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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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verstehst du? Sie wollen uns versklaven! Sie arbeiten mit ausländischen Konkurrenten zusammen, um uns in die Knie zu zwingen! Und sie schrecken auch vor Mord nicht zurück!
    Und die so den Beweis dafür erbringen würden, daß Jennifer Sharifi recht daran getan hatte, sich und ihresgleichen schützen zu wollen.
    Es war eine Schlange, die sich in den eigenen Schwanz biß. Weil das Gesetz, in seinem Bestreben, gerecht zu sein und alle gleich zu behandeln, zuviel unberücksichtigt ließ. Es war nicht umfassend genug. Es war nicht so umfassend, daß es die genetische und technische Zukunft mit einschließen konnte, und sobald die Zukunft darüber hinauswuchs, würde es gesetzlose Zeiten geben.
    Sie saß auf dem Bettrand in einem dunklen Hotelzimmer und spürte, wie ihr der Glaube an das Gesetz so unaufhaltsam entglitt, als würde er zusammen mit einem kräftigen Luftstrom aus dem Zimmer gesogen. Sie rang nach Atem, fiel in ein Vakuum aus Kälte und Finsternis. Das Gesetz war nicht umfassend genug. Es war doch nicht in der Lage, Schläfer und Schlaflose in sich einzuschließen, konnte doch keine moralisch einwandfreien Richtlinien vorgeben, nach denen menschliches Verhalten zu beurteilen war. Und ohne Beurteilung blieb nichts. Nur Gesetzlosigkeit und angriffslustiger Pöbel und Vakuum…
    Leisha versuchte aufzustehen, aber ihre Knie gaben nach. Nichts dergleichen war ihr je passiert – plötzlich fand sie sich auf Händen und Knien auf dem Boden wieder, und ein Rest von klaren Gedanken sagte ihr: Herzanfall! Aber das konnte nicht sein. Schlaflosenherzen versagten nicht.
    Kälte…
    Schwärze…
    Leere…
    Papa…
    Das Aufgehen der Zimmertür brachte sie zurück. Die Tür wurde von außen geöffnet, ohne Vorwarnung. Leisha taumelte auf die Füße. Am anderen Ende des Zimmers, auf der anderen Seite des riesigen Bettes, hob sich eine Silhouette gegen das Licht auf dem Korridor ab – eine ausladende Gestalt, die durch etwas, das sie trug, noch ausladender wirkte. Leisha machte keine Bewegung. Ihre eigenen Leute – Kevins Leute – hatten die Sicherheitseinrichtungen dieses Zimmers, identisch mit denen in ihrem Apartment in Chicago, installiert! Niemand in Conewango verfügte über den Eintrittscode!
    Wenn es ein Fremder war, wenn Sanctuary nicht nur Diebe zur Verfügung hatte sondern auch Mörder…
    Zumindest würde es ein fähiger Mörder sein. Fähig waren die Schlaflosen alle.
    Ein Arm streckte sich von der dunklen Gestalt weg. Eine Hand tastete nach den manuellen Schaltern.
    »Licht an!« sagte Leisha deutlich.
    Die kantige Form war ein Koffer. Alice stand blinzelnd in dem plötzlichen Lichtschein. »Leisha? Sitzt du hier im Finstern?«
    »Alice!«
    »Dein Apartmentcode hat auch diese Tür geöffnet… Vielleicht solltest du ihn ändern, meinst du nicht? In der Eingangshalle ist ein Haufen Reporter…«
    »Alice!« Und dann rannte sie aufschluchzend – sie, die nie weinte – durchs Zimmer und direkt in Alices Arme.
    »Hast du nicht gewußt, daß ich kommen würde?« fragte Alice.
    An Alices Schulter schüttelte Leisha den Kopf.
    »Ich wußte es.« Alice ließ sie los, und Leisha sah, daß irgendein starkes Gefühl aus ihrem Gesicht strahlte. »Ich wußte, daß dies die gewisse Nacht für dich sein würde. Die Nacht, in der du in das große Loch fällst. Ich wußte es gestern – ich hab es gefühlt!« Unvermutet lachte sie auf, sehr schrill. »Ich hab es gefühlt, Leisha, verstehst du? Es war, als wäre mir eine Ladung Ziegel auf den Kopf gefallen. Ich spürte, daß es dir heute nacht sehr schlecht gehen würde, und da wußte ich, ich mußte kommen.«
    Leisha hörte auf zu schluchzen.
    »Ich habe es gespürt!« sagte Alice noch einmal. »Über fünftausend Kilometer hinweg habe ich es gespürt! Genauso wie es bei vielen anderen Zwillingen schon passiert ist!«
    »Alice…«
    »Nein, sag nichts, Leisha. Du warst nicht dabei. Ich weiß, was ich gespürt habe!«
    Da sah Leisha, daß das starke Gefühl in Alices Gesicht Triumph war.
    »Ich wußte, du würdest mich brauchen. Und jetzt bin ich da. Sag nichts, Leisha, Schätzchen, ich weiß alles über dieses Loch. Ich kenne es aus eigener Erfahrung…« Sie legte wieder die Arme um Leisha und lachte und weinte zugleich. »Ich weiß, Schätzchen, ich weiß alles. Du bist nicht allein. Ich kenne das alles, ich war auch schon in der Situation…«
    Leisha hielt sich mit aller Kraft an der Schwester fest. Alice sollte es also sein, die sie aus der Dunkelheit zerrte, weg von

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