie um ihren Konzerttraum gebracht hat, und alle hassen mich.
    Raffi findet als Erster die Sprache wieder:
    »Oh, da ist sie ja wieder! Du musst deinen Deckel nicht zahlen, Doki, geht aufs Haus. Noch’n Schnaps? Den haste dir echt verdient, ha! Hey, Schnaps für alle.«
    Bevor ich etwas sagen kann, fährt Marie Raphael an: »Ey, Raffi, jetzt dreh nicht durch.«
    Etwas lauter ruft sie den hellhörigen Rockern, die auf das Stichwort »Schnaps für alle« vom Merchandise-Tisch an die Theke getrabt sind zu: » KEINE Lokalrunde, haut ab.«
    Und da sie dabei nicht lächelt, trollen sie sich. Marie knallt mein Bier so auf die Theke, dass es über den Rand schwappt: »Schön, dass du wieder da bist. Gut gevögelt?«
    Ich will etwas sagen, halte aber doch den Mund Es wird nichts dadurch besser, wenn ich klarstelle, dass ich nicht Teil des Paares war, das die Toilette für unzüchtige Zwecke missbraucht hat.
    »Boah, Marie, ist doch schön, dass hier wenigstens eine ein Liebesleben hat, solltest du mal probieren, macht lockerer«, wird die erzürnte Barkeepergöttin von Katja angefaucht. Liebe mag blind machen, aber wahre Freundschaft nur blöd. Katja riskiert ein lebenslanges Hausverbot, nur um hervorzuheben, dass ich durchaus das Potenzial zur Superschlampe hätte.
    Zum Glück ist auf Albert Verlass. Aus der Zeit, als er kurzzeitig eine Nebenrolle in einer Soap-Opera bei einem Privatsender gespielt hat, hat er gelernt, wie man jedes Spannungsmoment mit einer Werbeunterbrechung versaut.
    »Äh, könnte ich noch einen Schnaps haben, bevor sich die Ladies zerfleischen?«
    Toddy wirft ihm die volle Flasche zu. »Hier trink, ist eh das letzte Mal. Ach ja, und danke Doki, dass du meinen Arbeitsplatz zerstört hast.«
    Schön, dass wenigstens einer nicht das Hauptangriffsziel aus den Augen verliert.
    »Ach Toddy, halt die Schnauze, du wolltest doch sowieso kündigen«, höhnt Raffi, und das bringt die Ritter der Thekenrunde dazu, synchron in ein kurzes, bitteres Lachen auszubrechen. Alle, bis auf einen.
    »Jetzt ist aber genug«, dröhnt es, und Vladimir betritt den Raum, mit wehenden Mantelschößen walzt er auf das Tribunal zu. Wenn er noch eine Maske trüge wie Spider-Man: ich könnte ihn küssen. Vladimir zeigt das Gesicht, aber statt auf die Kraft dieser Geheimwaffe zu vertrauen, beginnt er mit seinem Verteidigungsplädoyer für mich:
    »Alle haben jetzt Doris ausgeschimpft, bravo! Und nun, finde ich, kann jeder gucken, wo er hat den eigenen Bauer geschissen.«
    Ein paar meiner ehemaligen Freunde kichern. Albert korrigiert Vladimir: »Du meinst: Jemand hat seinen eigenen Bauern geschmissen . Ist zwar nicht möglich nach den Schachregeln, aber ein durchaus interessantes Bild.«
    Raffi schenkt Albert einen Schnaps nach und brummt: »Ne, er meinte was anderes. Vladimir wollte sagen, dass wir alle Scheiße gebaut haben. Und das stimmt.«
    Vladimir nickt Raffi bestätigend zu, einmal, weil er die richtige Redensart aus seinem Wortebrei geborgen hat, und noch einmal, weil er recht hatte. Wie immer.
    Raffi bietet mir versöhnlich, endlich, meinen Stammplatz an, gießt mir Natternblut ein. Marie greift nach meiner Hand: »Hey, ich meinte das grad nicht so. Ich meine, wir sind genauso blöd gewesen, und wir wussten ja auch, dass der Ludi keine achtzehn ist und gar nicht hier rein darf, wegen Raucherkneipe …«
    »Deswegen haben wir den Kicker ja extra rausgestellt, wegen Jugendschutz und so!«, fällt Raffi ihr ins Wort und blickt seine Stammgäste an, als würde er für diese nicht zu Ende gedachte Aktion Applaus erwarten. Der bleibt aus.
    »Ja schön, du hast ihn aber auch wieder reingetragen. Den Jungen, nicht den Kicker«, wirft Harald ein.
    »Hätte ich meine bescheuerte Torte hier nicht hergebracht, wäre Ludi längst weg gewesen, bevor Dokis blöde Praktikantin aufgetaucht ist«, murmelt Katja.
    »Aber ich habe ihm den Kuchen dann geschenkt, und der hat ihn erst so wild gemacht«, gibt Vladimir leise zu, und als wäre es nicht schon niederschmetternd genug, einen in sich zusammengesunkenen Riesenrussen anzuschauen, fügt er kläglich hinzu: »Ich dachte, er braucht eine schöne Überraschung. Mein sechzehnter Geburtstag war für den Eimer.«
    »Im Eimer«, verbessert Albert automatisch.
    »Er meinte: Für’n Arsch. Und das war doch wohl jeder sechzehnte Geburtstag«, stöhnt Raffi.
    »Oh ja, meiner war ganz schrecklich, alle Jungs, die ich eingeladen hatte,

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