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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Stella; sie war sich nicht ganz sicher, was sie dabei fühlte. Sean blickte ihr ernst ins Gesicht. Leishas Herz wurde schwer.
    »Wie hübsch er ist…«
    »Gib ihn mir!« sagte Alice mit einem hungrigen Unterton in der Stimme. Leisha legte ihr das Baby in den Arm. Sie freute sich für Richard, der sich immer nach einer Familie gesehnt hatte, einem Anker, einer intimen Gemeinschaft… Zwei Jahre zuvor hatte sich Leisha medizinischen Tests unterzogen, die ergaben, daß ihre Eizellen nicht mehr keimfähig waren. Keimzellen, so hatte Susan sie vor Jahrzehnten bereits gewarnt, erneuerten sich nicht.
    Kevin Baker, der einzige prominente Schlaflose, der in den Vereinigten Staaten zurückgeblieben war, hatte mit seiner jungen Schlaflosen-Frau vier Kinder.
    Jennifer Sharifi, das hatte Leisha aus den staatlichen Geburtenregistern erfahren, hatte zwei Kinder und vier Enkel.
    Alice mochte zwar Moira, die in die Marskolonie ausgewandert war, verloren haben, aber sie hatte immer noch Jordan und seine drei Kinder.
    Hör auf damit! schalt sie sich und hörte auf damit.
    Das Baby wanderte von Arm zu Arm. Stella brachte geschäftig Kaffee und Kekse. Alice war müde und wurde zum Schlafen in ihr Zimmer gerollt. Jordan kam von der Arbeit an einem Feld mit experimentellen GenMod-Sonnenblumen zurück. Richard erzählte – anscheinend unbeschwert, jedoch mit einem merkwürdigen Zug in seinem Benehmen – von seinen und Adas Wanderungen durch den Wildpark auf den künstlichen Inseln vor der afrikanischen Küste.
    »He!« rief Drew plötzlich, und sein Tonfall ließ alle verstummen. »He! Dieses Baby schläft!«
    Leisha saß da wie erstarrt. Dann stand sie auf, ging zu Drews Rollstuhl und blickte auf das Kind in der Tragtasche, die zu Drews Füßen abgestellt war. Sean hatte die Fäustchen über den Kopf gestreckt und schlief. Seine geschlossenen Lider flatterten. Leisha krampfte es den Magen zusammen: Richard verspürte so große Abneigung gegen seine eigene Art, seine eigenen Leute, daß er seinem Kind eine in vitro -Genkorrektur zur Eliminierung der Schlaflosigkeit auf den Lebensweg mitgegeben hatte!
    Richards Blick ruhte auf ihr. »Nein, Leisha«, sagte er ruhig. »Ich habe nichts dazugetan. Es war ein natürlicher Vorgang.«
    »Natürlich…!«
    »Ja. Den ganzen letzten Monat, gleich nach den künstlichen Inseln, waren wir im Chicago Medical Institute. Wir haben dort nach Erklärungen für eine spontane Regression gesucht. Aber dort gibt es offenbar schon lange niemanden, der mehr kann als die alten Erkenntnisse nach kochbuchartigen Anweisungen in die Praxis umzusetzen – Herrgott, es gibt überhaupt nirgendwo mehr einen Genetiker, der mehr kann als das, wenn man von der Landwirtschaft absieht.« Er verstummte; Leisha und er wußten genau, daß das nicht stimmte: Es gab Sanctuary.
    Mit belegter Stimme fragte Leisha: »Wissen sie wenigstens, ob das ein weitverbreitetes Phänomen ist oder ob es im Ansteigen begriffen ist… statistische Werte…?«
    »Es scheint, daß es ziemlich selten auftritt. Aber es gibt jetzt nur noch so wenige Schlaflose auf der Erde, daß man keine statistische Relevanz erreicht.«
    Wieder dieses Schweigen, bedrückend unter einem unausgesprochenen Gewicht.
    Es war Ada, die das Schweigen brach. Sie konnte nicht viel von dem Gespräch zwischen ihrem Ehemann und Leisha mitbekommen haben, aber nun erhob sie sich anmutig, trat an Leishas Seite und bückte sich nach dem Baby. Sie hielt es im Arm, sah es zärtlich an und sagte: »Ich sehe dich freudig, Sean. Ich sehe dich schlafen.« Und dann hob sie den Blick und sah Leisha direkt in die Augen – soweit sich Leisha erinnerte, zum absolut ersten Mal.
    Selbst wenn alles im Land sich verändert hatte, hatte nichts sich verändert.

 
    19
     
    Jennifer, Will, die beiden Genetiker Doktor Toliveri und Doktor Blure und ihre Techniker standen gespannt da und verfolgten die Erschaffung einer Miniaturwelt.
    Achthundert Kilometer entfernt schwebte ein Plastikballon im Weltraum, und das Sanctuary -Team sah zu, wie er sich zu voller Größe aufblies. In seinem Innern strafften sich Tausende von Kunststoffmembranen. Das Innere bestand aus einem Gewirr dünnwandiger Tunnels, Kammern und Zwischenwände – manche davon mit winzigen Löchern, nicht größer als Nadelstiche, manche so porös wie normale Baumaterialien auf der Erde, manche offen. Keiner der Hohlräume hatte einen größeren Durchmesser als zehn Zentimeter. Als der Ballon, mit einem atmosphärischen Standardgemisch

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