Betrogen
Kriterien entsprechen, werden mit Sperma befruchtet, das möglicherweise nicht von ihrem Wunschspender stammt. Das war Gordons Job. Sollte die Frau schwanger werden, wird sie von jemandem wie Jem während der gesamten Zeit betreut, damit sichergestellt ist, dass nichts schief läuft.«
»Beispielsweise, dass sie mit mir schläft«, fügte Chief verbittert hinzu. »Bruder Gabriel predigt die Schaffung einer neuen Weltordnung. Meiner Meinung nach passt das zu diesem Baby-Szenario und erklärt, warum er die Empfängnis dieser Kinder kontrolliert und völlig unbefleckt halten möchte.«
»Falls Gillian schwanger geworden und während der Schwangerschaft bei Jem geblieben wäre, hätte man das Baby genauso entführt wie bei den Andersons. Davon bin ich überzeugt«, erklärte Melina Longtree. »Wir wissen, dass Jem mein Gespräch mit dem FBI verhindern wollte.«
»Anfänglich dachte ich, Hennings hätte die Befehle erteilt, uns mundtot zu machen«, sagte Chief. »Aber nachdem ich Zeuge geworden bin, was mit ihm passiert ist⦠Meine Militärausbildung legt mir nahe, dass diese Befehle von ganz oben kommen.«
Nach längerem Nachdenken fragte Longtree: »Diese entführten Kinder, wohin bringt man sie? Und zu welchem Zweck?«
»Deswegen sind wir hergekommen«, sagte Chief. »Bruder Gabriels Siedlung liegt, relativ gesehen, nicht weit von hier. Was wissen Sie darüber?«
»Der Tempel liegt ungefähr hundertfünfzig Kilometer Luftlinie entfernt. Ich kann nichts Gutes über ihn sagen.« Longtrees Miene wurde noch grimmiger als üblich. »Er, oder besser gesagt seine Kirche, hat einen der Stämme um ein Stück Land betrogen. Er wollte unbedingt ihren Berg haben. Sie wollten nicht verkaufen. Meiner Ansicht nach hat er einen Stammesführer genötigt, das Land hinter dem Rücken seiner Leute zu verkaufen.«
»Und wie?«
»Eines weià ich sicher, abgesehen von Gerüchten: Dieser Häuptling hatte zwei Töchter, schöne, fähige junge Frauen. Eine hat mutmaÃlich Selbstmord begangen, kurz bevor der Häuptling nachgegeben und den Besitz verkauft hat.«
Melina hakte ein. »MutmaÃlich?«
Longtrees Schulterzucken sprach Bände. »So hieà es offiziell. Manche haben daran gezweifelt. Die andere Tochter hat sämtliche Verbindungen zu Familie und Freunden gekappt und ist zu Bruder Gabriels Kirche übergelaufen. Nach meiner letzten Information lebt sie im Tempel, auf dem Grund und Boden, der einst den Menschen gehörte, die sie verraten hat. Es wurde viel spekuliert, welchen Anteil Bruder Gabriel an dieser Doppeltragödie hatte. Ein derartiger Zufall lässt sich nicht einfach von der Hand weisen.«
Chief schaute zu Melina hinüber. »Meiner Ansicht nach ist dieser Dreckskerl ein weitaus gröÃerer Teufel, als wir vermutet haben.«
Sie wollte von Longtree wissen, ob er glaube, dass Menschen gegen ihren Willen in der Siedlung festgehalten werden.
»Dass man sie in Ketten hält, bezweifle ich, aber mentale Kontrolle kann eine weitaus stabilere Fessel sein.«
»Wurde gegen Bruder Gabriel je ermittelt?«, fragte Chief.
»Von Seiten der Behörden meinen Sie?« Der Ãltere schüttelte den Kopf. »Meines Wissens nicht. Die Polizei lässt ihn in Ruhe. Er ist ein gesetzestreuer Bürger, der seine Steuern zahlt. Die staatlichen Behörden wollen kein zweites Waco inszenieren.«
»Obendrein predigt Bruder Gabriel die guten Bürgerpflichten«, warf Melina ein. »Er hat nichts gegen die Regierung, wenigstens nicht nach auÃen.«
Noch während dieser Sätze merkte Chief, dass sie die Augen geschlossen hatte und ihre Stirn massierte. Schon das Aufrechtsitzen schien den letzten Rest ihrer Energie zu übersteigen. »Ehe wir den Tempel stürmen, brauchen wir ein wenig Ruhe.«
Sie schaute ihn an. »Mir gehtâs gut.«
»Nun, mir nicht. Könnten wir irgendwo ein paar Stunden schlafen?«, erkundigte er sich bei Longtree.
Während Longtree Melina einen Platz zum Hinlegen zeigte, blieb Chief in der Küche. Als der Häuptling zurückkam, stand er gerade am Spülbecken und lieà heiÃes Wasser über ihre schmutzigen Teller laufen. »Bemühen Sie sich nicht, Colonel Hart.«
»Chief. AuÃerdem ist es das Mindeste, was ich tun kann.«
Mehrere Minuten arbeiteten sie Hand in Hand, bis
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